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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.11.2005
Aktenzeichen: I R 27/03
Rechtsgebiete: KStG, DBA-Italien 1925, OECD-MustAbk, EGV, EG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
DBA-Italien 1925 Art. 3
OECD-MustAbk Art. 9 Abs. 1
EGV Art. 6
EGV Art. 52
EGV Art. 59
EG Art. 12
EG Art. 43
EG Art. 49
EG Art. 234 Abs. 3
Es verstößt nicht gegen Art. 52 EGV (= Art. 43 EG) sowie Art. 59 EGV (= Art. 49 EG), wenn inländische Unternehmen, die mit einem Unternehmen verbunden sind, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, und die mit diesem Unternehmen in kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen stehen, steuerlich unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob das verbundene Unternehmen in einem Mitgliedstaat ansässig ist, mit dem eine Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk entsprechende Abkommensregelung vereinbart worden ist, oder aber in einem Mitgliedstaat, bei dem dies (wie in Art. 3 DBA-Italien 1925) nicht der Fall ist (Anschluss an EuGH-Urteil vom 5. Juli 2005 Rs. C-376/03 "D.", ABlEU 2005, Nr. C 271/4).
Gründe:

A.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, beliefert mit den von ihr hergestellten Produkten vor allem die Automobilindustrie. In den Streitjahren 1991 und 1992 gehörten 98 v.H. ihrer Gesellschaftsanteile zunächst --vom 1. Januar bis zum 12. Dezember 1991-- der italienischen X-S.p.A., danach --bis zum 24. August 1992-- deren ebenfalls italienischer Obergesellschaft, der Y-S.p.A., und anschließend einer (inländischen) Beteiligungs-GmbH.

Die Klägerin schloss als Lizenznehmerin mit der X-S.p.A. einen als "Technical Assistance and Licensing Agreement" bezeichneten Vertrag, der kein Datum trägt, jedoch am 1. Januar 1991 wirksam werden sollte. Die X-S.p.A. verpflichtete sich hierin u.a., vollen Zugang zu den technischen Kenntnissen zu gewähren (Tz. 3 des Vertrages) und auf Anforderung der Klägerin an diese besuchsweise angemessen qualifiziertes Personal zu entsenden sowie deren Personal Zugang zu Labors, Büros und Produktionsstätten der X-S.p.A. zu verschaffen, um diese mit den technischen Kenntnissen im Sinne der Tz. 3 des Vertrages vertraut zu machen (Tz. 4 des Vertrages). Im Übrigen räumte die X-S.p.A. für die Geltungsdauer des Vertrages das Recht ein, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für ihre Produkte oder deren Verkauf die Handelsmarke oder die im Anhang zum Vertrag in Tabelle 1 aufgezählten lizenzierten Handelsmarken zu verwenden (Tz. 7 des Vertrags). In Tz. 8 des Vertrages erkennt die Klägerin an, dass ihr von der X-S.p.A. die Genehmigung erteilt wurde, sich als Mitglied der von der X-S.p.A. kontrollierten Unternehmensgruppe kenntlich zu machen. Schließlich erteilte die X-S.p.A. der Klägerin nicht übertragbare Lizenzen auf die in Tabelle 2 aufgeführten Patente, eingetragenen Muster, Urheberrechte und andere gewerbliche Eigentumsrechte (Tz. 9 des Vertrages). Beide Tabellen blieben unausgefüllt. Die Klägerin verpflichtete sich hingegen, für alle vertraglich garantierten und gewährten Rechte, Lizenzen, Genehmigungen, Vorteile und Dienstleistungen jährlich an die X-S.p.A. eine Lizenzgebühr in Höhe von 0,8 v.H. des Verkaufswerts der hergestellten oder veräußerten Produkte zu bezahlen sowie die für die gewährte Unterstützung entstandenen Kosten anteilig zu übernehmen (Tz. 12 des Vertrags). Der danach zu tragende Kostenanteil sollte lt. Vertrag auf der Grundlage der in Spalte 2 des Anhangs 3 zum Vertrag aufgeführten Einzelposten berechnet werden (Tz. 13 des Vertrags). Der Vertrag sah eine Laufzeit von sechs Jahren, also bis 31. Dezember 1995 vor und sollte nur einseitig von der X-S.p.A. im Fall einer Zahlungs- oder sonstigen Pflichtverletzung der Klägerin (Tz. 16 des Vertrags) oder bei Verlust der Kontrolle oder der Gesellschafterstellung kündbar sein (Tz. 17 des Vertrags).

In den Streitjahren verwendete die Klägerin im Geschäftsverkehr als Ergänzung ihres eigenen Firmenlogos auf Briefköpfen zusätzlich den Namen der X-S.p.A. Die von der Klägerin erzeugten Produkte wurden nicht mit diesem Namen versehen. Die Klägerin nutzte in den Streitjahren auch keine Patente oder andere kommerzielle Rechte der X-S.p.A. Diese hat für die Klägerin eigenes Personal an umgerechnet 1 591 Arbeitstagen in 1991 und an 734 Arbeitstagen in 1992 zur Verfügung gestellt. Ausweislich der Reisekostenabrechnungen hielten sich die italienischen Mitarbeiter im Jahre 1991 an 311 und im Jahre 1992 an 41 Tagen in Deutschland auf. Die Gesamtaufenthaltsdauer im Jahre 1990 betrug 432 Tage.

Die Klägerin zahlte an die X-S.p.A. in 1991 2 860 370 DM und in 1992 1 319 492 DM. Die Beträge entsprachen in 1991 einem Anteil von 1 v.H. und in 1992 einem Anteil von 0,8 v.H. des jeweiligen maßgeblichen Produktumsatzes.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah die Vergütungen nur in Höhe von 1 272 800 DM (1991) und 588 000 DM (1992) als steuerrechtlich angemessen an und behandelte die jeweiligen Restbeträge in Höhe von 1 587 570 DM (1991) und 731 492 DM (1992) als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).

Die Klage gegen die dementsprechend geänderten Steuerbescheide blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) München, Außensenate Augsburg, wies sie mit Urteil vom 16. Juli 2002 6 K 1910/98 als unbegründet ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 952 veröffentlicht.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

B.

Das durch Beschluss des Senats vom 17. März 2005 gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung zum Ruhen gebrachte Revisionsverfahren wird fortgeführt. Der Ruhensgrund ist entfallen, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) durch Urteil vom 5. Juli 2005 Rs. C-376/03 "D." (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2005, Nr. C 271/4) über die hier in Streit stehende Rechtsfrage der sog. abkommensrechtlichen Meistbegünstigung entschieden hat. Für ein weiteres Abwarten im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der gleich gelagerten Rechtssache C-8/04 "Bujara" (ABlEU 2004, C 59/17), derentwegen das Revisionsverfahren im Streitfall ebenfalls zum Ruhen gebracht worden ist, besteht angesichts dessen keine Veranlassung; mit einer in den Rechtsgrundsätzen abweichenden Entscheidung des EuGH in jener Rechtssache ist nicht ernstlich zu rechnen. Dasselbe gilt im Ergebnis hinsichtlich der überdies beim EuGH anhängigen Rechtssache C-374/04 "Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation" (ABlEU 2004, C 273/17), bei der es um die abkommensrechtlich bedingt unterschiedliche Beanspruchung von Steuergutschriften auf Dividenden geht.

C.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat in der vom FA angenommenen Höhe im Ergebnis zutreffend vGA gesehen.

1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545; vom 27. März 2001 I R 27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111, jeweils m.w.N.).

2. Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat in den von der Klägerin an die X-S.p.A. geleisteten Zahlungen vGA gesehen, weil die mit dieser getroffenen vertraglichen Abmachungen den steuerlichen Anforderungen nicht genügten. Es fehle an den erforderlichen klaren und eindeutigen Festlegungen der gegenseitigen Verpflichtungen. Ohne solche Festlegungen entspreche das zugrunde liegende Verhalten der Vertragsbeteiligten nicht dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Durch den Verzicht auf solche Abmachungen habe sich die Klägerin letztlich dem "Diktat" der X-S.p.A. unterworfen. Deren Zusage, der Klägerin den vollen Zugang zu den eigenen technischen Kenntnissen zu gewähren, sei für Leistungserbringungen im internationalen Technologietransfer zu unspezifiziert, um eine Gegenleistung und deren ernstliche Zusage zu rechtfertigen. Der Vertrag über technische Unterstützung und Lizenz sei überdies nicht vereinbarungsgemäß tatsächlich durchgeführt worden.

Der Senat hat keine Veranlassung, diese tatrichterliche Einschätzung in Frage zu stellen. Sie ist in erster Linie tatsächlicher Natur und bindet den Senat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), solange kein Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegt oder die Rechtserkenntnis verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Letzteres ist im Streitfall jedoch nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.

3. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die besonderen Anforderungen, die steuerlich an die Leistungsbeziehung zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren beherrschenden Gesellschafter gestellt werden, möglicherweise aus abkommensrechtlichen Gründen nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind. Im Schrifttum wird diskutiert, ob Art. 9 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD-MustAbk) dem entgegensteht. Zwar bedarf es danach einer "kaufmännischen oder finanziellen Beziehung". Es ist allerdings fraglich, ob sich aus abkommensrechtlicher Sicht ohne weiteres vermuten lässt, dass es an einer solchen Beziehung fehle, wenn keine klaren und eindeutigen Abmachungen zugrunde liegen (vgl. zum Streitstand jeweils m.w.N. z.B. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 9 Rz. 128; Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz. 188 ff.; Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rz. S 123; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Rz. 16.291; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, Anhang zu § 8 "verdeckte Gewinnausschüttung" Rz. 173; Eigelshoven/ Nietimp, Der Betrieb --DB-- 2003, 2307, 2309; Becker in Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA, Art. 9 OECD-MA Rn. 116 ff.; Kempermann in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 9 Anm. 44; Schnieder, Internationales Steuerrecht --IStR-- 1999, 65).

Im Streitfall kann diese Frage dahinstehen. Denn die Klägerin weist ebenfalls zutreffend darauf hin, dass das hier einschlägige Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung anderer Fragen auf dem Gebiete der direkten Steuern vom 31. Oktober 1925 --DBA-Italien 1925-- (RGBl 1925, 1145) eine mit Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk vergleichbare Regelung nicht enthielt. Damit scheiden Überlegungen, ob Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk gegenüber der (nationalen) Rechtsprechung zu den Bedingungen des Fremdvergleichs im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Sperrwirkung entfaltet, von vornherein aus.

4. Das hat im Ergebnis womöglich zur Folge, dass die Klägerin in den Beziehungen zu ihren italienischen Obergesellschaften steuerlich schlechter behandelt wird, als es der Fall wäre, wenn die Obergesellschaften in einem Vertragsstaat ansässig wären, der mit Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einer an Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk angelehnten Regelung abgeschlossen hätte. Ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote, insbesondere die in Art. 52 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), jetzt Art. 43 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997 Nr. C-340/1) garantierte Niederlassungsfreiheit liegt darin jedoch nicht.

a) Denn die insoweit u.U. ungünstigere steuerliche Behandlung der Klägerin wäre ausschließlich darin begründet, dass deren seinerzeitige Obergesellschaften, die X-S.p.A. sowie die Y-S.p.A., in Italien ansässig waren und das hiernach maßgebliche DBA-Italien 1925 die zwischenstaatlichen Maßstäbe für die Besteuerung des Einkommens in anderer Weise festlegt, als dies zwischen anderen Mitgliedstaaten erfolgt. Diese Festlegung obliegt indes der alleinigen Zuständigkeit der beteiligten Mitgliedstaaten. Diese sind darin frei, im Rahmen bilateraler Doppelbesteuerungsabkommen die Anknüpfungspunkte für die Aufteilung der Steuerhoheit festzulegen. In Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Maßnahmen zur Vereinheitlichung oder Harmonisierung, vor allem nach Art. 220 EGV (jetzt Art. 293 EG), stehen gemeinschaftsrechtliche Erfordernisse dem nicht entgegen (EuGH-Urteile vom 12. Mai 1998 Rs. C-336/96 "Gilly", EuGHE 1998, I-2793; in ABlEU 2005, Nr. C 271/4).

b) Angesichts der den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Rechte lässt sich aus den Grundfreiheiten des EG-Vertrages insbesondere kein allgemeiner Meistbegünstigungsanspruch eines in einem Mitgliedstaat ansässigen steuerpflichtigen Unternehmens herleiten, in seinen finanziellen und kaufmännischen Beziehungen zu ihm verbundenen Unternehmen in verschiedenen anderen Mitgliedstaaten steuerlich unterschiedslos gleichbehandelt zu werden, obschon mit diesen Mitgliedstaaten unterschiedliche bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen mit voneinander abweichender Verteilung des Besteuerungssubstrats geschlossen worden sind.

Zwar dürfen auch Doppelbesteuerungsabkommen, die von den Mitgliedstaaten abgeschlossen worden sind, nicht dem Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufen. Sie sind an den gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten zu messen (vgl. Scherer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA vor Art. 1 Rz. 124; Herzig/ Dautzenberg, DB 1992, 2519, 2521; Weggenmann, IStR 2003, 677, 679; Wassermeyer, DB 1998, 28, jeweils m.w.N.). Auch sichert das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 6 EGV (jetzt Art. 12 EG) den verbindlichen Schutz vor jeder (direkten ebenso wie indirekten) Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Dieses allgemeine Verbot gilt jedoch nur "unbeschadet besonderer Bestimmungen" (vgl. z.B. EuGH-Urteil in EuGHE 1998, I-2793 Rz. 37) und damit auch der im Streitfall einschlägigen Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 52 EGV (Art. 43 EG), ggf. auch der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 59 EGV (Art. 49 EG). Diese Freiheiten verbieten indessen nicht die Ungleichbehandlung von Gebietsansässigen mit vergleichbaren Auslandsbezügen zu verschiedenen Mitgliedstaaten nach den Grundsätzen der abkommensrechtlichen Meistbegünstigung, insbesondere wenn eine Gleichbehandlung sogar die Besserstellung der Gebietsansässigen mit Auslandsbezügen gegenüber Gebietsansässigen ohne derartige Bezüge nach sich zöge. Es steht den einzelnen Mitgliedstaaten vielmehr frei, im Rahmen bilateraler Abkommen die Anknüpfungspunkte für die Aufteilung der Steuerhoheit festzulegen: "Die Tatsache, daß die gegenseitigen Rechte und Pflichten nur für Personen gelten, die in einem der beiden vertragsschließenden Mitgliedstaaten wohnen, entspricht dem Wesen bilateraler Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung" (EuGH-Urteil in ABlEU 2005, Nr. C 271/4 Tz. 61).

So gesehen bilden auch die Abkommensvorschriften über die Aufteilung der Besteuerungshoheit für gewerbliche Einkünfte in Art. 3 DBA-Italien 1925 "einen integralen Bestandteil des Abkommens" (EuGH-Urteil in ABlEU 2005, Nr. C 271/4 Tz. 62) und sind als solche von den Vorschriften in anderen Doppelbesteuerungsabkommen abzugrenzen. Sie sind das Ergebnis einer gegenseitigen Vereinbarung zwischen den beteiligten Vertragsstaaten, in die deren jeweilige Interessen eingeflossen und zum Ausgleich gebracht worden sind (vgl. auch Senatsurteil vom 26. Mai 2004 I R 54/03, BFHE 206, 332, BStBl II 2004, 767, unter II.3.c bb bbb der Entscheidungsgründe, bezogen auf Art. 10 Abs. 1 Buchst. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen). Unterschiede danach, ob es sich um DBA-Regelungen im Quellenstaat (sog. Inbound-Fall) oder aber --wie im Streitfall-- im Ansässigkeitsstaat (sog. Outbound-Fall) handelt, sind dabei nicht zu machen; die abkommensrechtliche Wechselseitigkeit der jeweiligen Regelungen unterliegt hier wie dort jedenfalls dann einer übereinstimmenden Beurteilung, wenn es --wie in Art. 3 Abs. 4 DBA-Italien 1925 und in Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk-- um die Verteilung der gewerblichen Einkünfte geht (s. auch Thömmes, Internationale Wirtschaftsbriefe, Fach 11a, 887; Weggenmann, Recht der Internationalen Wirtschaft 2005, 717; Cloer, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2005, 423; einschränkend Rödder/Schönfeld, IStR 2005, 523). Unter den Gegebenheiten des Streitfalls kommt hinzu, dass das DBA-Italien 1925 zwischenstaatlich ohne Orientierung an einem vorgegebenen "Abkommensmuster" und damit auch an Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk verhandelt worden ist. Das bekräftigt die Ausgewogenheit und Reziprozität der abkommensrechtlichen Regelungen.

c) Der Senat erachtet die Gemeinschaftsrechtslage in diesem Punkt zwischenzeitlich als eindeutig. Sie entspricht den Aussagen des EuGH-Urteils in ABlEU 2005, Nr. C 271/4 und war damit bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof (s. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 15. Dezember 2005 in der Rechtssache EuGH C-386/04 "Centro di Musicologia Walter Stauffer", abrufbar im Internet unter www.curia.eu.int, dort Tz. 98). Sie ergibt sich überdies zweifelsfrei aus dem EG-Vertrag (im Ergebnis ebenso z.B. Weggenmann, IStR 2003, 677, 679 ff.; Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl., Einl. Rz. 268; vgl. auch Senatsurteil vom 14. März 1989 I R 20/87, BFHE 157, 77, BStBl II 1989, 649; Lehner, IStR 1998, 341 und IStR 2001, 329, 336). Einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

5. Im Übrigen und unabhängig von der gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung hat das FG mittelbar auch die Angemessenheit der verrechenbaren Leistungen mitüberprüft und die insoweit angestellten Überlegungen des FA bestätigt. Insofern ist die Meistbegünstigungsproblematik für die Entscheidung des Streitfalles nicht erheblich. Das betrifft namentlich die geschätzten Aufwendungen für die von der X-S.p.A. erbrachten "Manntageleistungen" im Rahmen der Personalgestellung. Soweit diese Leistung überhaupt verrechenbar sei, seien insofern zutreffend die Reisekostenabrechnungen der italienischen Mitarbeiter zugrunde gelegt worden (vgl. das angefochtene FG-Urteil unter 6. der Entscheidungsgründe). Diese Einschätzung bleibt revisionsrechtlich unbeanstandet.

6. Schließlich wendet sich die Klägerin vergeblich gegen die Auffassung der Vorinstanz, dass die Überlassung des Firmenlogos der X-S.p.A. im Streitfall keine verrechenbare Leistung darstelle. Insbesondere beruft sie sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das Senatsurteil vom 9. August 2000 I R 12/99 (BFHE 193, 274, BStBl II 2001, 140). Denn das FG stützt seine Auffassung insofern ausschließlich darauf, dass die zwischen der Klägerin und der X-S.p.A. getroffenen Vereinbarungen auch in diesem Punkt nicht klar und eindeutig und tatsächlich auch nicht durchgeführt worden seien. Der Frage danach, ob die Überlassung des Firmenlogos unter anderen Umständen --bei Vorliegen klarer, eindeutiger und durchgeführter Abmachungen-- verrechenbar gewesen wäre, war deshalb nicht mehr nachzugehen.

Ende der Entscheidung

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