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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.01.2007
Aktenzeichen: I R 53/06
Rechtsgebiete: GewStG 2002, KStG 2002
Vorschriften:
GewStG 2002 § 7 Satz 1 | |
GewStG 2002 § 9 Nr. 2a | |
GewStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 § 9 Nr. 2a Satz 4 | |
GewStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 § 36 Abs. 8 Satz 5 Halbsatz 2 | |
KStG 2002 § 8b Abs. 1 | |
KStG 2002 § 8b Abs. 5 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2004 hälftig an einer anderen GmbH beteiligt. Die von dieser im Streitjahr ausgeschüttete Dividende blieb gemäß § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) steuerfrei; 5 v.H. der Dividende wurden allerdings nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 pauschal als nicht abziehbare Betriebsausgabe der Klägerin behandelt. Die Klägerin beanspruchte bei der Ermittlung des Gewerbeertrages in Höhe dieses Vomhundertsatzes die Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002).
Das seinerzeit zuständige Finanzamt Rosenheim (FA R) lehnte das ab. Über den Einspruch vom 1. August 2005 gegen den Gewerbesteuermessbescheid ist noch nicht entschieden; das FA R hat seinen Rechtsstandpunkt lediglich schriftsätzlich wiederholt. Die daraufhin am 29. November 2005 erhobene Anfechtungsklage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) München, Außensenate Augsburg, behandelte sie als zulässige Untätigkeitsklage, die auch begründet sei. Das Urteil vom 29. Juni 2006 6 K 4418/05 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1534 veröffentlicht.
Seine Revision stützt der (zwischenzeitlich zuständig gewordene, vgl. bayerische Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der Bayerischen Steuerverwaltung vom 1. Dezember 2005, BStBl I 2006, 167) und im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels in das Verfahren eingetretene Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) auf Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.
1. Das FG hat die als "verfrühte" Untätigkeitsklage gemäß § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhobene Anfechtungsklage trotz des fehlenden behördlichen Vorverfahrens zu Recht als zulässig angesehen. Die vorzeitig erhobene Klage ist insoweit nach Ablauf der in § 46 FGO bestimmten Sechsmonatsfrist in die Zulässigkeit hineingewachsen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. die Nachweise bei Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 46 Rz 13).
2. Die von der Klägerin vereinnahmte Dividende i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) bleibt bei der Ermittlung des Einkommens nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 und damit über § 7 Satz 1 GewStG 2002 bei der Ermittlung des Gewerbeertrages außer Ansatz. Letzteres wiederum hat --dies ergibt sich aus dem letzten Halbsatz des ersten Satzteils von § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002-- zur Folge, dass der Gewinn der Klägerin nicht (zusätzlich) gemäß § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002, dessen tatbestandliche Voraussetzungen sie ansonsten erfüllt, um die betreffende Dividende zu kürzen war.
3. Soweit 5 v.H. der in Rede stehenden und freigestellten Dividende nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, ändert sich an dem Vorstehenden nichts. Auch diese bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigende Position schlägt über § 7 Satz 1 GewStG 2002 auf die Ermittlung des Gewerbeertrages durch; auch hier scheidet eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 2002 aus. Zwar handelt es sich bei den fiktiven nichtabziehbaren Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG 2002 unbeschadet der rechtstechnischen gesetzlichen Ausgestaltung und der dadurch bedingten Umqualifizierung in pauschalierten Beteiligungsaufwand wirtschaftlich gesehen um eine Teilmenge der vereinnahmten kürzungsfähigen (Brutto-)Dividende i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002. Diese Teilmenge ist wegen § 8b Abs. 5 KStG 2002 bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden; per Saldo sind also lediglich 95 v.H. des Gewinns nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 bei der Besteuerung außer Ansatz geblieben. Gleichwohl wird die besagte Teilmenge nicht Gegenstand der Kürzung nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002. Vielmehr bleibt es infolge der gesetzlichen Umqualifizierung dabei, dass es sich hierbei nicht um Gewinn, sondern um (fiktive) Betriebsausgaben handelt, für die § 9 Nr. 2a GewStG 2002 keine Kürzungsmöglichkeit einräumt (ebenso z.B. Gocksch/Buge, Deutsches Steuerrecht 2004, 1549, 1550, 1552; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8b KStG Rz 127; Gosch, KStG, § 8 b Rz 517; derselbe in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 184; derselbe, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2006, 239; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz 108c; Schiffers, GmbH-Rundschau 2004, 69, 76; Salzmann, Internationales Steuerrecht 2006, 318; s.a. Senatsurteil vom 22. Februar 2006 I R 30/05, BFH/NV 2006, 1659; anders Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Nr. 2 a Rz 8; Starke, Finanz-Rundschau --FR-- 2005, 681; Behrens, Betriebs-Berater 2006, 813; Wendt, FR 2006, 52). Durch § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (GewStG 2002 n.F.) ist dies auch für vergangene Erhebungszeiträume (§ 36 Abs. 8 Satz 5 Halbsatz 2 GewStG 2002 n.F.) lediglich klargestellt worden.
4. Das FG hat eine abweichende Rechtsauffassung vertreten. Sein Urteil war deswegen aufzuheben; die Klage war abzuweisen.
Ende der Entscheidung
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