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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: I R 46/03
Rechtsgebiete: EStG 1990, DBA-Spanien


Vorschriften:

EStG 1990 § 1 Abs. 1
EStG 1990 § 32b Abs. 1 Nr. 2
DBA-Spanien Art. 15 Abs. 1
DBA-Spanien Art. 15 Abs. 2
DBA-Spanien Art. 16
DBA-Spanien Art. 23 Abs. 1 Buchst. a
1. Wird ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer von seinem deutschen Arbeitgeber in den Verwaltungsrat ("Consejo de administración") einer spanischen Gesellschaft entsandt, ohne für die dortige Tätigkeit eine besondere Vergütung zu erhalten, so ist sein von seinem deutschen Arbeitgeber gezahlter Arbeitslohn nicht anteilig nach Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 DBA-Spanien steuerfrei.

2. Entsendet eine inländische Gesellschaft einen ihrer Arbeitnehmer zu einer spanischen Tochtergesellschaft und erstattet ihr diese denjenigen Teil des Arbeitslohns, der auf die für sie in Spanien ausgeübte Tätigkeit entfällt, so wird hierdurch die Tochtergesellschaft nicht notwendig zur Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinne. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei der Tochtergesellschaft in deren Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf der Tochtergesellschaft eingebunden ist.

3. Wird der Arbeitnehmer einer inländischen Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) zeitweilig für deren spanische Tochtergesellschaft tätig und erstattet diese der Muttergesellschaft zeitanteilig den von ihr gezahlten Arbeitslohn, so wird dieser Teil des Arbeitlohns regelmäßig "für die Tochtergesellschaft" gezahlt. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch, wenn die Tochtergesellschaft einem nicht von der Muttergesellschaft entsandten Arbeitnehmer nur geringere Bezüge zugestanden hätte.


Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (1994) einen inländischen Wohnsitz hatten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger bezog als Vorstandsmitglied der A Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er wurde u.a. bei einer spanischen Tochtergesellschaft der A (nachfolgend: T) tätig und hielt sich zu diesem Zweck an 124 Arbeitstagen des Streitjahres in Spanien auf. Die Beteiligten streiten darüber, ob die auf diese Tage entfallenden Einkünfte des Klägers durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 5. Dezember 1966 (DBA-Spanien) unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freizustellen sind.

Die A hatte den Kläger, der schon zuvor dem "Consejo de administración" der T angehört hatte, vom 1. Februar 1994 an als Vertreter der Konzernleitung mit bestimmten Aufgaben bei der T beauftragt. Am 25. März 1994 wurde der Kläger zum Mitglied der "comisión permanente" der T ernannt, die die bei der T durchgeführten Sanierungsmaßnahmen leitete. Er war daraufhin u.a. mit Fragen der Produktion und des Einkaufs der T befasst; so wirkte er u.a. an der Verbesserung von Produktionsabläufen und an der Entwicklung neuer T-Modelle sowie an der Ermittlung von Einsparpotentialen und an der ortsnahen Ansiedlung von Lieferanten der T mit. Die auf diese Aufgaben entfallende Arbeitszeit belief sich nach Schätzung des Klägers auf 40 v.H. seiner Gesamtarbeitszeit.

Die A zahlte dem Kläger weiterhin seine vollen Vorstandsbezüge aus, behielt jedoch von dem auf die Tätigkeit in Spanien entfallenden Anteil (40 v.H.) keine Lohnsteuer ein. Vielmehr unterwarf T den entsprechenden Betrag der spanischen Quellensteuer. Der danach verbleibende Nettobetrag der anteiligen Bezüge wurde konzernintern zwischen A und T verrechnet.

Die Kläger behandelten in ihrer Einkommensteuererklärung die auf die Tätigkeit in Spanien entfallenden Bezüge als in Deutschland steuerfrei. Demgegenüber nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) an, dass der gesamte Arbeitslohn des Klägers in Deutschland versteuert und nur die spanische Steuer angerechnet werden müsse. Er erließ auf dieser Basis einen Einkommensteuerbescheid, den die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage angriffen. Im Verlauf des Klageverfahrens hat das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen, den die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben.

Das Finanzgericht (FG) hat die von den Klägern erhobene Klage abgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid 1994 zu ändern und dabei den steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers um ... DM zu vermindern sowie einen anteiligen Arbeitslohn von ... DM dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Dessen Feststellungen lassen eine abschließende Beantwortung der Frage, ob und ggf. inwieweit der Arbeitslohn des Klägers in Deutschland steuerfrei ist, nicht zu.

1. Das FG hat festgestellt, dass der Kläger im Streitjahr im Inland einen Wohnsitz hatte. Der Kläger war mithin gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes unbeschränkt steuerpflichtig mit der Folge, dass er mit allen im Streitjahr erzielten Einkünften der Einkommensteuer unterliegt.

2. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Spanien werden jedoch bei einer in Deutschland ansässigen Person u.a. diejenigen Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, die nach dem Abkommen in Spanien besteuert werden können, sofern nicht Buchst. b der Vorschrift eingreift. Diese Regelung ist im Streitfall einschlägig, da nach den Feststellungen des FG anzunehmen ist, dass der Kläger im Streitjahr seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hatte und deshalb jedenfalls nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien in Deutschland ansässig war. Davon gehen auch die Beteiligten ersichtlich aus. Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien ist im Streitfall nicht anwendbar, da es hier um das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit geht und diese dort nicht aufgeführt sind. Daraus folgt im Ergebnis, dass die Einkünfte des Klägers von der Einkommensteuer freigestellt sind, wenn sie erstens aus Quellen innerhalb Spaniens stammen und zweitens abkommensrechtlich in Spanien besteuert werden können.

3. Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich das demnach maßgebliche Besteuerungsrecht Spaniens nicht aus Art. 16 DBA-Spanien ergibt. Danach können zwar Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in Deutschland ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats einer spanischen Gesellschaft bezieht, in Spanien besteuert werden. Eine solche Vergütung hat der Kläger jedoch nicht bezogen.

Der Kläger war allerdings nach den Feststellungen des FG im Streitjahr Mitglied des "Consejo de administración" der T, eines Gremiums, dessen Bezeichnung mit "Verwaltungsrat" übersetzt werden kann. Zudem weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass nach der spanischen Fassung des Abkommens dessen Art. 16 u.a. die Vergütungen eines "miembro de un Consejo de administración" erfasst (BGBl II 1968, 10, 19). Das spricht dafür, dass Vergütungen für die Mitarbeit im "Consejo de administración" einer spanischen Gesellschaft abkommensrechtlich dem Besteuerungsrecht Spaniens unterfallen. Dass dieses Gremium sich möglicherweise seiner Funktion nach von dem Aufsichtsrat deutschen Rechts unterscheidet (vgl. dazu Fischer/Fischer, Spanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1995, S. 119 f.), steht dem nicht zwingend entgegen.

Doch kann diese Frage im Streitfall offen bleiben. Denn jedenfalls hat der Kläger weder die hier zu beurteilende Vergütung in ihrer Gesamtheit noch einen abgrenzbaren Teil davon ausschließlich für seine Tätigkeit im "Consejo de administración" der T erhalten. Das FG hat vielmehr festgestellt, dass A dem Kläger lediglich seine Vorstandsbezüge fortgezahlt hat, mit denen seine Tätigkeit im Rahmen der T abgegolten war; diese Feststellung ist nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Zudem ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass der Kläger schon im Jahr 1993 in den "Consejo de administración" der T berufen worden war, ohne dass T ihm für seine dortige Tätigkeit eine gesonderte Vergütung gezahlt oder der A einen Teil der Vorstandsbezüge erstattet hat; das spricht dafür, dass diese Tätigkeit mit den von A gezahlten Bezügen abgegolten war. Auf einen solchen Sachverhalt ist Art. 16 DBA-Spanien nicht anwendbar. Die Vorschrift bezieht sich vielmehr nur auf Vergütungen, die speziell für die Mitwirkung in einem der dort genannten Gremien gezahlt werden; es ist nicht zulässig, ein für eine Gesamttätigkeit gezahltes einheitliches Entgelt aufzuspalten und anteilig Art. 16 DBA-Spanien zuzuordnen (Senatsbeschluss vom 27. April 2000 I B 114/99, BFH/NV 2001, 6; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 16 MA Rz. 18). Angesichts dessen lässt sich das von den Klägern angestrebte Ergebnis nicht auf Art. 16 DBA-Spanien stützen.

4. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Spanien können jedoch Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in Deutschland ansässige Person aus einer in Spanien ausgeübten nichtselbständigen Arbeit bezieht, grundsätzlich in Spanien besteuert werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 DBA-Spanien; liegen sie vor, so unterfallen die betreffenden Vergütungen ausschließlich dem deutschen Besteuerungsrecht. Das FG hat Art. 15 Abs. 2 DBA-Spanien für im Streitfall durchgreifend erachtet und dazu ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 Buchst. a und c DBA-Spanien zweifelsfrei erfüllt seien, im Ergebnis aber auch diejenige des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien gegeben sei. Ersteres ist zutreffend und nicht weiter darlegungsbedürftig; Letzteres wird jedoch von den Feststellungen des FG nicht getragen.

a) Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien macht für einen in Deutschland ansässigen Arbeitnehmer mit Einkünften aus einer in Spanien ausgeübten Tätigkeit das ausschließliche deutsche Besteuerungsrecht davon abhängig, dass die Vergütung von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt wurde, der nicht in Spanien ansässig ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht schon deshalb erfüllt, weil die streitgegenständliche Vergütung von der in Deutschland ansässigen A gezahlt wurde. Zwar bestand das zivilrechtliche Arbeitsverhältnis zwischen A und dem Kläger während derjenigen Zeiten, in denen sich der Kläger in Spanien aufhielt, unverändert fort. Daran knüpft jedoch der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff nicht an. "Arbeitgeber" i.S. des Abkommensrechts kann nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere natürliche oder juristische Person sein, die die Vergütung für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt (Senatsurteile vom 29. Januar 1986 I R 109/85, BFHE 146, 141, BStBl II 1986, 442, betr. DBA-Schweden; vom 15. März 2000 I R 28/99, BFHE 191, 325, BStBl II 2002, 238, betr. DBA-Belgien). Diesem "wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff" folgt auch Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien (Senatsurteil vom 21. August 1985 I R 63/80, BFHE 144, 428, BStBl II 1986, 4).

b) Der genannte Grundsatz gilt u.a. im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmern innerhalb eines Konzerns. Er greift auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei einem konzernangehörigen Unternehmen (entsendendes Unternehmen) angestellt ist und abwechselnd sowohl für dieses als auch für ein weiteres Konzernunternehmen (aufnehmendes Unternehmen) arbeitet, wobei das aufnehmende dem entsendenden Unternehmen den von diesem gezahlten Arbeitslohn anteilig ersetzt. In einem solchen Fall sind ggf. sowohl das entsendende als auch das aufnehmende Unternehmen abkommensrechtlich "Arbeitgeber" des betreffenden Arbeitnehmers, so dass dessen Arbeitslohn i.S. des Art. 15 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien anteilig von den verschiedenen Arbeitgeber-Unternehmen "gezahlt wird" (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15 MA Rz. 120). Ist das entsendende Unternehmen in Deutschland und das aufnehmende in Spanien ansässig, so kann der Arbeitslohn anteilig in Deutschland steuerbefreit sein.

c) Im Streitfall haben ausweislich des angefochtenen Urteils sowohl A als auch T bestätigt, dass T der A denjenigen Teil des an den Kläger gezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der rechnerisch auf die Arbeitszeit des Klägers in Spanien entfiel. Das FG hat nicht festgestellt, dass diese Bestätigungen nicht verwertbar oder unglaubhaft seien; deshalb ist im Revisionsverfahren zu Gunsten der Kläger davon auszugehen, dass eine Verrechnung tatsächlich stattgefunden hat und dass der verrechnete Betrag nicht Bestandteil des Preises für eine von A erbrachte anderweitige Leistung war, sondern sich konkret auf die an den Kläger gezahlte Vergütung bezog. Unter diesen Voraussetzungen hätte T den der A erstatteten Teil der Vergütung, um den es im Streitfall geht, wirtschaftlich getragen (vgl. Senatsurteil in BFHE 144, 428, BStBl II 1986, 4). Das könnte zur Folge haben, dass der betreffende Teil des Arbeitslohns i.S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien "für T gezahlt" worden ist. Entgegen der Ansicht des FG ist hierfür eine förmliche Änderung des Dienstvertrags zwischen dem Kläger und A ebenso wenig erforderlich wie der Abschluss eines zusätzlichen Arbeitsvertrags zwischen dem Kläger und T oder eine im Vorhinein getroffene Verrechnungsabrede zwischen A und T.

d) Eine konzerninterne Entsendung kann allerdings nur dann zu einem Wechsel der Arbeitgeberstellung führen, wenn der betreffende Arbeitnehmer nicht nur "in" dem aufnehmenden Unternehmen, sondern auch "für" dieses tätig wird. Ob dieses Merkmal im Streitfall gegeben ist, kann anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden.

aa) Ob im Fall der konzerninternen Arbeitnehmerentsendung das entsendende oder das aufnehmende Unternehmen "Arbeitgeber" des entsandten Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinne ist, hängt zum einen davon ab, in wessen Interesse und auf wessen Betreiben die Entsendung erfolgt. Deshalb ist, wenn sie ausschließlich oder überwiegend dem entsendenden Unternehmen dient, auch bei Übernahme des Arbeitslohns durch das aufnehmende Unternehmen regelmäßig nur das entsendende Unternehmen als Arbeitgeber anzusehen (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15 MA Rz. 120; Vogelgesang in Becker/Höppner/ Grotherr/Kroppen, DBA-Kommentar, Art. 15 OECD-MA Rz. 175; Kempermann in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz, Art. 15 Rz. 51). Die hiernach maßgebliche Interessenlage ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu würdigen, was im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. Eine solche Würdigung hat das FG --von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig-- nicht vorgenommen.

Es hat allerdings festgestellt, dass die Aufgabe des Klägers bei der T darin bestand, an deren Sanierung mitzuwirken. Die Sanierung einer Kapitalgesellschaft liegt typischerweise vorrangig in deren eigenem Interesse, hinter das dasjenige des Anteilseigners bei der Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs zurücktritt (ebenso Vogelgesang in Becker/Höppner/Grotherr/ Kroppen, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz. 178). Deshalb wird im Streitfall eine Arbeitgeberstellung der T nur dann an diesem Gesichtspunkt scheitern, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Einsatz des Klägers bei T in erster Linie im Interesse der A erfolgte.

bb) Zum anderen wird bei einer Arbeitnehmerentsendung das aufnehmende Unternehmen nur dann zum Arbeitgeber im abkommensrechtlichen Sinne, wenn der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf jenes Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 191, 325, BStBl II 2002, 238, 239). Deshalb wird z.B. eine Tochtergesellschaft nicht zur wirtschaftlichen Arbeitgeberin eines Arbeitnehmers, der nicht in die bei ihr bestehende Hierarchie eingebunden ist. In einem solchen Fall wird der Arbeitnehmer ausschließlich als Vertreter der Muttergesellschaft tätig, während im Verhältnis zur Tochtergesellschaft die für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnende Abhängigkeit fehlt. Hier bleibt deshalb ebenfalls selbst dann, wenn die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft den Arbeitslohn ersetzt, letztere Arbeitgeberin i.S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Spanien.

Auch hierzu fehlt im Streitfall die notwendige einzelfallbezogene Würdigung durch das FG. Dieses hat zwar festgestellt, dass der Kläger in die "Comisión permanente" der T berufen worden war und seine Tätigkeit für T in seiner Eigenschaft als Mitglied dieses Gremiums ausgeübt hat. Es hat jedoch zum einen nicht geprüft, ob die Mitglieder der "Comisión permanente" als Arbeitnehmer der T anzusehen sind. Zum anderen ist es nicht der Frage nachgegangen, ob der Kläger eine Sonderstellung innerhalb der T inne hatte, die im Hinblick auf ihn ggf. eine abweichende Beurteilung erfordern könnte.

5. Im Ergebnis hängt mithin die Beurteilung des Streitfalls zum einen davon ab, ob die von den Klägern vorgelegte Bestätigung über die anteilige Erstattung der Bezüge des Klägers durch T inhaltlich richtig ist oder nicht. Zum anderen kommt es darauf an, in wessen Interesse der Kläger zu T entsandt worden ist und ob seine dortige Arbeit durch die für einen Arbeitnehmer kennzeichnende Weisungsabhängigkeit geprägt war oder ob der Kläger in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der A faktisch außerhalb der firmeninternen Entscheidungsstränge stand. Hinsichtlich dieser Merkmale bedarf es tatsächlicher Feststellungen, die im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können. Deshalb muss das Verfahren hierzu an das FG zurückverwiesen werden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

6. Sofern das FG bei erneuter Beurteilung zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass im Streitjahr u.a. T wirtschaftliche Arbeitgeberin des Klägers war, stammt der von T getragene Arbeitslohn zugleich "aus Quellen innerhalb Spaniens" i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Spanien. Deshalb ist in diesem Fall derjenige Teil der Bezüge des Klägers nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Spanien steuerfrei, der auf die in Spanien für T ausgeübte Tätigkeit des Klägers entfällt.

Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, wenn A und T diesen Anteil durch eine zeitanteilige Aufteilung der Gesamtbezüge des Klägers ermittelt haben. Eine zum Nachteil des Klägers abweichende Aufteilung käme aber in Betracht, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass T einem nicht von der A entsandten Arbeitnehmer unter ansonsten vergleichbaren Bedingungen nur geringere Bezüge zugestanden hätte. In einem solchen Fall wäre die Zahlung des Mehrbetrags steuerrechtlich nicht als Erstattung von Arbeitslohn, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen, die T nicht in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin erbracht hätte und die deshalb nicht in die Bemessung des "für T" gezahlten Arbeitslohns einzubeziehen wäre. Dies müsste bei der Ermittlung des steuerfreien Teils der Bezüge des Klägers berücksichtigt werden.

7. Schließlich wird das FG im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, der Frage nachzugehen, ob das auf die Tätigkeit in Spanien entfallende Entgelt des Klägers zutreffend berechnet worden ist. Die Kläger haben dazu erstinstanzlich vorgetragen, dass statt der vom FA angesetzten ... DM richtigerweise ein Betrag von ... DM anzusetzen sei. Das angefochtene Urteil enthält zu diesem Vortrag keine Ausführungen. Das wird ggf. nachzuholen sein.

8. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs ab, nach der eine Kapitalgesellschaft nicht Arbeitgeberin ihrer Geschäftsführer ist, wenn diese von ihrer Muttergesellschaft zu ihr entsandt worden sind und nur von dieser entlohnt werden (Urteil vom 19. Februar 2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620). Denn jene Rechtsprechung bezieht sich nur auf den Arbeitgeberbegriff des Lohnsteuerrechts, der von dem abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriff abweichen kann (Senatsurteil vom 24. März 1999 I R 64/98, BFHE 190, 79, BStBl II 2000, 41). Allein auf Letzteren kommt es im Streitfall an.

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