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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.08.2007
Aktenzeichen: I R 22/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
Bei der Ermittlung des Teilwerts einer Pensionsrückstellung gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG ist, wenn das Dienstverhältnis des Pensionsberechtigten in einem Rumpfwirtschaftsjahr begonnen hat, von dem Beginn des betreffenden Kalenderjahres auszugehen.
Gründe:

I.

Streitig ist die Bemessung einer Pensionsrückstellung.

An der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer im November 1991 errichteten GmbH mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr, sind zwei Gesellschafter zu je 50 % beteiligt. Beide Gesellschafter wurden zu Geschäftsführern bestellt. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer X (geboren am 5. Juli 1951) sagte die Klägerin mit "Pensionsvertrag" vom 20. März 1992 in Ergänzung des Anstellungsvertrages vom 29. November 1991 eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zu. In dem Jahresabschluss des Streitjahres (auf den 31. Dezember 1998) berücksichtigte die Klägerin insoweit eine Rückstellung in Höhe von 106 866 DM; der Ansatz stützte sich auf ein versicherungsmathematisches Gutachten einer Versicherung vom 8. Februar 1999, das unter Hinweis auf einen "Firmeneintritt am 15.11.1991" bei den Berechnungen ein versicherungsmathematisches Diensteintrittsalter des Gesellschafter-Geschäftsführers von 39 Jahren zugrunde gelegt hat. Unter Hinweis auf eine Stellungnahme eines (beim Finanzamt für Großbetriebsprüfung eingesetzten) amtlichen Versicherungs-Mathematikers vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass für die Teilwertberechnung der Pensionsrückstellung ein versicherungsmathematisches Dienstalter von 40 Jahren anzusetzen sei. Daher sei der Teilwert der Pensionsrückstellung auf den 31. Dezember 1998 um 10 505 DM zu kürzen.

Die Klage gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid blieb erfolglos (Niedersächsisches Finanzgericht --FG--, Urteil vom 11. Januar 2007 6 K 697/03, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 829).

Mit der dagegen erhobenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer 1998 die Pensionsrückstellung mit 106 866 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer anderweitigen Festsetzung der Körperschaftsteuer 1998 in der Weise, dass die einkommenserhöhende Teil-Auflösung des Postens Pensionsrückstellung unterbleibt.

1. Eine Pensionsrückstellung darf nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 6a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Als Teilwert einer solchen Verpflichtung gilt vor einer Beendigung des Dienstverhältnisses des Begünstigten gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahrs abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge. Die Jahresbeträge sind so zu bemessen, dass am Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, ihr Barwert gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; die künftigen Pensionsleistungen sind insoweit mit dem Betrag anzusetzen, der sich nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag ergibt. Dabei sind Jahresbeträge zugrunde zu legen, die vom Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, bis zu dem in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls rechnungsmäßig aufzubringen sind (s. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG). Bei dieser Berechnung sind nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG ein Rechnungszinsfuß in Höhe von 6 v.H. und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden.

2. Grundlage des Bewertungsverfahrens der arbeitgeberfinanzierten Pensionszusage vor Beendigung des Dienstverhältnisses ist damit ein Differenzverfahren (sogenannte Barwertdifferenzmethode). Der Aufwand der Pensionsleistungen soll auf die Zeit der (gesamten) aktiven Tätigkeit des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers rechnerisch verteilt und mit dem Ertrag der entsprechenden Arbeitsleistung verrechnet werden (BTDrucks 7/1281, S. 37; Senatsurteile vom 10. August 1994 I R 47/93, BFHE 175, 535, BStBl II 1995, 250; vom 9. April 1997 I R 124/95, BFHE 183, 119, BStBl II 1997, 799; vom 17. Mai 2000 I R 25/98, BFH/NV 2001, 154). Da der Pensionsberechtigte seine Ansprüche daher im Verlauf seines (gesamten) Dienstverhältnisses "erdient", ist zur Ermittlung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung von dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres (sogenannter Anwartschaftsbarwert) der sich auf denselben Zeitpunkt ergebende Barwert betragsmäßig gleich bleibender Jahresbeträge eines fiktiven Versicherungsvertrags (sogenannter Prämienbarwert) abzuziehen (s. insoweit auch Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band II: Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 207; ders. in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommen-steuerrecht, § 6a Rz 120 ff.; Dommermuth in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 6a EStG Rz 102; Gosch in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 6a Rz 33).

3. Für die Teilwertermittlung ist unabhängig vom Zusagezeitpunkt unter Berücksichtigung des versicherungstechnischen Alters der tatsächliche Dienstbeginn des Begünstigten maßgebend (z.B. Senatsurteile in BFHE 183, 119, BStBl II 1997, 799; in BFH/NV 2001, 154). Dieser Zeitpunkt wird alsdann aber zur Vereinfachung der Berechnung wiederum "auf den Beginn des Wirtschaftsjahres" zurückbezogen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist aus dieser Formulierung bei einem Dienstantritt in einem (unterjährigen) Rumpfwirtschaftsjahr (im Streitfall: dem Jahr der Errichtung der Klägerin) nicht abzuleiten, dass auf den Beginn dieses Rumpfwirtschaftsjahres abzustellen ist. Denn die Auslegung muss den Gesamtzusammenhang der Regelung berücksichtigen. Dieser ist dadurch geprägt, dass die Teilwertberechnung von unterjährigen (zeitanteiligen) Größen möglichst freigehalten werden soll: Der Prämienbarwert bezieht sich auf betragsmäßig gleich bleibende Jahresbeträge (s. z.B. Blomeyer/ Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Aufl., StR A Rz 356; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 6a Rz 34 ["Gleichverteilungs-zeitraum"]; Förster in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 6a EStG Rz 308, 335). In der Konsequenz liegt es, für die Teilwertberechnung unabhängig von dem Bestehen eines Rumpfwirtschaftsjahres fiktiv auf den Beginn eines "abstrakten" kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahres des betreffenden Steuerpflichtigen abzustellen (d.h. hier auf den 1. Januar 1991) und diese Fiktion auch auf den zeitpunktbezogenen Eintritt des Versorgungsfalls (als weiterer Grundlage der Ermittlung des Jahresbetrages) zu beziehen (s. insbesondere Höfer, a.a.O., Rz 219 ff.; ders. in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 6a EStG Rz 126; Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6a EStG Rz 107, 111; Engbroks, Betriebliche Altersversorgung 2003, 38; s. auch [zur Berechnung der altersabhängigen Begrenzung] Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 6a Rz 25).

Diese Ausgestaltung des Bewertungsverfahrens, die in Übereinstimmung mit den versicherungsmathematischen Grundlagen dem gesetzgeberischen Ziel der Kalkulation betragsmäßig gleich bleibender Jahresbeträge am besten entspricht, ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht als einzelfallbezogene Billigkeitsentscheidung anzusehen. Die Anwendung ist im Streitfall wegen der auf das Bewertungsverfahren bezogenen Grundlage auch nicht dadurch gehindert, dass der Zusagebegünstigte zugleich Gesellschafter der Klägerin ist.

4. Da das FG zum Ansatz des Postens Pensionsrückstellung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil aufzuheben. Die Körperschaftsteuer ist ohne die einkommenserhöhende Auflösung der Pensionsrückstellung von 10 505 DM anderweitig festzusetzen. Die Berechnung wird dem FA übertragen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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