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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.02.2003
Aktenzeichen: I R 46/01
Rechtsgebiete: KStG
Vorschriften:
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 |
2. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung vorgelegen haben und angestellt worden sind.
3. Die Höhe der angemessenen Bezüge ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des Angemessenen sich auf eine Bandbreite von Beträgen erstrecken kann. Unangemessen sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen.
4. Die Entscheidung darüber, wie ein ordentlicher Geschäftsleiter eine gewinnabhängige Vergütung bemessen und ggf. nach oben begrenzt hätte, obliegt im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich dem FG. Dessen Würdigung ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar.
5. Steht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum, so kann es bei Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung geboten sein, diese auf einen bestimmten Höchstbetrag zu begrenzen.
6. Arbeitet ein Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich für weitere Unternehmen, so ist dies bei der Bestimmung des angemessenen Gehalts in der Regel mindernd zu berücksichtigen.
7. Ist die Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers angemessen, so muss nicht schon deshalb eine vGA vorliegen, weil die Vergütung zu mehr als 25 v.H. aus variablen Anteilen besteht.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine in der Baubranche tätige GmbH. Ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war im Streitjahr (1994) S. Die Klägerin ist im Jahr 1989 durch Umwandlung des bis dahin von S geführten Einzelunternehmens entstanden, das in den Vorjahren Gewinne in Höhe von 1 342 760 DM (1986), 365 360 DM (1987) und 1 569 543 DM (1988) erzielt hatte.
In dem seit 1992 geltenden (geänderten) Geschäftsführer-Anstellungsvertrag war dem S zunächst ein Festgehalt in Höhe von 39 000 DM monatlich sowie eine Tantieme zugesagt worden, die sich auf 25 v.H. des 2 Mio. DM übersteigenden Gewinns vor Ertragsteuer belaufen sollte. Im Streitjahr (1994) wurde das Festgehalt erhöht, und zwar ab 1. September auf 60 000 DM monatlich; ferner wurden S eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts zugesagt und die Gratifikation für 1994 auf 46 000 DM festgelegt. Darüber hinaus war S schon im Jahr 1989 eine Pension in Höhe von 45 v.H. der ihm zuletzt gezahlten monatlichen Bezüge zugesagt worden; die fiktive Jahresnettoprämie für die Pensionszusage belief sich im Streitjahr auf 116 586 DM.
Die Klägerin hatte in den Jahren seit 1989 drei (1989), vier (1990), fünf (1992), sechs (1993), acht (1994 und 1995), neun (1996 und 1997) und zehn (1998) Mitarbeiter. Sie erzielte Umsätze von ca. 12 Mio. DM (1990 und 1996) bis ca. 35,5 Mio. DM (1993) --im Streitjahr einen solchen in Höhe von 34 955 000 DM-- und Handelsbilanzgewinne von ca. 500 000 DM (1996 und 1997) bis 3 517 184 DM (Streitjahr). Hiervon ausgehend berechnete sie die Tantieme des S, indem sie den Handelsbilanzgewinnen die Gewerbeertragsteuer, die Körperschaftsteuer sowie den Solidaritätszuschlag, die Zinsabschlagsteuer und die gebuchte Tantieme hinzurechnete, von dem so ermittelten Gesamtgewinn 2 Mio. DM abzog und auf den Differenzbetrag den vereinbarten Tantiemesatz von 25 v.H. anwendete. Diese Berechnung führte für das Streitjahr --bei Berücksichtigung der sonstigen Leistungen an S einschließlich der fiktiven Jahresnettoprämie für die zugesagte Pension-- zu einer Tantieme in Höhe von 1 811 217 DM und zu einer Gesamtvergütung in Höhe von 2 528 965 DM. In den Folgejahren fielen nach den Feststellungen des FG sowohl die Tantiemen (1995: 474 125 DM; 1996: 0 DM; 1997: 0 DM; 1998: 94 210 DM) als auch die Gesamtvergütungen (1995: 1 388 352 DM; 1996: 925 765 DM; 1997: 937 725 DM; 1998: 572 283 DM) niedriger aus.
S war zugleich Gesellschafter und Geschäftsführer der O-GmbH, die ein Unternehmen im Bereich Hochbau betrieb. In dieser Eigenschaft erhielt er ein Festgehalt von 6 000 DM monatlich sowie ebenfalls eine Tantieme; außerdem hatte ihm auch die O-GmbH eine Pensionszusage erteilt. Die laufenden Bezüge des S für seine Tätigkeit bei der O-GmbH beliefen sich im Streitjahr auf 158 808 DM, seine Gesamtbezüge einschließlich des Betrags für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs und der Jahresnettoprämie für die Pension auf 213 609 DM.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass die auf die Klägerin entfallenden Gesamtbezüge des S im Streitjahr unangemessen hoch gewesen seien. Dabei ging er davon aus, dass für einen Gesellschafter-Geschäftsführer allenfalls eine Gesamtausstattung in Höhe von 800 000 DM angemessen sei und dass ein für mehrere Gesellschaften tätiger Geschäftsführer diesen Betrag nur einmal ausschöpfen dürfe. Deshalb belaufe sich die steuerlich anzuerkennende Gesamtausstattung des S auf 800 000 DM ./. 213 609 DM (Vergütung O-GmbH) = 585 391 DM; in Höhe der Differenz zwischen den auf die Klägerin entfallenden Bezügen (2 528 965 DM) und diesem Betrag liege eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor. Das FA erließ gegenüber der Klägerin einen Körperschaftsteuerbescheid und einen Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr, denen diese Auffassung zu Grunde liegt.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage gegen diese Bescheide teilweise statt. Es nahm einerseits an, dass die angemessene Gesamtausstattung des S sich höchstens auf 1 Mio. DM jährlich belaufen könne, alle darüber hinausgehenden Leistungen also als vGA zu werten seien. Soweit der Gesamtbetrag von 1 Mio. DM nicht überschritten sei, liege andererseits im Streitfall keine vGA vor. Das gelte auch hinsichtlich der an S gezahlten Tantieme; diese sei insbesondere nicht deshalb vollständig oder teilweise als vGA zu beurteilen, weil sie sich auf mehr als 25 v.H. der Gesamtbezüge des S belaufen habe. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das FG. Dessen tatsächliche Feststellungen lassen keine abschließende Beantwortung der Frage zu, ob im Streitfall über den vom FG angesetzten Umfang hinaus eine vGA vorliegt.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass aus steuerrechtlicher Sicht eine vGA gegeben ist, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für dessen Tätigkeit unangemessen hohe Bezüge gewährt. In diesem Sinne "unangemessen" sind Bezüge, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter ansonsten vergleichbaren Umständen einem Fremdgeschäftsführer nicht gewährt hätte. Liegt unter Berücksichtigung dieses Kriteriums eine vGA vor, so ist die hierdurch verursachte Minderung des Unterschiedsbetrages i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) außerhalb der Bilanz zu korrigieren.
2. Ebenso hat das FG richtig erkannt, dass der hiernach anzustellende Fremdvergleich sich u.a. auf die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers beziehen muss. Darunter ist die Summe aller Vorteile zu verstehen, die der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem jeweils maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Kapitalgesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezogen hat. Gehört zu diesen Vorteilen eine Pensionszusage, so ist diese bei der Berechnung der Gesamtausstattung mit der fiktiven Jahresnettoprämie für eine entsprechende Versicherung anzusetzen.
3. Im Streitfall beläuft sich die Gesamtausstattung des S in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin auf 2 528 965 DM. Zusätzlich hat S von der O-GmbH, bei der er ebenfalls Gesellschafter und Geschäftsführer war, im Streitjahr 213 609 DM bezogen. Das FG hat gemeint, dass für S eine Gesamtausstattung in Höhe von 1 Mio. DM angemessen gewesen sei und dass die von der O-GmbH stammenden Leistungen keinen Abschlag von diesem Betrag rechtfertigten. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur zum Teil stand.
a) Für die Bemessung der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers gibt es keine festen Regeln. Der angemessene Betrag ist vielmehr im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln (Senatsurteile vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549; vom 28. November 2001 I R 44/00, BFH/NV 2002, 543; Senatsbeschluss vom 18. März 2002 I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176). Bei dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als "angemessen" angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFH/NV 2002, 134, 138, unter III.A.2.d ee der Entscheidungsgründe). Unangemessen im Sinne einer vGA sind dann nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen (Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549).
b) Wo im konkreten Einzelfall die Grenze zwischen (noch) angemessenen und (schon) unangemessenen Gesamtbezügen verläuft, müssen das FA und ggf. das FG im Wege der Schätzung ermitteln (Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549, 550). Die vom FG vorgenommene Schätzung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das FG verfahrensfehlerfrei vorgegangen ist, ob es insbesondere alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Oktober 1995 I B 14/95, BFH/NV 1996, 339, 340) und ob es diese Umstände ohne Denkfehler oder Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze ausgewertet hat. Ist dies geschehen, so muss sie auch dann Bestand haben, wenn sich aus den vorhandenen Schätzungsgrundlagen gleichermaßen andere Beträge hätten ableiten lassen.
c) Zu den Maßstäben für die Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung können u.a. diejenigen Entgelte gehören, die gesellschaftsfremde Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder die ---unter ansonsten vergleichbaren Bedingungen-- an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden (externer Fremdvergleich). In diesem Sinne können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 I R 37/01, BFHE 199, 536, BFH/NV 2003, 269; Senatsbeschluss vom 14. Juli 1999 I B 91/98, BFH/NV 1999, 1645). Fehlt es an hinreichend aussagefähigen Vergleichswerten, so ist ein hypothetischer Fremdvergleich erforderlich, der sich an den mutmaßlichen Überlegungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters orientiert.
Jedoch darf bei keiner dieser Vergleichsmethoden allein darauf abgestellt werden, ob sich die vereinbarte Vergütung bei rückschauender Betrachtung als angemessen erweist. Maßgebender zeitlicher Bezugspunkt ist vielmehr grundsätzlich derjenige, in dem die zu beurteilende Gehaltsvereinbarung abgeschlossen wurde.
d) Besteht die Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers zum Teil aus variablen Bezügen, so kann deren Angemessenheit oftmals nicht isoliert von der Gesamtvergütung des betreffenden Geschäftsführers beurteilt werden. Das gilt namentlich dann, wenn --wie im Streitfall-- eine Zahlung von Gewinntantiemen vereinbart worden ist. Hier wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter regelmäßig darauf achten, dass die Tantieme in Verbindung mit den übrigen Gehaltsbestandteilen nicht zu einer unangemessen hohen Gesamtausstattung führt. Dazu kann er beispielsweise eine Prognose über die zukünftigen Gewinnaussichten der Gesellschaft anstellen und auf dieser Basis ermitteln, bei welchem Tantiemesatz sich die angestrebte angemessene Gesamtausstattung ergibt (vgl. hierzu Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Wurde eine solche Prognose im Einzelfall nicht angestellt oder lässt sie sich im Besteuerungsverfahren nicht mehr in tragfähiger Weise rekonstruieren, so kann die Tantiemevereinbarung zwar dennoch steuerlich anzuerkennen sein, wenn der Tantiemesatz als solcher einem Fremdvergleich standhält; es kann dann aber die Annahme gerechtfertigt sein, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter zur Vermeidung einer unkalkulierbaren Gehaltsentwicklung die Gesamtbezüge auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzt hätte. In einem solchen Fall liegt, soweit die Gesamtbezüge den anzusetzenden Höchstbetrag überschreiten, steuerrechtlich eine vGA vor. Die Entscheidung, wie der Fremdvergleich im Einzelfall durchzuführen ist, obliegt grundsätzlich dem FG.
e) Im Rahmen der gebotenen Überprüfung ist schließlich zu bedenken, dass die Vereinbarung einer Gewinntantieme mit besonderen Gefahren für die Gesellschaft verbunden sein kann, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum steht. In einem solchen Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter beachten, dass eine variable Vergütung bei günstiger Geschäftsentwicklung unter Umständen in Größenordnungen vorstoßen kann, die den Bereich des im Wirtschaftsleben Üblichen deutlich übersteigen und die Leistung des betreffenden Arbeitnehmers nicht mehr zutreffend widerspiegeln. Zur Vermeidung einer solchen Entwicklung würde er möglicherweise fordern, dass variable Gehaltsbestandteile auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzt ("gedeckelt") werden. Das Fehlen einer hiernach erforderlichen Begrenzung führt zwar ebenfalls nicht dazu, dass der Anstellungsvertrag oder die darin enthaltene Tantiemevereinbarung insgesamt steuerlich nicht anzuerkennen sind. Jedoch sind in einem solchen Fall die über den "Deckelungsbetrag" hinausgehenden Leistungen der Gesellschaft vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Ob und ggf. bei welchem Betrag unter diesem Gesichtspunkt die Grenze zur Unangemessenheit überschritten ist, muss das FG anhand aller Umstände des Einzelfalls beurteilen.
f) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Annahme des FG, dass im Streitfall die Obergrenze der Gesamtausstattung des S mit 1 Mio. DM anzusetzen sei, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Ansicht des FA, dass das FG diese Grenze richtigerweise bei 800 000 DM hätte ziehen müssen, vermag der Senat nicht beizupflichten.
aa) Das FG ist davon ausgegangen, dass das im Streitjahr an S gezahlte Festgehalt bereits einen Anteil am Gewinn der Klägerin enthalte und insoweit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Dies hat es vor allem aus der Gehaltsentwicklung in den Vorjahren sowie daraus abgeleitet, dass bei einem späteren Rückgang der Umsätze und Gewinne der Klägerin (1997/1998) das Gehalt des S wieder abgesenkt wurde. Es hat jedoch andererseits den vereinbarten Tantiemesatz anerkannt und sich dazu auf Gehaltsstrukturuntersuchungen berufen, nach denen Gewinntantiemen in Höhe von 25 v.H. des Gewinns vor Steuern im Wirtschaftsleben häufig anzutreffen sind (vgl. dazu z.B. Tänzer, GmbH-Rundschau 1996, 40, 42; Haun in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, Abschn. 4 Rz. 15). Diese Ausführungen, die letztlich auch das FA nicht beanstandet, sind frei von Rechtsfehlern.
Folgt man ihnen, so führt einerseits die Tantiemevereinbarung nicht aufgrund des Tantiemesatzes zu einer vGA. Andererseits ergab sich aus ihr infolge der besonders guten Ertragslage der Klägerin eine Gesamtausstattung des S, die nach Ansicht des FG unter fremden Dritten nicht akzeptiert worden wäre. Denn die Bemessungsgrundlage der Tantieme belief sich nach den --vom FA nicht angegriffenen-- Berechnungen des FG auf (9 244 870 DM ./. 2 Mio. DM =) 7 244 870 DM, was bei einem Satz von 25 v.H. zu einer Tantieme von 1 812 175 DM führt. Hinzu kommen die Pensionszusage sowie ein angemessenes Festgehalt, auf dessen Bezifferung das FG --von seinem Standpunkt aus folgerichtig-- verzichtet hat. Unabhängig von der Höhe des insoweit angemessenen Betrags hätte nämlich die Summe derjenigen Gehaltsbestandteile, die bei getrennter Betrachtung als angemessen erschienen, deutlich über der vom FG gesetzten Grenze von 1 Mio. DM gelegen.
bb) Den Höchstbetrag der angemessenen Gesamtbezüge hat das FG ebenfalls in rechtsfehlerfreier Weise ermittelt. Es ist unter Berücksichtigung mehrerer Gehaltsstrukturuntersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Fremdgeschäftsführer eines mit der Klägerin nach Größe, Struktur und Ertragskraft vergleichbaren Unternehmens äußerstenfalls 1 Mio. DM jährlich erhalten hätte. Darin hat es sich zusätzlich durch den Umstand bestätigt gesehen, dass ein Prokurist der O-GmbH im Jahr 1999 insgesamt (Festgehalt zuzüglich Umsatzprovision) 410 000 DM bezogen hat; hierzu hat es angenommen, dass die Dotierung eines Geschäftsführers mit dem 2,5fachen der Bezüge eines sonstigen leitenden Angestellten nicht übersetzt sei. Diese Beurteilung mag nicht die einzig mögliche sein; sie leidet aber weder unter Verfahrensfehlern noch unter einem Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und ist deshalb revisionsrechtlich bindend.
cc) Das FA zieht die dargestellte Würdigung seitens des FG zwar unter verschiedenen Gesichtspunkten in Zweifel. Es verweist u.a. darauf, dass nach den vom FG ausgewerteten Unterlagen das Jahreshöchstgehalt für ein Unternehmen in der Branche der Klägerin bei 658 000 DM gelegen habe und dass eine Gesamtausstattung von 1 Mio. DM allenfalls bei Geschäftsführern erheblich größerer Unternehmen anerkannt werden könne. Damit kann es jedoch schon deshalb nicht durchdringen, weil die Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse und das Gebot der am Einzelfall orientierten Betrachtung jede pauschale Bewertung von Vergleichsdaten ausschließen (Senatsbeschluss vom 1. Dezember 1993 I B 158/93, BFH/NV 1994, 740). Das gilt auch für Daten aus Gehaltsstrukturuntersuchungen: Das FG ist zwar berechtigt und ggf. verpflichtet, solche Untersuchungen zu berücksichtigen; es kann aber gleichwohl zu dem Ergebnis kommen, dass die von ihm zu beurteilende Gestaltung Besonderheiten aufweist, die eine mehr oder weniger große Abweichung von den Untersuchungsergebnissen rechtfertigen. Das ist die im Streitfall gegebene Situation.
g) Die vom FG vorgenommene Würdigung widerspricht nicht der Rechtsprechung des Senats, nach der ein Gesellschafter-Geschäftsführer variable Bezüge regelmäßig nur insoweit akzeptieren wird, als sie 25 v.H. der Gesamtausstattung nicht überschreiten (Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Denn diese Rechtsprechung besagt nicht, dass der Höhe nach angemessene Gesamtbezüge generell allein deshalb teilweise vGA sind, weil sie zu mehr als 25 v.H. aus Tantiemen bestehen. Vielmehr muss in einer solchen Situation jeweils im Einzelfall ermittelt werden, ob ein höherer Tantiemeanteil darauf hinweist, dass die gewählte Gestaltung in ihrer Gesamtheit oder ggf. in Teilen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Eine solche Veranlassung kann namentlich dann zu verneinen sein, wenn die Ertragslage der Kapitalgesellschaft starken Schwankungen unterliegt (vgl. Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 1. Februar 2002, BStBl I 2002, 219 Tz. 3). Letztlich ist jedoch auch insoweit eine Würdigung der konkret getroffenen Vereinbarung erforderlich, die im Grundsatz dem FG obliegt.
Im Streitfall hat sich das FG mit der Frage des Verhältnisses zwischen variablen Bezügen und Gesamtausstattung des S auseinander gesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass aus der Relation zwischen beiden Größen eine Veranlassung der Tantiemevereinbarung im Gesellschaftsverhältnis nicht abzuleiten sei. Zur Begründung hat es vor allem darauf abgehoben, dass bei stark schwankenden Erträgen die Vereinbarung eines verhältnismäßig hohen variablen Vergütungsanteils sachgerecht sei und dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspreche. Auf die Perspektive des S ist es in diesem Zusammenhang zwar nicht ausdrücklich eingegangen. Doch hat es immerhin angenommen, dass das tatsächlich mit S vereinbarte Festgehalt übersetzt gewesen sei und dass sich ein angemessenes Festgehalt in einer Größenordnung von ca. 400 000 DM bewegt haben könnte. Zugleich hat es die im konkreten Fall angemessenen Gesamtbezüge mit 1 Mio. DM angesetzt. Im Ergebnis hätte also nach Überzeugung des FG auch ein Fremdgeschäftsführer der Klägerin einerseits Gesamtbezüge in Höhe von 1 Mio. DM, andererseits aber nur ein Festgehalt im Bereich von ca. 400 000 DM sowie die Pensionszusage erreichen können. Daraus folgt, dass der Differenzbetrag nur in Form einer Tantieme gezahlt worden wäre, womit die Tantieme nicht allein im Hinblick auf ihren Anteil an den Gesamtbezügen dem Fremdüblichen widerspricht. Diese Würdigung, die vom FA nicht angegriffen wird, widerspricht weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen und ist deshalb für den Senat bindend.
h) Angesichts dessen hält zwar die Annahme des FG, dass die angemessene Gesamtausstattung eines Geschäftsführers der Klägerin sich auf 1 Mio. DM belaufen habe, den Angriffen der Revision stand. Der Senat vermag dem FG jedoch nicht darin zu folgen, dass die gleichzeitige Tätigkeit des S als Geschäftsführer der O-GmbH bei der vorzunehmenden Prüfung außer Betracht bleiben müsse.
aa) Ausweislich des angefochtenen Urteils sieht das FG den Betrag von 1 Mio. DM als Obergrenze derjenigen Bandbreite an, innerhalb derer das angemessene Jahresgehalt des Geschäftsführers eines Unternehmens nach Art der Klägerin liegen kann. Geht man hiervon aus, so würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ein solches Gehalt grundsätzlich nur demjenigen Geschäftsführer gewähren, der der Gesellschaft seine gesamte Arbeitskraft widmet. Hierzu ist der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft üblicherweise verpflichtet, und gerade diese Verpflichtung rechtfertigt es u.a., bei der Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern deutlich über das Gehaltsniveau sonstiger Angestellter hinauszugehen (Senatsurteil vom 27. März 2001 I R 40/00, BFHE 195, 243, BStBl II 2001, 655). Vor diesem Hintergrund muss es im Rahmen der Angemessenheitsprüfung aber andererseits ebenso berücksichtigt werden, wenn der Geschäftsführer neben seiner Tätigkeit für die das Gehalt zahlende Kapitalgesellschaft zugleich für ein anderes Unternehmen tätig ist oder ein eigenes Unternehmen betreibt. Eine solche Nebentätigkeit würde sich unter fremden Dritten in der Regel gehaltsmindernd niederschlagen; eine Ausnahme von dieser Regel erscheint nur für Fälle denkbar, in denen gerade die anderweitige Tätigkeit des Geschäftsführers für die zu beurteilende Kapitalgesellschaft von Vorteil ist.
bb) Das FG hat einen abweichenden Standpunkt eingenommen und sich dazu u.a. auf eine Entscheidung des Senats berufen, nach der die Ausweitung einer erlaubten Nebentätigkeit nicht zur Anpassung (Verminderung) des Geschäftsführergehalts führen muss, wenn sie sich auf den Arbeitseinsatz für die Kapitalgesellschaft nicht auswirkt (Urteil vom 18. August 1999 I R 10/99, BFH/NV 2000, 225). Diese Entscheidung ist jedoch im Streitfall nicht einschlägig. In dem dort beurteilten Fall bezog der Geschäftsführer ein Monatsgehalt von lediglich 4 000 DM; er musste andererseits der Gesellschaft seine Arbeitskraft nur insoweit zur Verfügung stellen, "soweit nichts Abweichendes geregelt" war, und war für die in Rede stehende Nebentätigkeit ausdrücklich freigestellt. Angesichts dessen hat der Senat entschieden, dass die Freistellung auch die erweiterte Nebentätigkeit umfasse, solange durch die Erweiterung der Arbeitseinsatz für die Kapitalgesellschaft nicht beeinträchtigt werde. Eine vergleichbare Situation besteht im Streitfall nicht.
Ebenso kann nicht die vom FG angestellte Überlegung durchgreifen, dass die Tätigkeit des S für die O-GmbH im Streitfall deshalb außer Betracht bleiben müsse, weil die verschiedenen Dienstverhältnisse mit unterschiedlichen juristischen Personen gesondert abgeschlossen und durchgeführt worden seien. Darauf kann es für die Frage danach, zu welchen Absprachen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin bereit gewesen wäre, nicht ankommen. Abgesehen davon weist das FA zu Recht darauf hin, dass eine solchen Betrachtung zu widersinnigen Ergebnissen führt, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer für eine Vielzahl von Gesellschaften tätig ist. Die Annahme, dass in einem solchen Fall der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter jeder dieser Gesellschaften ihm das jeweils individuell ermittelte Höchstgehalt zahlen würde, widerspricht den wirtschaftlichen Gegebenheiten und würde zudem in sachwidriger Weise Ausweichgestaltungen ermöglichen. Angesichts dessen muss in allen Fällen, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer weiteren Berufstätigkeiten nachgeht, dieser Umstand in die Ermittlung des für ihn angemessenen Gehalts einbezogen werden.
cc) Das bedeutet für den Streitfall allerdings nicht, dass das vom FG angesetzte Gehalt notwendigerweise um die von der O-GmbH gezahlten Bezüge des S zu kürzen ist. Denn da S nach den Feststellungen des FG auch die O-GmbH beherrschte, kann die von dieser gezahlte Vergütung ebenfalls unangemessen hoch gewesen sein. Welcher Betrag letztlich als vGA zu behandeln ist, wird vor allem davon abhängen, in welchem Umfang S für die einzelnen Gesellschaften tätig war und wie die Mehrfachbelastung des S von den beiden Gesellschaften berücksichtigt worden wäre, wenn S ihnen gegenüber fremder Dritter gewesen wäre. Hierzu hat das FG, von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Ebenso hat es nicht festgestellt, ob S zusätzlich weiteren Beschäftigungen nachgegangen ist, wie sich dies ggf. auf seinen Arbeitseinsatz für die Klägerin ausgewirkt hat und welche Schlussfolgerungen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin hieraus gezogen hätte. Da solche Feststellungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können, muss das Verfahren zu diesem Zweck gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen werden.
Ende der Entscheidung
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