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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: I R 56/03
Rechtsgebiete: KStG
Vorschriften:
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 |
2. Erwirbt und unterhält eine GmbH ein Einfamilienhaus und vermietet dieses an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zu dessen privaten Wohnzwecken, bemisst sich die anzusetzende Miete regelmäßig nach den Grundsätzen der Kostenmiete zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags. Vorteile der GmbH aus der Inanspruchnahme begünstigter Aufwendungen für Baudenkmäler nach § 82i EStDV 1990 sind nicht einzubeziehen.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand es u.a. war, Beteiligungen an Gesellschaften der Werbewirtschaft zu verwalten und Werbetreibende zu beraten. Die Anteile an der GmbH wurden von JS gehalten. Bis zum 31. Dezember 1990 war die GmbH alleinige Komplementärin einer GmbH & Co. KG (KG II); zum 1. Januar 1991 erwarb sie sämtliche Anteile an dieser Gesellschaft.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 5. Oktober 1990 hatte die KG II ein Einfamilienhaus erworben. Der Kaufpreis für das 297 qm große Grundstück und das unter Denkmalschutz stehende Gebäude mit einer Wohnfläche von 214,37 qm betrug 1,6 Mio. DM. In den Streitjahren 1991 und 1992 wurde das Einfamilienhaus von der GmbH mit einem Aufwand von (brutto) 1 026 982 DM umgebaut; unter anderem wurde ein Schwimmbad eingebaut.
Aufgrund eines Mietvertrages vom 31. Oktober 1991 vermietete die GmbH mit Wirkung vom 1. November 1991 eine Teilfläche des Gebäudes von 144,54 qm (= 67,43 v.H. der Gesamtfläche) für einen monatlichen Mietzins von 3 115,05 DM an JS. Die verbleibende Fläche von 69,83 qm (= 32,57 v.H. der Gesamtfläche) wurde von ihr selbst als Büro- und Konferenzraum genutzt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 I R 54/95 (BFHE 182, 123) die Ansicht, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer wäre nicht bereit gewesen, aus der Vermietung des Einfamilienhauses einen laufenden Verlust zu tragen. In Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den vereinnahmten Mieten und den in den Streitjahren entstandenen Aufwendungen lägen deswegen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vor. Außerdem sei ein Gewinnaufschlag von jährlich 10 v.H. vorzunehmen. Das FA errechnete hiernach vGA für 1991 in Höhe von 72 482 DM und für 1992 in Höhe von 81 917 DM.
Die anschließend erhobene Klage blieb bis auf eine Herabsetzung der vGA für 1991 auf 62 222 DM erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 11. Juni 2002 6 K 5287/99 K,F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1405 abgedruckt.
Die Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben, die angefochtenen Steuerbescheide zu ändern und bei der Neufestsetzung der Steuer keine vGA auszusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung darüber, ob und ggf. in welcher Höhe eine vGA anzunehmen ist, nicht aus.
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z.B. Urteile in BFHE 182, 123; vom 8. Juli 1998 I R 123/97, BFHE 186, 540; vom 8. August 2001 I R 106/99, BFHE 196, 173, BStBl II 2003, 487; vom 31. März 2004 I R 83/03, BFHE 206, 58), der sich die Vorinstanz angeschlossen hat, verfügen Kapitalgesellschaften steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre. Aufgrund dessen gehören von einer Kapitalgesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter --im Streitfall das von der Klägerin erworbene Einfamilienhaus-- zum betrieblichen Bereich und stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar; bei späteren Veräußerungserlösen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Aus welchen Gründen sich die Kapitalgesellschaft entschließt, die Investition vorzunehmen, ist grundsätzlich unbeachtlich (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 206, 58, m.w.N. zu Wertpapierrisikogeschäften).
b) Das schließt indes nicht aus, dass die Verluste aus einer derartigen Investition als vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) angesehen werden können (vgl. Senatsurteile vom 19. März 1975 I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722; vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479; in BFHE 182, 123; in BFHE 186, 540; in BFHE 206, 58). Davon ist aber regelmäßig nicht auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft sich entschließt, ein Geschäft zu tätigen, das die Gefahr auch erheblicher Verluste in sich birgt. Es unterliegt der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit, derartige Risiken in Kauf zu nehmen. Anders kann es sich allerdings verhalten, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt. Maßstab dafür, ob dies der Fall ist, können diejenigen Kriterien sein, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 I R 92/00, BFHE 199, 217). Lässt sich eine gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung der getätigten Investition und der im Zusammenhang damit in Kauf genommenen Verluste hiernach nicht nachweisen, scheidet die Annahme einer vGA regelmäßig schon deswegen aus, weil die verlustbedingte Minderung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) nicht geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (vgl. Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131).
c) Im Streitfall ließe sich hiernach eine vGA nur annehmen, wenn und soweit die Klägerin JS das Haus zu einem nicht kostendeckenden Preis zur Nutzung überlassen hätte. Die Vorinstanz hat diese Frage nicht weiter geprüft. Sie wird das im 2. Rechtsgang nachzuholen haben. Dabei wird im Rahmen des auch insoweit anzustellenden Fremdvergleichs zu berücksichtigen sein, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nur dann bereit sein wird, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken --also im privaten Interesse-- des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden. Er wird deswegen nicht die Marktmiete, sondern die sog. Kostenmiete ansetzen. Die dazu vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92 (BFHE 174, 51, BStBl II 1995, 98; vgl. im Einzelnen auch Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 21 Rz. 59 f., m.w.N.) gemachten Einschränkungen für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelten im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA nicht.
Grundlage der Berechnung der Kostenmiete ist die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II.BVO) i.d.F. vom 12. Oktober 1990 (BGBl I 1990, 2178). Abweichend hiervon (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1998 IX R 18/96, BFHE 185, 471, BStBl II 1998, 386, m.w.N.) sind allerdings die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) für Baudenkmäler nach § 82i der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1990, heute gemäß § 7i EStG, nicht zu berücksichtigen, soweit sie die reguläre AfA (§ 7 EStG) übersteigen (Senatsurteil in BFHE 182, 123). Hierbei handelt es sich um die Erlangung steuerlicher Vorteile, die der Kapitalgesellschaft unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter zustehen. Einzubeziehen ist jedoch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 Nr. 1 II.BVO; s. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 7. Februar 1995 11 K 7034/91 E, EFG 1995, 670). Zusätzlich wird der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einen angemessenen Gewinnaufschlag verlangen (Senatsurteil in BFHE 182, 123).
In Höhe jenes Betrages, in dem die nach diesen Grundsätzen zu ermittelnde Miete unterschritten wurde, ist im Streitfall eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen.
Ende der Entscheidung
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