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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: I R 54/05
Rechtsgebiete: KStG 1999, FGO, EStG


Vorschriften:

KStG 1999 § 10 Nr. 2
KStG 1999 § 47 Abs. 1
FGO § 126a
EStG § 4 Abs. 5
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, gab in ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2000 einen Bilanzgewinn von 460 492 DM an, wovon sie einen Betrag in Höhe von 586 235 DM als Korrekturposten absetzte. Hierbei handele es sich um Schadensersatz, den der frühere Steuerberater für überhöht festgesetzte Körperschaftsteuern und Solidaritätszuschläge aufgrund fehlerhafter Beratung geleistet habe.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte diesen Korrekturposten als steuerpflichtigen Erlös und erließ entsprechende Steuerbescheide.

Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 11. November 2004 6 K 165/04 ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, die Körperschaftsteuer 2000 auf 0 € festzusetzen und den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) zum 31. Dezember 2000 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu veranlagen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteile vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, BFHE 182, 123; vom 31. März 2004 I R 83/03, BFHE 206, 58; vom 17. November 2004 I R 56/03, BFHE 208, 519; vom 22. August 2007 I R 32/06, BFH/NV 2007, 2424) verfügen Kapitalgesellschaften steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre. Alle Geschäftsvorfälle müssen daher als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden (§ 8 Abs. 2, § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Der vom früheren Steuerberater der Klägerin geleistete Schadensersatz wegen einer falschen Beratung hinsichtlich der Körperschaftsteuer hat danach als Betriebseinnahme der Klägerin deren Betriebsvermögen erhöht.

a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 8. Dezember 1971 I R 80/70 (BFHE 104, 134, BStBl II 1972, 292) und vom 4. Dezember 1991 I R 26/91 (BFHE 167, 32, BStBl II 1992, 686) dargelegt hat, steht der Erfassung der Schadensersatzzahlung im zu versteuernden Einkommen nicht entgegen, dass die Körperschaftsteuer als Steuer vom Einkommen gemäß § 10 Nr. 2 KStG 1999 bei der Ermittlung des Einkommens nicht abziehbar ist. Die geleistete Körperschaftsteuer ist Betriebsausgabe und nur deswegen nicht bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens mindernd zu berücksichtigen, weil dies durch § 10 Nr. 2 KStG 1999 ausdrücklich ausgeschlossen wird. Die Schadensersatzforderung gegen den Steuerberater erhöht das Vermögen der Klägerin und wird damit als Betriebseinnahme behandelt. Eine § 10 Nr. 2 KStG 1999 entsprechende Vorschrift, die die Veränderungen des Betriebsvermögens in diesen Fällen von der Auswirkung auf das steuerpflichtige Einkommen ausnimmt, fehlt.

b) Allerdings entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass vom FA erstattete Körperschaftsteuern das steuerpflichtige Einkommen nicht erhöhen (Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 8. Februar 1938 I 19/38, RFHE 43, 244; Senatsurteile in BFHE 104, 134, BStBl II 1972, 292; in BFHE 167, 32, BStBl II 1992, 686). Grundlage der Erstattung ist dasselbe öffentlich-rechtliche Verhältnis, das der Zahlung zu Grunde lag. Die Erstattung ist der actus contrarius der Zahlung. Dem Sinn und Zweck des § 10 Nr. 2 KStG 1999 entsprechend ist daher die Erstattung von Körperschaftsteuer nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen zu rechnen. Andernfalls würde eine Überzahlung an Körperschaftsteuer dazu führen, dass die von § 10 Nr. 2 KStG 1999 beabsichtigte Regelungswirkung sich um die Körperschaftsteuer auf die erstattete Körperschaftsteuer erhöht. Der zuviel gezahlte Betrag ist nicht abzugsfähig, andererseits würde der erstattete Betrag nochmals der Körperschaftsteuer unterliegen. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine derartige Wirkung gewollt haben könnte.

Im Gegensatz hierzu beruht die Schadensersatzforderung gegenüber dem Steuerberater auf dem zwischen ihm und dem Steuerpflichtigen geschlossenen Beratungsvertrag. Die aufgrund falscher Beratung zuviel gezahlte Steuer ist lediglich Berechnungsgrundlage für den Schadensersatzanspruch und erhöht daher das steuerpflichtige Einkommen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 104, 134, BStBl II 1972, 292; vom 15. Dezember 1976 I R 4/75, BFHE 121, 57, BStBl II 1977, 220; in BFHE 167, 32, BStBl II 1992, 686; vom 18. Juni 1998 IV R 61/97, BFHE 186, 363, BStBl II 1998, 621; a.A. noch Senatsurteil vom 16. August 1978 I R 73/76, BFHE 126, 199, BStBl II 1979, 120).

c) Den dagegen vorgebrachten Einwand, unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mache es keinen Unterschied, ob überzahlte Körperschaftsteuer vom FA erstattet oder vom Steuerberater aufgrund eines Beratungsfehlers geleistet werde (Schulte in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 10 Rz 49 f.; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 10 KStG Rz 31; Keuk-Knobbe, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1976, 43, 47 ff.), hält der Senat nicht für durchgreifend. Der Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater umfasst auch die steuerliche Mehrbelastung (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. November 1978 VII ZR 19/78, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1979, 161), so dass der Ersatzberechtigte im Ergebnis leistungsgerecht besteuert wird.

d) Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, gibt es auch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Rückzahlungen nicht zu Betriebseinnahmen führen dürfen, wenn die Aufwendungen bei Zahlung nicht zu einer Gewinnminderung geführt haben. Lediglich § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 3 EStG bestimmt, dass die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 dieser Vorschrift den Gewinn nicht erhöhen. Vergleichbare Regelungen enthalten weder § 10 Nr. 2 KStG 1999 noch die übrigen Tatbestände des § 4 Abs. 5 EStG. Dies lässt den Schluss zu, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG eine Ausnahmevorschrift darstellt, der die Steuerpflicht von Betriebseinnahmen, die nicht abziehbare Betriebsausgaben ersetzen, im Übrigen nicht in Frage stellt (vgl. auch BFH-Urteil vom 29. August 1996 VIII R 24/95, BFHE 182, 307; Senatsbeschluss vom 18. Juni 2003 I B 164, 165/02, BFH/NV 2003, 1555).

e) Aus dem BFH-Urteil in BFHE 186, 363, BStBl II 1998, 621 folgt nichts Gegenteiliges. Der BFH hat darin Schadensersatz eines Steuerberaters für zu viel entrichtete Einkommensteuer nicht den Betriebseinnahmen zugerechnet mit der Begründung, dass der Beratungsvertrag in keinem engeren Zurechnungszusammenhang zur betrieblichen Sphäre stehen könne als die Steuer, derentwegen das Beratungsverhältnis begründet worden sei. Abweichend hiervon hat jedoch --wie ausgeführt-- eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre. Eine analoge Anwendung der Grundsätze, die diesem Urteil zu Grunde liegen, auf Schadensersatz wegen überzahlter Körperschaftsteuer ist nicht möglich (vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2006 I B 120/05, BFH/NV 2007, 503, zur unterschiedlichen Behandlung von Leistungen aus Lebensversicherungen bei Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits).

Unter Geltung des Anrechnungsverfahrens war zwar bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern die gezahlte Körperschaftsteuer wirtschaftlich lediglich eine Vorauszahlung auf deren Einkommensteuer; dies ändert jedoch nichts daran, dass die Körperschaftsteuer rechtlich als eigenständige Steuer ausgestaltet ist und daher ihre Entrichtung die Sphäre der Gesellschafter nicht berührt, sondern auf eine eigene Schuld der Kapitalgesellschaft geleistet wird.

Ende der Entscheidung

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