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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 15.03.2000
Aktenzeichen: I R 40/99
Rechtsgebiete: KStG
Vorschriften:
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 |
Dem Erfordernis der Erdienensdauer bei der Zusage einer Pension an den nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist jedenfalls dann genügt, wenn im vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Zusage für mindestens 3 Jahre bestanden hat. In diese Mindestbetriebszugehörigkeit von 12 Jahren sind nicht nur Zeiträume im Betrieb der GmbH einzubeziehen, sondern auch solche, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer zuvor in einem Einzelunternehmen tätig war, das er in die GmbH eingebracht oder das er an diese veräußert hat.
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Urteil vom 15. März 2000 - I R 40/99 -
Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg (EFG 1999, 625)
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine im April 1992 errichtete GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Heizungsbau ist. Ihre Geschäftsanteile wurden jeweils zu einem Viertel von D und seinen drei Kindern gehalten. Zu Geschäftsführern wurde D und sein Sohn G bestellt. D erhielt dafür gemäß Vertrag vom 1. Mai 1992 13 Monatsgehälter von zunächst 3 600 DM, die später --am 1. Juli 1993-- auf 4 300 DM, --am 1. März 1994-- auf 9 000 DM und --am 30. Juni 1995-- auf 7 000 DM angepasst wurden.
Am 28. April 1992 (mit Wirkung vom 1. Mai 1992) veräußerte D an die Klägerin sein seit Mitte der 60er Jahre geführtes Heizungsbau-Einzelunternehmen. Im Zuge des Unternehmenskaufs trafen beide Vertragspartner eine als Sondervereinbarung bezeichnete Abrede, in der die Klägerin D neben einem angemessenen Barentgelt als Teil des Kaufpreises eine betriebliche Altersversorgung zusagte. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung schlossen die Klägerin und der --am 26. April 1933 geborene-- D ebenfalls am 29. April 1992 eine Pensionsvereinbarung. Vom Wirtschaftsjahr 1993 an wurde ihm danach mit Vollendung des 65. Lebensjahres ein Ruhegehalt in Höhe von 20 v.H. des letzten Bruttojahresgehalts versprochen. Die Klägerin hatte das Recht, die Leistungen bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit zu kürzen und eine Rückdeckungsversicherung abzuschließen.
Für diese Zusage bildete die Klägerin in den Streitjahren 1993 bis 1995 Pensionsrückstellungen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah darin verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klage gegen die entsprechenden Steuerbescheide hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab ihr mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 625 wiedergegebenen Gründen statt.
Seine dagegen gerichtete Revision stützt das FA auf Verletzung von § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat das Vorliegen von vGA im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten (und auch vorliegend einschlägigen) Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, dem sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, m.w.N.).
2. a) Im Rahmen des hiernach anzustellenden Fremdvergleichs bleibt für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter bei Gewährung einer Pensionszusage einzuschätzen, ob er unter den gegebenen betrieblichen Umständen eine Altersversorgung zusagen, bejahendenfalls welchen Inhalt diese haben kann (Urteil in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419). Der erkennende Senat hat dabei insbesondere der Frage Bedeutung beigemessen, ob die Pensionszusage aus der Sicht des Zusagezeitpunkts noch erdient werden konnte (Urteile in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, m.w.N.; vom 24. Januar 1996 I R 41/95, BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440; vom 29. Oktober 1997 I R 52/97, BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318, m.w.N.). Er hat in diesem Zusammenhang zwischen beherrschendem und nicht beherrschendem Gesellschafter unterschieden. Ein beherrschender Gesellschafter soll die Pensionszusage jedenfalls dann noch erdienen können, wenn der Zeitraum zwischen der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens 10 Jahre beträgt. Vordienstzeiten müssen danach außer Ansatz bleiben. Für einen nicht beherrschenden Gesellschafter kann ein Erdienen der Pensionszusage zusätzlich unterstellt werden, wenn --vom vorgesehenen Zeitpunkt der Pensionierung aus gesehen-- der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für mindestens 3 Jahre bestanden hat (Urteile in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419; BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440; BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318). Diese Zeitvorgaben lehnen sich an § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) an.
b) Diese Voraussetzungen werden im Streitfall von D erfüllt.
aa) Er ist an der Klägerin --nur-- mit 25 v.H. beteiligt und damit nicht beherrschender Gesellschafter. Dafür, dass er ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse ausnahmsweise als beherrschend anzusehen wäre, weil zwischen ihm und seinen Mitgesellschaftern gleichgerichtete Interessen bestünden (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 18. Februar 1999 I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384), ist nichts ersichtlich und auch nichts vom FA dargetan. Gegen einen derartigen Interessengleichklang spricht schon der Umstand, dass nach den Feststellungen des FG allein ihm, nicht aber den Mitgesellschaftern eine entsprechende Altersversorgung zugesagt wurde und außerdem ohnehin nur einer dieser Mitgesellschafter gleichermaßen zum Geschäftsführer bestellt worden war (siehe auch Urteil in BFH/NV 1999, 1384). Dass es sich bei den Mitgesellschaftern um die drei Kinder von D handelt, bleibt insoweit ohne Aussagekraft. Verwandtschaft allein bedingt keine gleichgelagerten Interessen.
bb) Die steuerliche Anerkennung der in Rede stehenden Pensionszusage scheitert auch nicht, weil D im Zusagezeitpunkt den vom erkennenden Senat entwickelten Erfordernissen zur Erdienensdauer nicht mehr hätte gerecht werden können. Da er die Klägerin nicht beherrschte, genügte als Maßstab für die Erdienensdauer jedenfalls die § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG entlehnte zweite zeitliche Alternative, also die Betriebszugehörigkeit von mindestens 12 Jahren und der Bestand der Zusage für wenigstens 3 Jahre. Letzteres --der 3-jährige Bestand der Versorgungszusage-- ist bei dem im Zusagezeitpunkt am 29. April 1992 ebenso wie bei Anwartschaftsbeginn am 1. Januar 1993 59-jährigen D bis zum vereinbarten Pensionsalter von 65 Jahren ohne weiteres erfüllt. Aber auch die 12-jährige Mindestbetriebszugehörigkeit in der Vergangenheit ist gegeben. Die Anlehnung an § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG bedingt die Übernahme auch der dortigen Begrifflichkeiten. Der Begriff der Betriebszugehörigkeit wird arbeitsrechtlich indes nicht auf den engen Begriff des Betriebs begrenzt. Er umfasst vielmehr auch die Fälle des rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs (§ 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) und der Gesamtrechtsnachfolge und somit die Fälle der Veräußerung, der Verschmelzung und der Umwandlung (Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 1 Rz. 1481 ff.; Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 1 Rz. 92, jew. m.w.N.). Dem ist steuerlich Folge zu leisten.
Dass es sich bei dem vorangegangenen Unternehmen im Streitfall um ein Einzelunternehmen handelte, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Zwar muss bei einem solchen Unternehmen eine Pensionsrückstellung zugunsten des Einzelunternehmers steuerlich unberücksichtigt bleiben, weil sich Forderung und Verbindlichkeit in einer Hand befinden. Abgesehen davon, dass sich D seinerzeit eine solche Zusage selbst nicht erteilt hatte, geht es bei der Frage nach der Erdienensdauer indes allein um die Honorierung der in der Betriebszugehörigkeit zum Ausdruck kommenden Betriebstreue. Dafür spielt es aber keine Rolle, in welcher Funktion der betreffende Arbeitnehmer für den Betrieb tätig gewesen ist; diese Tätigkeit ist in jedem Fall in die Erdienensdauer einzubeziehen (vgl. ähnlich auch Schulze zur Wiesche, Deutsches Steuerrecht 1996, 2000, 2002). Insofern verhält es sich anders als beispielsweise bei der Frage nach der rechnerischen Einbeziehung von Vordienstzeiten des Pensionsberechtigten in den Teilwert der Pensionsrückstellung, der sich nach rein steuerlichen Maßstäben errechnet (vgl. dazu Senatsurteil vom 9. April 1997 I R 124/95, BFHE 183, 119, BStBl II 1997, 799).
c) Gleichermaßen hat der Senat entschieden, dass auf das ansonsten bestehende Erfordernis, vor Erteilung der Pensionszusage eine hinreichende Probezeit abzuwarten, um sich der Leistungsfähigkeit und Qualifikation des neu eingestellten Gesellschafter-Geschäftsführers zu versichern, verzichtet werden kann, wenn --wie hier-- infolge der vorangegangenen Tätigkeit in dem Einzelunternehmen diese Gewissheit bestand (vgl. zuletzt Senatsurteile in BFH/NV 1999, 1384; vom 18. August 1999 I R 10/99, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2000, 26, m.w.N.). Es erübrigt sich unter den gegebenen Umständen auch, diese Vorlaufzeit deswegen zu verlängern, weil es sich um ein neugegründetes Unternehmen handelt, das sich vor Erteilung einer so weitreichenden Verpflichtung wie einer Altersversorgung gemeinhin ein Bild über die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung machen wird (Urteile in BFH/NV 1999, 1384 und in DStRE 2000, 26).
3. Folglich bedürfen die vom FG aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen danach, welche absolute oder ggf. nur indizielle Bedeutung der 10-Jahres-Frist in § 1 Abs. 1 BetrAVG für die Erdienensdauer bei beherrschenden Gesellschaftern zukommt, keiner Beantwortung. Vielmehr kommt es für die seitens der Klägerin erteilte Pensionszusage nur noch darauf an, ob diese ihrer Höhe nach leistungsgerecht und angemessen ist. Die Beteiligten beanstanden dies übereinstimmend nicht. Auch die Vorinstanz hat dies ausdrücklich bestätigt, so dass sich für den Senat mangels abweichender Anhaltspunkte kein Grund ergibt, daran zu zweifeln.
Ende der Entscheidung
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