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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.10.1999
Aktenzeichen: I R 36/95
Rechtsgebiete: KStG 1977/1984
Vorschriften:
KStG 1977/1984 § 21 |
1. § 21 Abs. 1 KStG 1984 gilt nur für Beitragsrückerstattungen, die Versicherungsunternehmen für das selbstabgeschlossene Geschäft auf Grund ihres Jahresergebnisses oder eines versicherungstechnischen Überschusses gewähren. Andere Arten von Bei-tragsrückerstattungen werden von der Vorschrift nicht erfaßt.
2. Versicherungstechnischer Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984 ist der Überschuß, der sich nach den Vorschriften des Tarif- oder Versicherungsaufsichtrechts oder nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen im einzelnen Schaden- oder Unfallversicherungszweig des Versicherungsunternehmens ergibt.
3. Die aus der Anlage der vorausgezahlten Haftpflichtversicherungsprämien vom Versicherungsunternehmen erzielten Zinserträge sind zwar Teil des versicherungstechnischen Überschusses. Sie dürfen aber bei der Berechnung des steuerrechtlich abziehbaren Höchstbetrags gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 nicht berücksichtigt werden. Werden sie für die Beitragsrückerstattung verwendet, handelt es sich zumindest insoweit um nichtabziehbare Betriebsausgaben, als das Versicherungsunternehmen tarif- und aufsichtrechtlich nicht verpflichtet war, die Zinserträge zur Beitragsrückerstattung zu verwenden.
KStG 1977/1984 § 21
Urteil vom 21. Oktober 1999 - I R 36/95 -
Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1995, 589)
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) --ein großer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG)-- betreibt u.a. die Haftpflichtversicherung für Kfz. Im Jahr 1984 (Streitjahr) betrugen in diesem Versicherungszweig die gemäß § 25 Abs. 1 der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vom 5. Dezember 1984 --KraftTarifVO-- (BGBl I 1984, 1437) berechneten Rein-Zinserträge aus Kapitalanlagen rd. 68,5 Mio. DM. Nach Ausgleich eines im Streitjahr in dem Versicherungszweig entstandenen versicherungstechnischen Fehlbetrags i.S. der KraftTarifVO verblieb noch ein Rein-Zinsertrag von rd. 33,5 Mio. DM, den der Kläger in voller Höhe der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuführte. Versicherungsnehmer des Klägers waren im Streitjahr ausschließlich dessen Mitglieder.
Bei der endgültigen Veranlagung des Klägers zur Körperschaftsteuer 1984 vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, soweit ein Kfz-Haftpflichtversicherer Rein-Zinserträge tarifrechtlich gemäß § 25 Abs. 3 KraftTarifVO zur Stärkung seines Eigenkapitals einbehalten dürfe (sog. Selbstbehalt), mindere die Zuführung nicht das zu versteuernde Einkommen des Versicherers. Das FA ging deshalb bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr von einem um den zulässigen Selbstbehalt erhöhten Einkommen des Klägers aus.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 589 veröffentlicht.
Das FA stützt die Revision auf Verletzung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984 und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das dem Revisionsverfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung, um deren Behandlung gestritten wird, darf gemäß § 21 KStG 1984 bei der Ermittlung des Einkommens des Klägers nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden. Der Betrag, den der Kläger der Rückstellung im Streitjahr zugeführt hat, ist --jedenfalls in Höhe des tarifrechtlich zulässigen Selbstbehalts-- eine nichtabziehbare Betriebsausgabe.
1. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 KStG 1984 sind bei Versicherungsunternehmen (s. Überschrift des zweiten Teils drittes Kap. KStG 1984) Zuführungen zu einer Rückstellung für Beitragsrückerstattung im Streitjahr insoweit abziehbar --d.h. gewinnmindernd zu berücksichtigen--, als die ausschließliche Verwendung der Rückstellung für diesen Zweck durch die Satzung oder durch geschäftsplanmäßige Erklärung gesichert ist. Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen i.S. des § 21 Abs. 2 KStG 1984 sind nur solche Rückstellungen, die Beitragsrückerstattungen i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984 betreffen (Senatsurteil vom 9. Juni 1999 I R 17/97, BStBl II 1999, 739; Boetius in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 21 KStG Anm. 36). § 21 Abs. 2 KStG 1984 knüpft an Abs. 1 der Vorschrift an und ergänzt dessen Regelungen über den Abzug von Beitragsrückerstattungen für den Fall, daß die für Beitragsrückerstattungen gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984 vorgesehenen Beträge zunächst einer Rückstellung zugeführt werden. Von § 21 Abs. 2 KStG 1984 werden nur Zuführungen erfaßt, die aus den gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984 als Beitragsrückerstattungen abziehbaren Beträgen gespeist werden. Andernfalls liefen die Abzugsbeschränkungen gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984 leer.
2. § 21 Abs. 1 KStG 1984 gilt nur für Beitragsrückerstattungen, die Versicherungsunternehmen für das selbstabgeschlossene Geschäft auf Grund ihres Jahresergebnisses oder auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses gewähren (§ 21 Abs. 1 Eingangssatz vor Nr. 1 KStG 1984). Andere Arten von Beitragsrückerstattungen --z.B. Beitragsrückerstattungen, die ein Versicherungsunternehmen wegen Schadenfreiheit unabhängig von einem versicherungstechnischen Überschuß gewährt-- werden von der Vorschrift nicht erfaßt. Wie die Nrn. 1 und 2 des § 21 Abs. 1 KStG 1984 zeigen, betreffen die auf Grund des Jahresergebnisses gewährten Beitragsrückerstattungen das Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft und die Rückerstattungen auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft.
Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 KStG 1984 sind Beitragsrückerstattungen in der Schaden- oder Unfallversicherung bis zur Höhe des Überschusses abziehbar, der sich aus der Beitragseinnahme nach Abzug aller anteiligen abziehbaren und nichtabziehbaren Betriebsausgaben (einschließlich der Versicherungsleistungen, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten) ergibt. Der Berechnung des Betrags, bis zu dem diese Beitragsrückerstattungen höchstens abgezogen werden dürfen, sind die auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Beitragseinnahmen und Betriebsausgaben des einzelnen Versicherungszweiges aus dem selbstabgeschlossenen Geschäft für eigene Rechnung zugrunde zu legen (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KStG 1984).
3. Im Streitfall ist die steuerliche Behandlung von Beitragsrückerstattungen im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft streitig. Zu entscheiden ist, ob die zu beurteilenden Aufwendungen des Klägers für die Beitragsrückerstattungen in dieser Versicherungssparte vom Regelungsbereich des § 21 KStG 1984 erfaßt werden und gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 einer Abzugsbeschränkung unterliegen. Für den Fall, daß sie nicht auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses gewährt und daher auch nicht von § 21 KStG 1984 erfaßt werden, müßte zusätzlich entschieden werden, ob und ggf. inwieweit sie als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu beurteilen sind und deshalb gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984 das Einkommen des Klägers nicht mindern dürfen.
a) Vom Regelungsbereich des § 21 KStG 1984 werden die zu beurteilenden Aufwendungen nur dann erfaßt, wenn sie Beitragsrückerstattungen auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses betreffen (s. oben II. 1. und 2.). Die Anwendbarkeit des § 21 KStG 1984 hängt somit davon ab, wie der im Eingangssatz des § 21 Abs. 1 KStG 1984 verwendete Begriff "versicherungstechnischer Überschuss" zu verstehen ist.
Das KStG enthält keine Legaldefinition des Begriffs. Seine Bedeutung muß durch Auslegung ermittelt werden. In Betracht kommen zwei Auslegungen:
1. Versicherungstechnischer Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984 kann der nach den Vorschriften des Tarif- oder Versicherungsaufsichtrechts oder nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelte Überschuß des einzelnen Schaden- oder Unfallversicherungszweigs sein.
2. Versicherungstechnischer Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984 kann aber auch der sich aus der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 ergebende Überschuß sein (so Recktenwald in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 21 Anm. 14; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, § 21 KStG Rz. 16).
b) Ist der Begriff im erstgenannten Sinn auszulegen, kann der versicherungstechnische Überschuß höher als der Überschuß sein, der sich nach der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 ergibt, z.B. weil versicherungs(tarif)rechtlich auch Einnahmen den versicherungstechnischen Überschuß erhöhen, die bei der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 nicht zu berücksichtigen sind. § 21 Abs. 1 KStG 1984 enthält bei dieser Auslegung ein Abzugsverbot für alle auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses gewährten Beitragsrückerstattungen, die den sich nach der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 ergebenden Überschuß übersteigen. Diese weite Auslegung des Begriffs halten der Kläger, das FA und das FG für zutreffend.
c) Wird unter dem versicherungstechnischen Überschuß dagegen der sich auf Grund der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 ergebende Überschuß verstanden, enthält § 21 Abs. 1 KStG 1984 eine Einschränkung des wie ein Abzugsverbot wirkenden § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984. Die aus dem Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 gespeisten Beitragsrückerstattungen mindern dann den Gewinn, auch wenn sie die Voraussetzungen einer vGA erfüllen. Soweit die Beitragsrückerstattungen nicht aus dem Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 gespeist wurden, sind es bei dieser Auslegung keine Beitragsrückerstattungen "auf Grund des versicherungstechnischen Überschusses". § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 greift daher insoweit nicht ein. Für den Abzug dieser Beitragsrückerstattungen gelten dann die allgemeinen Regelungen, darunter auch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984. Diese enge Auslegung des Begriffs versicherungstechnischer Überschuß hält das dem Revisionsverfahren beigetretene BMF nach Abstimmung mit den Körperschaftsteuerreferenten der Bundesländer für zutreffend.
d) Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der versicherungstechnische Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984 der Überschuß, der sich nach den Vorschriften des Tarif- oder Versicherungsaufsichtrechts oder nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen im einzelnen Schaden- oder Unfallversicherungszweig des Versicherungsunternehmens ergibt.
Für diese weite Auslegung spricht der Zweck des § 21 Abs. 1 KStG 1984. Die Abzugsbeschränkung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1977/1984 soll ausschließen, daß den Versicherungsnehmern Beträge unversteuert zugewendet werden können, die von ihnen nicht selbst durch Beiträge aufgebracht wurden (s. BTDrucks 7/1470 S. 358). Dieses Ziel wird bei der weiten Begriffsauslegung erreicht. § 21 Abs. 1 KStG 1984 enthält in diesem Fall ein Abzugsverbot für alle Beitragsrückerstattungen auf Grund eines versicherungstechnischen Überschusses, die den sich nach der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 ergebenden Überschuß übersteigen. Da bei dieser Berechnung auf der Einnahmeseite nur die Beiträge angesetzt werden, ist es ausgeschlossen, daß die gewinnmindernden Beitragsrückerstattungen höher als die Beiträge sind.
Für die weite Auslegung spricht auch, daß § 21 Abs. 1 KStG 1984 für alle der Körperschaftsteuer unterliegenden Versicherungsunternehmen gilt. Dadurch werden Wettbewerbsverzerrungen vermieden, die sich im Fall einer engen Begriffsauslegung und einer etwaigen Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (s. oben II. 3. c) insbesondere zu Lasten der VVaG ergeben können (zum Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vgl. Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936 --Teil II Nr. 1--, RStBl 1936, 825; Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 6. August 1962 I 197/60 U, BFHE 75, 591, BStBl III 1962, 483; s.a. Schloßmacher in Der Betrieb --DB-- 1999, 1573).
Die Materialien zu § 21 KStG 1984 widersprechen der weiten Auslegung nicht. § 21 KStG 1977/1984 geht auf § 24 des Regierungsentwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes zurück (s. BTDrucks 7/1470 S. 177, 178). Nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Entwurfs sollten die Beitragsrückerstattungen in der Schaden- und Unfallversicherung "bis zur Höhe des versicherungstechnischen Überschusses des einzelnen Versicherungszweigs aus dem selbstabgeschlossenen Geschäft für eigene Rechnung" abziehbar sein. Da der Begriff "versicherungstechnischer Überschuss" mehrdeutig ist (s. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1960 I 44/60 U, BFHE 72, 216, BStBl III 1961, 81), wurde er im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zwar nicht im Eingangssatz des § 21 Abs. 1 KStG 1977, aber in § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1977 durch die Formulierung ersetzt: ... bis zur Höhe des "Überschusses, der sich aus der Beitragseinnahme nach Abzug aller anteiligen abziehbaren und nichtabziehbaren Betriebsausgaben einschließlich der Versicherungsleistungen, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten ergibt" (s. BTDrucks 7/5310 S. 13 --Zu § 21--). Diese Formulierung kann als eine konkretisierende Umschreibung des Begriffs verstanden werden. Dies ist jedoch nicht zwingend. Die Umformulierung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens kann auch dahingehend verstanden werden, daß im Eingangssatz an einen versicherungs- und tarifrechtlichen sowie betriebswirtschaftlichen Begriff angeknüpft wird, die weitere Entwicklung dieses Begriffs durch das Steuerrecht nicht beeinflußt und die Abzugsbeschränkung durch die eigenständige steuerrechtliche Regelung in Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift sichergestellt werden soll.
4. Aus der weiten Begriffsauslegung folgt für den Streitfall, daß die zu beurteilende Zuführung des Klägers zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung vom Regelungsbereich des § 21 KStG 1984 erfaßt wird.
Der Kläger erzielte nach den tatsächlichen und unstreitigen Feststellungen des FG im Streitjahr in der Kfz-Haftpflichtversicherung einen versicherungstechnischen Überschuß i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984, da die Rein-Zinserträge nach den im Streitjahr geltenden tarif- und aufsichtrechtlichen Vorschriften den versicherungstechnischen Überschuß erhöhten (s. § 25 Abs. 1 und 2 KraftTarifVO) und sie den in dieser Versicherungssparte ohne Einbeziehung der Rein-Zinserträge ermittelten versicherungstechnischen Fehlbetrag im Sinne des Tarifrechts überstiegen. Die Zuführung wurde aus dem nach Ausgleich des Fehlbetrags verbleibenden versicherungstechnischen Überschuß gespeist. Grund der Zuführung war der im Streitjahr erzielte versicherungstechnische Überschuß.
5. Die Zuführung unterliegt --zumindest in Höhe des tarifrechtlich zulässigen Selbstbehalts-- dem Abzugsverbot gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984. Der Höchstbetrag, bis zu dem der Kläger Aufwendungen für die Beitragsrückerstattung abziehen darf, betrug im Streitjahr 0 DM. Die Rein-Zinserträge sind zwar Teil des versicherungstechnischen Überschusses. Sie dürfen aber bei der Berechnung des steuerrechtlich abziehbaren Überschusses gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 nicht berücksichtigt werden.
a) Beitragseinnahmen i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 sind nur die Entgelte, die Versicherungsunternehmen von den Versicherungsnehmern auf Grund der Versicherungsverträge für das Versprechen der vereinbarten Leistung im Versicherungsfall und etwaige versicherungsvertragliche Nebenleistungen (z.B. die Ausfertigung des Versicherungsscheins) erhalten (s. BFH-Urteil in BFHE 72, 216, BStBl III 1961, 81; Boetius, a.a.O., § 21 KStG Anm. 27; Recktenwald, a.a.O.; Uhrmann, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1991, 112; wohl auch Frotscher/Maas, a.a.O., § 21 KStG Rz. 14). Die Rein-Zinserträge i.S. des § 25 Abs. 1 KraftTarifVO sind keine solchen Entgelte. Sie sind die um zurechenbare Aufwendungen geminderten Erträge der Kapitalanlagen, die tarifrechtlich dem Kfz-Haftpflichtversicherungszweig des Versicherungsunternehmens zugeordnet wurden.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers und des FG dürfen die Rein-Zinserträge auch nicht auf Grund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise wie Beitragseinnahmen in die Berechnung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 einbezogen werden (ebenso Prölss/ v.d.Thüsen/Ziegler, Die versicherungstechnischen Rückstellungen im Steuerrecht, 3. Aufl. 1973, S. 137; Boetius, a.a.O., § 21 KStG Anm. 27; Recktenwald, a.a.O., Vorb. v. § 21; a.A. wohl Mössner/ Seeger/Haehnel, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 21 Rz. 21).
Zwar sind die Rein-Zinserträge Früchte der Beitragseinnahmen. Zum Teil treten sie wirtschaftlich auch an die Stelle von Beitragsbestandteilen. Dies wird z.B. deutlich, wenn bei der Kalkulation der Beiträge von einem im voraus zu zahlenden Jahresbeitrag ausgegangen wird und im Fall der halb- oder vierteljährlichen Zahlung Zuschläge auf den Jahresbeitrag gefordert werden. Tarifrechtlich mußten die Rein-Zinserträge deshalb gemäß § 25 KraftTarifVO im Streitjahr zum Teil bei der Ermittlung der Beitragsermäßigung berücksichtigt werden.
Wortlaut und Zweck des § 21 Abs. 1 KStG 1984 verbieten es aber, bei der Berechnung des abziehbaren Überschusses i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 auf diese wirtschaftlichen Gegebenheiten abzustellen. Bei Formulierung des § 21 KStG 1977/1984 war bekannt, daß die Versicherungsunternehmen in der Schaden- und Unfallversicherung auf Grund der Vorausleistungen der Versicherungsnehmer oft nicht unbeträchtliche Kapitalerträge erzielen. Wenn dennoch nach dem Wortlaut der Vorschrift der Berechnung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 als Einnahmen nur die Beiträge zugrunde zu legen sind, zeigt dies, daß andere ihnen wirtschaftlich gleichstehende Einnahmen nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies wird durch den Zweck der Vorschrift (s. oben II. 3. d) bestätigt. Würden Kapitalerträge in die Berechnung des abziehbaren Höchstbetrags einbezogen, könnten in den Fällen, in denen die Kapitalerträge die auf der Ausgabenseite der Überschußberechnung anzusetzenden Beträge übersteigen, auch Kapitalerträge den Versicherungsnehmern unversteuert zugewendet werden. Derartige Fälle mögen bei Schaden- oder Unfallversicherern mit größerem Geschäftsumfang zwar rein theoretisch sein. Zur Sicherung des mit § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 verfolgten Zwecks hätte es ausgereicht, den Abzug der Beitragsrückerstattungen auf die Summe der Beitragseinnahmen zu begrenzen. Für diese Lösung hat sich der Gesetzgeber jedoch nicht entschieden.
c) Der Senat weicht mit dieser Auslegung des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984 nicht von dem Urteil vom 26. Juni 1968 I 127/65 (BFHE 93, 418, BStBl II 1969, 12) ab. Jene Entscheidung betrifft einen VVaG, dessen Zweck die Alters- und Hinterbliebenenversorgung war. Der VVaG hatte jedoch ausnahmsweise nicht die Technik der Lebensversicherung mit Tarifwerken angewandt, sondern ein Umlageverfahren. Es ging somit um einen Sonderfall im Bereich der Lebensversicherung (s. Prölss/v.d.Thüsen/Ziegler, a.a.O., S. 137). Wie § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984 zeigt, dürfen in dieser Versicherungssparte die steuerrechtlich abziehbaren Beitragsrückerstattungen auch aus den Zinserträgen gespeist werden. Das Urteil in BFHE 93, 418, BStBl II 1969, 12 ist zudem zu § 6 KStG in der vor 1977 geltenden Fassung ergangen. Nach ihm waren erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft unbeschränkt abzugsfähig. Im Streitfall geht es dagegen um Beitragsrückerstattungen auf Grund eines tarifrechtlichen versicherungstechnischen Überschusses in der Schaden- und Unfallversicherung und die spezielle den Abzug begrenzende Überschußberechnung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984.
6. Im Streitfall kann ungeklärt bleiben, ob das Abzugsverbot des § 21 KStG 1984 zu einer verfassungswidrigen Überbesteuerung führt, soweit es auch für Beitragsrückerstattungen gilt, zu denen das Versicherungsunternehmen tarifrechtlich verpflichtet ist.
Tarifrechtlich bestand im Streitjahr keine Verpflichtung des Klägers, die nach Ausgleich des Fehlbetrags verbleibenden Rein-Zinserträge auch in Höhe des Selbstbehalts zur Beitragsrückerstattung zu verwenden. Eine Verpflichtung bestand gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 KraftTarifVO nur insoweit, als die verbleibenden Rein-Zinserträge 3 v.H. der verdienten Netto-Beiträge (Selbstbehalt) überschritten und --was im Streitfall nicht in Betracht kommt-- die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 und 5 KraftTarifVO nicht erfüllt waren. Insoweit hat das FA die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung auch gewinnmindernd berücksichtigt.
Ende der Entscheidung
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