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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.02.2004
Aktenzeichen: I R 45/03
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 56 | |
FGO § 56 Abs. 2 Satz 1 | |
FGO § 56 Abs. 2 Satz 3 | |
FGO § 120 Abs. 2 | |
FGO § 120 Abs. 3 Satz 1 |
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob die steuerrechtlichen Grundsätze über die sog. Überversorgung, wonach eine Pensionszusage nicht mehr als 75 v.H. der letzten Aktivbezüge des Begünstigten ausmachen soll, auch für eine Unterstützungskassenzusage gelten. Dies wird von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, verneint, vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) hingegen bejaht. Das Finanzgericht (FG) München hat sich der Auffassung des FA angeschlossen und die Klage durch Urteil vom 23. April 2003 7 K 3089/01 abgewiesen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1150 abgedruckt.
Gegen das am 7. Mai 2003 zugestellte Urteil richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin vom 10. Juni 2003, die mit Schriftsatz vom 7. Juli 2003 begründet wurde. Dieser Schriftsatz ging beim Bundesfinanzhof (BFH) erst am 12. August 2003 ein, nachdem der Vorsitzende des erkennenden Senats den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 17. Juli 2003, zugestellt am 29. Juli 2003, darauf hingewiesen hatte, dass die eingelegte Revision nicht innerhalb der gemäß § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebenen Frist begründet worden sei. Die Klägerin beantragte daraufhin am 12. August 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO, die sie wie folgt begründet:
Der Schriftsatz mit der Revisionsbegründung sei von einem der beiden Prozessbevollmächtigten am Wochenende, den 5. und 6. Juli 2003, konzipiert, sodann von ihm persönlich am Montag, den 7. Juli 2003, im Computer-Textprogramm erstellt und gegen 15.30 Uhr fertig gestellt worden. Anschließend sei der Schriftsatz von ihm an den BFH gefaxt worden. Die Meldung über einen Übertragungsfehler sei vom Telefaxgerät nicht ausgegeben worden. Am 9./10. Juli 2003 habe sich allerdings herausgestellt, dass das Telefaxgerät der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei in der Zeit vom 21. Mai bis zum 10. Juli 2003 in bestimmten Überlastsituationen nicht funktioniert habe, weil die entsprechende Telefonleitung blockiert gewesen sei. Mangels eines Übertragungsvorganges habe das Gerät auch kein Fehlerprotokoll und mangels einer entsprechenden Programmierung überdies kein Sendeprotokoll erstellt. Grund für die Funktionsstörungen sei die Installation einer neuen Telefonanlage am 21. Mai 2003 gewesen. Die Störungen seien vom Sekretariat der Kanzlei wahrgenommen worden, nachdem sich Mandanten entsprechend beklagt hätten. Daraufhin sei sofort ein Fachunternehmen mit der Reparatur beauftragt worden, die dann auch am 11. Juli 2003 durchgeführt worden sei. Der Prozessbevollmächtigte habe erst am 10. August 2003 nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub erfahren, dass von der Übertragungsstörung auch der Revisionsbegründungsschriftsatz vom 7. Juli 2003 betroffen gewesen sei. An der dadurch ausgelösten Fristversäumnis treffe diesen keine Schuld. Er habe sich auf die Funktionsfähigkeit des Telefaxgeräts verlassen dürfen; die Funktionsstörung habe sich auch durch besondere Sorgfalt nicht vermeiden lassen. Es sei geboten, bei der Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht zu pedantisch zu verfahren und an die Fristenstrenge keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
Das FA hält die Darlegungen der Klägerin grundsätzlich für glaubhaft und plausibel, wenn auch hinsichtlich der geschilderten Verfahrensabläufe nicht für gänzlich widerspruchsfrei.
II. Die Revision ist unzulässig; die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 56 FGO) ist nicht zu gewähren.
1. Die Klägerin hat ihre --vom FG zugelassene (§ 115 Abs. 1 FGO) und rechtzeitig (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) eingelegte-- Revision nicht innerhalb der nach § 120 Abs. 3 Satz 1 FGO vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten nach Zustellung des FG-Urteils (am 7. Mai 2003) begründet. Der Schriftsatz mit der Revisionsbegründung ist erst am 12. August 2003 beim BFH eingegangen, die Begründungsfrist war jedoch bereits am 7. Juli 2003 abgelaufen.
2. Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) rechtfertigen könnten, sind nicht schlüssig vorgebracht worden.
Dabei kann dahinstehen, ob der mit der Revision befasste Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Schriftsatz mit der Revisionsbegründung tatsächlich im Laufe des 7. Juli 2003 fertig gestellt und sodann versucht hat, diesen Schriftsatz im Wege der Telefaxübermittlung an den BFH zu übersenden. Es kann ebenso dahinstehen, ob die Fristversäumnis wegen der dargelegten technischen Störungen des Telefaxgeräts beim Absender zu entschuldigen ist. Auch wenn beides zu bejahen wäre, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, weil der Wiedereinsetzungsantrag nicht innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO gestellt und die versäumte Rechtshandlung nicht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO innerhalb dieser Frist nachgeholt worden ist.
Wiedereinsetzung kann hiernach nur gewährt werden, wenn der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird. Im Streitfall ist das Hindernis am 11. Juli 2003, spätestens aber kurze Zeit danach, weggefallen. Denn an diesem Tag wurde, wie der Prozessbevollmächtigte dargelegt hat, die Telefaxanlage fachkundig repariert und stellte sich heraus, dass das Telefaxgerät infolge eines Defekts des Analog-Digital-Wandlers seit dem 21. Mai 2003 nicht immer zuverlässig funktioniert hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Prozessbevollmächtigten der Klägerin also konkrete Veranlassung, der Sache nachzugehen und von sich aus zu prüfen, ob abgesandte fristwahrende Schriftsätze den jeweiligen Empfängern in dem fraglichen Zeitraum seit dem 21. Mai 2003 auch zugegangen waren. Sie hätten sich durch entsprechende Rückfragen bei diesen Empfängern Klarheit verschaffen und ggf. hierauf reagieren müssen. Ein solches Vorgehen war ihnen zuzumuten. Die Zeitspanne, in welcher das Telefax eine Störung aufwies, ließ sich exakt präzisieren und betrug mit rund sieben Wochen auch noch eine überschaubare Dauer, die sich anhand der Fristenkontrollbücher leichthin nachvollziehen ließ. Das ist insbesondere für Übermittlungsversuche wie jene im Streitfall zu erwarten, in denen die Prozessbevollmächtigten darauf verzichtet haben, der Übermittlung mittels Telefax eine Übersendung auch des Originalschriftsatzes nachfolgen zu lassen. Im Streitfall kommt hinzu, dass die im Ergebnis fehlgeschlagene Übermittlung an den BFH nach Darstellung der Klägerin nur wenige Tage vor der Fehleraufdeckung erfolgt war und insofern besonderer Anlass bestand, entsprechend nachzufragen. Die Prozessbevollmächtigten konnten angesichts dessen nicht darauf vertrauen, die Übermittlungen würden ihre Empfänger schon erreicht haben und diese würden sich andernfalls --wie im Streitfall der BFH-- ihrerseits melden. Es ist von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern im Rahmen ihres ordnungsmäßigen Bürobetriebs vielmehr zu erwarten, dass sie in derartigen Ausnahmefällen, wie sie sich im Streitfall infolge des defekten Telefaxgeräts in ihrer Verantwortungssphäre ereignet haben, beizeiten von sich aus tätig werden.
Hätten die Bevollmächtigten dadurch aber bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt (vgl. dazu z.B. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2000 I B 116/00, BFH/NV 2001, 481; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 56 FGO Tz. 20, jew. m.w.N.) von der Fristversäumnis bereits kurze Zeit --spätestens etwa eine Woche-- nach dem 11. Juli 2003 Kenntnis erlangen können und müssen, fiel in diesem Zeitpunkt, nicht aber erst am 29. Juli 2003 infolge der Mitteilung des Gerichts, das Hindernis für die Fristversäumnis weg und begann die zweiwöchige Antragsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO zu laufen. Am 12. August 2003 --mehr als einen Monat nach der Aufdeckung des technischen Fehlers--, als der Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde, war diese Frist jedenfalls abgelaufen und wurde sie versäumt, ohne dass hierfür ein abermaliger Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht worden oder ersichtlich wäre.
Ende der Entscheidung
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