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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: I R 28/05
Rechtsgebiete: EStG, GewStG, KStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 | |
GewStG § 7 | |
KStG § 8 Abs. 1 | |
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 |
I R 27/05 I R 28/05 I R 29/05
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31. März, betrieb in den Streitjahren 1983 bis 1990 die Herstellung von und den Handel mit Maschinen. Ihre Alleingesellschafterin war in jenen Jahren die KG, ihr Geschäftsführer G. Dieser hielt als Komplementär eine Beteiligung von mehr als 50 v.H. an der KG und war auch deren Geschäftsführer.
Mit Wirkung ab 1. April 1981 verpachtete die KG ihr Handelsgeschäft (Betrieb einschließlich aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände einschließlich Firmenwert) an die Klägerin. Als Pachtzins wurde vereinbart, dass "der Verpächter Ersatz seiner sämtlichen, nicht aktivierungspflichtigen Aufwendungen für das verpachtete Handelsgeschäft" erhalte. Nach dem Vertrag beinhaltete der Pachtzins auch den "Ersatz der Abschreibungen des Verpächters auf das verpachtete Handelsgeschäft". Zum verpachteten Gesamthandsvermögen der KG gehörten eine Segeljacht und zwei Doppeldeckerflugzeuge (Anschaffung 1977 und 1984).
Die Aufwendungen für die Segeljacht im Veranlagungszeitraum 1982 waren Gegenstand des Senatsurteils vom 4. Dezember 1996 I R 54/95 (BFHE 182, 123). Der Senat kam darin zum Schluss, dass die Jacht im Gesellschafterinteresse gehalten werde und der Klägerin daher ein Anspruch auf Ersatz in angemessener Höhe zustehe. Den Verzicht auf diesen Anspruch beurteilte er als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Die Jacht, deren Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten 910 770 DM betrugen, lag in den Streitjahren in einem Mittelmeerhafen in Frankreich. In den Kalenderjahren 1982 bis 1989 wurde sie i.d.R. vier Wochen pro Jahr von Lehrlingen, fünf bis 10 Wochen von Arbeitnehmern (teilweise in Begleitung von Bekannten oder Angehörigen) und bis 1987 für zwei bis drei Wochen von der Familie G genutzt. Die Arbeitnehmer hatten für die Nutzung keine Chartergebühren zu entrichten; für die Mitnahme von Angehörigen wurden 90 DM pro Tag in Rechnung gestellt. Die Lehrlinge wurden während der Segeltörns auf Kosten der Klägerin verpflegt. Während der Hälfte der Segelsaison (24 bis 30 Wochen) war das Boot einsatzbereit, jedoch nicht belegt.
Die Doppeldeckerflugzeuge, Oldtimer-Maschinen aus der Vorkriegszeit, waren in einem angemieteten Hangar ca. 30 km vom Unternehmen der Klägerin entfernt untergebracht. Sie wurden vereinzelt zu besonderen Anlässen wie Flugtagen oder ähnlichen Veranstaltungen eingesetzt. Außen am Rumpf war in Höhe des Pilotensitzes ein Hinweis auf die Klägerin angebracht. Die Maschinen wurden ausschließlich durch einen Piloten geflogen, der nicht zur Familie G gehört.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) beurteilte die Aufwendungen für die Segeljacht zunächst als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben und die für die Flugzeuge ab 1987 als vGA. Nach Beendigung des finanzgerichtlichen Verfahrens für das Jahr 1982 behandelte das FA die Aufwendungen insgesamt als vGA und stellte hierfür die Ausschüttungsbelastungen gemäß § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG a.F.) her. Hierbei saldierte es die Kosten der Jacht mit den von den Begleitpersonen der Arbeitnehmer geleisteten Kostenbeiträgen. Die Aufwendungen für Zeiten der Nutzung durch die Arbeitnehmer erkannte es in Höhe üblicher Chartergebühren (1983 bis 1986: 5 000 DM/ Woche und 1987 bis 1990: 5 300 DM/Woche) als Betriebsausgaben an. Den verbleibenden ungedeckten Betrag erhöhte es um einen Gewinnzuschlag von 5 v.H. und ab 1986 um 14 v.H. Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag. Auch in den Aufwendungen für die Doppeldeckerflugzeuge sah das FA vGA.
Mit Urteilen vom 27. Juli 2004 I 16/2000-I 18/2000 gab das Finanzgericht (FG) Nürnberg den Klagen gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide zum Teil statt: Die Doppeldeckerflugzeuge seien infolge ihres Aufmerksamkeitswertes ausschließlich zu Werbezwecken und damit im betrieblichen Interesse unterhalten worden, die Segeljacht sei dies insoweit, als sie für die Fahrten der Lehrlinge und der anderen Arbeitnehmer eingesetzt worden sei. Lediglich insoweit, als die Jacht durch G und seine Familienangehörigen genutzt worden sei, gelange man zur Annahme einer vGA, wobei die Leerstandszeiten anteilig im Schätzungswege aufzuteilen seien. Weder die Aufwendungen für die Doppeldeckerflugzeuge noch diejenigen für die Segeljacht seien nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom Abzug ausgeschlossen. Denn ein solcher Abzugsausschluss setze voraus, dass sie ausschließlich zur Unterhaltung und Freizeitgestaltung von Geschäftsfreunden eingesetzt werden. Im Streitfall seien sie jedoch (auch) betrieblich eingesetzt worden.
Mit seinen Revisionen rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, die Urteile des FG aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
II.
Die --zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen (vgl. § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--)-- Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Abweisung der Klagen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
1. Es kann offenbleiben, ob und ggf. in welcher Höhe die Aufwendungen für die Segeljacht und die Flugzeuge (auch) in den Streitjahren durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und daher als vGA das Einkommen der Klägerin nicht mindern dürfen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--). Die Aufwendungen der Klägerin für die Segeljacht und die beiden Oldtimer-Flugzeuge sind jedenfalls nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, § 7 GewStG vom Abzug ausgeschlossen. Zwischen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG besteht kein Rangverhältnis, beide Vorschriften sind vielmehr solange nebeneinander anwendbar, wie ihre Rechtsfolgen nicht voneinander abweichen (Senatsurteil in BFHE 182, 123; Gosch KStG § 8 Rz 184 f., m.w.N.).
2. Die Aufwendungen für die Doppeldeckerflugzeuge sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, § 7 GewStG) nicht abzugsfähig.
a) Danach dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Als "ähnliche Zwecke" sind auch Aufwendungen für Sportflugzeuge zu qualifizieren (vgl. Crezelius in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 4 Rz 185; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 754; Schmidt/ Heinicke, EStG, 25. Aufl., § 4 Rz 567), da diese eine ähnliche Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen wie die übrigen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen. Hiervon ist auch das FG ausgegangen. Es war aber der Ansicht, die Aufwendungen für die Flugzeuge fielen nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG, da die Flugzeuge nicht der Unterhaltung von Geschäftsfreunden gedient hätten.
b) Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine solche Einschränkung nicht erkennen. Auch deren Zweck erfordert eine derartige Auslegung nicht.
aa) Durch die Abzugsverbote des § 4 Abs. 5 EStG wollte der Gesetzgeber die tatsächlichen Schwierigkeiten, die bei der Abgrenzung zwischen dem betrieblichen Bereich und der privaten Lebensführung auftreten, in pauschalierender Weise lösen und Missbräuchen des Steuerpflichtigen vorbeugen (Crezelius in Kirchhof, a.a.O., § 4 Rz 140). § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ordnet ein Abzugsverbot für die dort beispielhaft aufgezählten Repräsentationsaufwendungen an, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie die private Lebensführung berühren, auf der Hand liegt. Scheitert die Abziehbarkeit nicht bereits an § 12 Nr. 1 EStG, greift das Abzugsverbot ein. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen generell nicht abziehbar sein sollen, weil sie nach Auffassung des Gesetzgebers bereits ihrer Art nach als unangemessener Repräsentationsaufwand anzusehen sind. Eine Ausnahme gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG für Steuerpflichtige, die die Jagd, Fischerei oder die Bootsbenutzung und dergleichen gewerblich ausüben und aus dieser Tätigkeit unmittelbar Einkünfte erzielen (BTDrucks III/1811, S. 8 und BTDrucks 7/2180, S. 17).
bb) Die Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich dem Zweck der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entsprechend weiter eingeschränkt. Aufwendungen für die in der Vorschrift genannten Zwecke sind jedoch dann vom Abzug ausgeschlossen, wenn sie einer sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation dienen (Senatsurteil vom 3. Februar 1993 I R 18/92, BFHE 170, 537, BStBl II 1993, 367; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Mai 2001 IV R 6/00, BFHE 195, 323, BStBl II 2001, 575). Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
Oldtimer-Flugzeuge, die bei Flugtagen und ähnlichen Veranstaltungen eingesetzt werden, dienen der Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit und damit Werbezwecken. Ohne diesen betrieblichen Bezug ist die aktive oder passive Teilnahme an Flugtagen jedoch der Freizeitgestaltung zuzurechnen. Es widerspräche dem mit der Regelung verfolgten Vereinfachungszweck, wenn für die Frage des Abzugs der in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten zu prüfen wäre, ob Werbezwecke für den Einsatz der Flugzeuge im Vordergrund standen oder ob die Präsentation der Flugzeuge der Unterhaltung von Geschäftsfreunden oder der Befriedigung einer Neigung des Unternehmers bzw. der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft diente. Diese Abgrenzung, die --wenn überhaupt-- nur unter Schwierigkeiten möglich ist, zu erübrigen, ist gerade das Ziel der Vorschrift. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG greift daher jedenfalls immer dann ein, wenn ein in der Vorschrift genanntes Wirtschaftsgut in einer Weise eingesetzt wird, die bei typisierender Betrachtung dazu geeignet ist, Geschäftsfreunde zu unterhalten oder privaten Neigungen nachzugehen. Ob bei der Veranstaltung tatsächlich Geschäftsfreunde zugegen waren, oder einer privaten Neigung des Unternehmers oder des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft nachgegangen wird, ist hingegen nicht zu prüfen.
3. Bei den Aufwendungen für die Segeljacht verhält es sich im Ergebnis nicht anders. Auch diese Aufwendungen dürfen den Gewinn nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht mindern.
Das ergibt sich bereits unmissverständlich aus dem Regelungswortlaut, der das Abzugsverbot vorbehaltlos mit dem Unterhalten einer Segeljacht verknüpft. Der Senat hat diesen Wortlaut zwar in seinem Urteil vom 30. Juli 1980 I R 111/77 (BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58) einschränkend ausgelegt und entschieden, dass Aufwendungen eines Unternehmens für Sozialeinrichtungen (dort: ein Angelteich) nach Sinn und Zweck der Regelung nicht unter das Abzugsverbot fallen. Der IV. Senat des BFH hat sich einem solchen einschränkenden Verständnis der Sache nach angeschlossen, indem er nicht auf die "Art des Wasserfahrzeugs" abstellt, sondern auf dessen "konkrete Bestimmung" (Urteil in BFHE 195, 323, BStBl II 2001, 575); im dort zu beurteilenden Streitfall ging es um die Nutzung eines Motorboots für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen bleibt es unter den im Streitfall zu beurteilenden Gegebenheiten jedoch bei dem Abzugsausschluss. Diese Gegebenheiten sind mit den geschilderten Sachverhalten von vornherein nicht vergleichbar.
Denn eine Jacht, die von Betriebsangehörigen und deren Familien und Freunden genutzt wird, und ihren Liegeplatz weit entfernt von den Geschäftsräumen der Klägerin in einem Mittelmeerhafen hat, stellt keine Sozialeinrichtung in diesem Sinne dar (zweifelnd schon Senatsurteil in BFHE 182, 123). Zudem liegt eine Sozialstation nur vor, wenn die Einrichtung ausschließlich von Betriebsangehörigen genutzt wird. Dies ist hier nicht der Fall. Nach den Feststellungen des FG hat G die Jacht bis einschließlich 1988 jährlich zwischen zwei und drei Wochen genutzt. Auch in der Zeit danach stand sie G grundsätzlich zur Nutzung zur Verfügung und wurde jedenfalls auch in seinem Interesse (vor-)gehalten. Es bleibt deswegen dabei, dass das Unterhalten der Segeljacht eine private (Mit-)Veranlassung indiziert; die typisierten Voraussetzungen für den Abzugsausschluss sind erfüllt.
4. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Seine Urteile sind daher aufzuheben; die Klagen sind abzuweisen. Das FA ist in seinen Bescheiden in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil in BFHE 182, 123 von vGA ausgegangen und hat u.a. die Kosten für eine angemessene Chartergebühr für Zeiten der Nutzung der Segeljacht durch die Arbeitnehmer saldiert. Die Annahme von nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG führt zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Nach dieser Vorschrift entfallen zwar die vom FA vorgenommenen Gewinnzuschläge. Andererseits ist hiernach eine Verrechnung mit fiktiven Ausgaben für die Anmietung einer fremden Segeljacht nicht vorgesehen. Auch die Annahme anderer Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 1 KStG und die Herstellung der Ausschüttungsbelastung scheidet aus. Die Vorgehensweise des FA wirkt sich deswegen per Saldo zugunsten der Klägerin aus und der Senat ist aus verfahrensrechtlichen Gründen des sog. Verböserungsverbots daran gehindert, in weiter gehendem Maße zu Lasten der Klägerin zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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