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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.01.1999
Aktenzeichen: I R 63/98
Rechtsgebiete: EStG, DBStÄndG DDR, KStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 58 Abs. 3
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 36 Abs. 2 Nr. 3
DBStÄndG DDR § 9
DBStÄndG DDR § 9 Abs. 1
KStG § 47
KStG § 34
KStG § 30
KStG § 47 Abs. 2 Nr. 1a
KStG § 27
FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin einer im Jahr 1990 im Beitrittsgebiet gegründeten GmbH. Diese machte im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für 1992 einen Steuerabzugsbetrag gemäß § 58 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 9 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer (DBStÄndG DDR) in Höhe von 9 101 DM geltend. Bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 1992 minderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) das EK 50 um den Steuerabzugsbetrag und erhöhte das EK 02 um 18 202 DM (= 2 x 9 101 DM). Die Klage gegen diesen Bescheid hatte keinen Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1221).

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision unrichtige Anwendung des § 58 Abs. 3 EStG, § 9 DBStÄndG DDR und § 34 KStG und beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung zum 31. Dezember 1992 das EK 50 mit 12 650 DM und das EK 02 mit 13 829 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Mit Urteilen vom 22. November 1995 I R 2/95 (BFHE 179, 111, BStBl II 1996, 381) und 13. November 1996 I R 116/95 (BFH/NV 1997, 624) hat der erkennende Senat entschieden, daß § 34 KStG entsprechend anzuwenden sei, wenn der Steuerabzug gemäß § 58 Abs. 3 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR von der Körperschaftsteuer vorgenommen werde. Die Einwendungen der Klägerin gegen die bezeichnete Rechtsprechung geben dem Senat keinen Anlaß, von diesen Entscheidungen abzuweichen.

1. Die von der Klägerin angesprochenen Fragen zur Bilanzierung erlassener Steuern bzw. solcher Steuern, die aufgrund der Anwendung des § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR entfallen, sind im Rahmen der Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) nach § 47 i.V.m. § 30 KStG entscheidungsunerheblich. Die gliederungsrechtlichen Vorschriften regeln die zur Handhabung des Anrechnungsverfahrens notwendigen Feststellungen der belasteten und unbelasteten Eigenkapitalteile ausschließlich und unabhängig von den bilanzrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Letztere dienen der Gewinnermittlung und damit der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung, über die im streitgegenständlichen Verfahren nicht zu entscheiden ist (vgl. auch § 47 Abs. 2 Nr. 1 a KStG).

2. Der Gesetzgeber hat in § 58 Abs. 3 EStG den § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR für weiterhin anwendbar erklärt. Damit ist diese Vorschrift zum 1. Januar 1991 in das bundesdeutsche Recht eingegangen. Ebenso wie sie damit der Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 I R 90/96, BFHE 184, 84, BStBl II 1997, 730), hat ihre Auslegung sich ab dem 1. Januar 1991 in das bundesdeutsche Rechtssystem, d.h. hier in das bundesdeutsche körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren, einzufügen.

a) Zu den Grundprinzipien des bundesdeutschen Anrechnungsverfahrens gehört es, daß Gewinnausschüttungen dem Anteilseigner mit der sog. Ausschüttungsbelastung vorbelastet zufließen (§ 27 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG). Diesem Grundsatz entsprechend ordnet § 34 KStG für die Gliederungsrechnung im Anschluß an einen Steuererlaß die von der Steuer freigestellten Teile des vEK dem EK 02 zu, da es sich insoweit um Vermögensmehrungen handelt, die nicht der Körperschaftsteuer unterlegen haben (§ 30 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 KStG). Im Fall einer Ausschüttung dieser nicht mit tariflicher Körperschaftsteuer belasteten Eigenkapitalteile muß folglich über eine Erhöhung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG eine entsprechende Vorbelastung hergestellt werden. Dasselbe gilt für den mit einem Erlaß zumindest im Ergebnis vergleichbaren Fall, in dem die Körperschaftsteuerschuld aufgrund des § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR entfallen ist.

b) Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, daß es gleichermaßen zu einem --möglicherweise von der Finanzverwaltung gebilligten-- Systemverstoß kommen kann, wenn der Steuerabzugsbetrag nicht von der tariflichen Körperschaftsteuer, sondern von dem Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 27 KStG in Abzug gebracht wird und gleichwohl eine zur Steueranrechnung berechtigende Steuerbescheinigung erteilt wird. Hieraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß von Gesetzes wegen weitere Systembrüche zuzulassen seien. Der von der Klägerin angesprochene Vergleichsfall gibt allenfalls Anlaß zu erwägen, ob der Steuerabzugsbetrag nach § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR auf den Erhöhungsbetrag nach § 27 KStG angerechnet werden kann. Zwar hat der erkennende Senat in Anlehnung an die Handhabung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 22. Juli 1991 IV B 3 -S 2259 c- 14/91, BStBl I 1991, 737) einen Abzug nach § 9 Abs. 1 DBStÄndG DDR von der (tariflichen) Körperschaftsteuer zugelassen, obgleich im KStG eine Verweisung auf § 58 Abs. 3 EStG fehlt (Urteil vom 9. November 1994 I R 67/94, BFHE 176, 244, BStBl II 1995, 305). Es bleibt zu klären, ob dies auch dann gelten kann, wenn eine Anrechnung des Abzugsbetrages auf den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 27 KStG zur Diskussion steht (vgl. BFH in BFHE 179, 111, BStBl II 1996, 381: "Besteuerung sui generis"). Allenfalls wäre eine systemgerechte Einschränkung der Verwaltungspraxis und der bezeichneten Rechtsprechung, nicht aber die Ausweitung systemwidriger Ergebnisse zu erwägen.

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