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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 15.03.2000
Aktenzeichen: I R 69/99
Rechtsgebiete: GewStG, EStG


Vorschriften:

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 20 Abs. 3
EStG § 21
BUNDESFINANZHOF

Zinserträge werden auch dann nicht von der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG umfasst, wenn sie aus der Anlage vereinnahmter Mietüberschüsse resultieren und wenn diese Anlage vorgenommen worden ist, um Grundstücksdarlehen tilgen zu können.

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 3, § 21

Urteil vom 15. März 2000 - I R 69/99 -

Vorinstanz: FG München (EFG 1999, 1042)


Gründe

I.

Unternehmensgegenstand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes und der Gebäude sowie die Vornahme aller damit zusammenhängenden Geschäfte. Neben den daraus erzielten Mieten bezieht die Klägerin Zinserträge aus der Anlage der Mieten in Wertpapieren und als Termingeld.

Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für 1991 nahm die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Anspruch. Dabei kürzte sie den Gewerbeertrag sowohl um die Mieten als auch die Erträge aus der verzinslichen Anlage ihres Geldvermögens. Da die aus der Grundstücksvermietung erzielten Liquiditätsüberschüsse angesammelt und angelegt worden seien, um damit bei Ende der jeweiligen Kreditlaufzeit Tilgungen auf die im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundbesitz aufgenommenen Darlehen vornehmen zu können, stünden die Kapitalanlagen und infolgedessen auch die Erträge daraus im Zusammenhang mit der Grundstücksverwaltung. Die erzielten Zinserträge seien Bestandteil des zu kürzenden, auf die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes entfallenden Gewerbeertrags.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den streitgegenständlichen Stichtag 31. Dezember 1991 entsprechend fest.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos; das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1042 wiedergegeben.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1991 auf 185 484 DM festzustellen, hilfsweise unter Gegenüberstellung der Zinseinnahmen mit unmittelbar damit zusammenhängenden Aufwendungen den vortragsfähigen Gewerbeverlust für das Streitjahr 1991 auf 128 449 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist im Ergebnis sowohl mit ihrem Haupt- als auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet.

1. Die in Rede stehenden Zinserträge fallen nicht unter die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Nach dieser Vorschrift können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen handelt, das diese tatbestandlichen Voraussetzungen an sich erfüllt; sie verwaltet neben eigenem Grundbesitz lediglich eigenes Kapitalvermögen. Die Beteiligten streiten jedoch darüber, ob sich die ihr danach dem Grunde nach zu gewährende erweiterte Kürzung i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch auf jene Erträge erstreckt, die sie durch die Anlage ihrer liquiden Mittel in Wertpapiere und Festgelder erwirtschaftet hat. Die Vorinstanz hat dies zu Recht verneint.

Die bezeichneten Zinserträge wurden im Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens erwirtschaftet. Der Umstand, dass --so die Klägerin-- "die Verwaltung der angelegten Beträge ... ausschließlich auf die Bedürfnisse der Grundbesitzverwaltung ausgerichtet ist", ändert daran nichts. Dennoch erzielt die Klägerin hierdurch keine Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und damit (vgl. Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 9 GewStG Rz. 89 --zuvor 76--) aus der Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Diese Vorschrift stellt insoweit in ihren Regelungsvoraussetzungen allein darauf ab, dass Kapitaleinkünfte neben der eigentlichen Grundstücksverwaltung und -nutzung als der begünstigten Tätigkeit erzielt werden, nicht darauf, aus welchen objektiven Sachzwängen oder subjektiven Beweggründen dies geschieht, auch dann nicht, wenn die Verwaltung und Nutzung des Kapitalvermögens der Grundstücksverwaltung bei Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nützlich ist und dient (vgl. Gosch in Blümich, a.a.O., § 9 GewStG Rz. 117 --früher 101--; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz. 34; FG Hamburg, Urteil vom 9. Februar 1978 II 212/75, EFG 1978, 454). Ziel der Vorschrift ist es lediglich, die Kapitalanlage als kürzungsunschädlich zu erlauben, ohne jedoch die daraus erzielten Erträgnisse ihrerseits in den Kürzungsumfang einzubeziehen.

Allerdings hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) Bausparzinsen in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 EStG angesehen, sofern das Bausparguthaben in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks, eines Gebäudes oder der Herstellung, Anschaffung, Reparatur oder dem Ausbau eines Gebäudes steht und das Grundstück oder Gebäude der Erzielung von Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung dient (vgl. Urteile vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510, 515 unter 2. d; vom 9. November 1982 VIII R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172, und VIII R 198/81, BFHE 137, 304, BStBl II 1983, 297; vom 8. Februar 1983 VIII R 163/81, BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355; vom 8. Dezember 1992 VIII R 78/89, BFHE 169, 442, BStBl II 1993, 301; Beschluss vom 19. April 1996 VIII B 41/95, BFH/NV 1996, 745). Der VIII. Senat des BFH hat indes --hierzu ausdrücklich abgrenzend-- in seinem Urteil in BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510, 515 unter 2. d entschieden, dass Zinsen aus der Anlage vereinnahmter Mieten im Allgemeinen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, weil die verzinsliche Anlage nicht mehr im Zusammenhang mit der Vermietung stehe und deswegen nicht hinter den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zurücktrete (vgl. § 20 Abs. 3 EStG). Die Kapitalanlage sei unter diesen Umständen vielmehr als Einkommensverwendung anzusehen, durch die ein eigener Besteuerungstatbestand verwirklicht werde (zustimmend Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 20 EStG Rz. 1320).

Der erkennende Senat schließt sich dem auch vor dem Hintergrund der im Streitfall zu beurteilenden Gegebenheiten an. Zwar war die Klägerin hiernach gehalten, die vereinnahmten Mietüberschüsse nach Anlageart und Anlagedauer so anzulegen, dass die vertraglich vereinbarten Kreditzinsen und -tilgungen ordnungsgemäß bedient werden konnten. Insbesondere die Fälligkeitszeitpunkte waren aufeinander abzustimmen. Es sei auch eingeräumt, dass die Kapitalanlage einer ordnungsmäßigen und sachgerechten Bewirtschaftung im Rahmen der Grundstücksverwaltung entsprochen haben mag. Dennoch bleibt es dabei, dass durch diese Anlage nicht eigener Grundbesitz verwaltet oder genutzt wurde, sondern --und zwar ausschließlich-- der Mietüberschuss und damit eigenes Kapitalvermögen. Darauf, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung regelmäßig solche aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sind (vgl. Senatsurteil vom 13. August 1997 I R 61/96, BFHE 184, 108, BStBl II 1998, 270, m.w.N.), kommt es sonach nicht mehr an.

2. Ist jener Teil des Gewerbeertrages (§ 7 GewStG), der auf die Kapitalnutzung entfällt, infolgedessen aber nicht in die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen, so bedeutet dies nicht, dass Gleiches für die Darlehensaufwendungen gälte, die die Klägerin getätigt hat, um den Erwerb ihres Grundbesitzes zu finanzieren. Anders als die besagten Kapitaleinkünfte in Gestalt der Zinseinnahmen resultieren die vereinnahmten Mieten und die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen, also insbesondere auch die Schuldzinsen für die aufgenommenen Kreditmittel, aus der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes. Der Gewinn der Klägerin ist deshalb gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG antragsgemäß um den gesamten hierauf entfallenden Teil des Gewerbeertrages --einschließlich besagter Schuldzinsen-- zu kürzen.

Ende der Entscheidung

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