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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: I S 1/04 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 142
ZPO § 114
ZPO § 418 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller ein Haftungsbescheid wirksam zugestellt worden ist. Das Finanzgericht (FG) hat dies bejaht und demgemäß angenommen, dass der Bescheid dem Antragsteller am 14. März 1997 (Datum der Zustellung) bekannt gegeben wurde und der am 6. Mai 1997 eingegangene Einspruch gegen den Bescheid verspätet war. Die Revision gegen sein Urteil hat das FG nicht zugelassen. Der Antragsteller begehrt nunmehr Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Einlegung einer gegen das Urteil gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Der Antrag kann keinen Erfolg haben. Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist nämlich Voraussetzung für die Gewährung von PKH u.a., dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

1. Das FG hat festgestellt, dass das Finanzamt (FA) die förmliche Zustellung des im Streit befindlichen Haftungsbescheids angeordnet hat. Dementsprechend sei der Bescheid sodann mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Dazu habe der Postzusteller auf der Postzustellungsurkunde vermerkt, dass er in der Wohnung des in der Anschrift bezeichneten Empfängers niemanden angetroffen und deshalb eine Benachrichtigung wie bei gewöhnlichen Briefen üblich in den Hausbriefkasten eingelegt habe. Anschließend sei der Bescheid bei dem zuständigen Postamt niedergelegt worden. Diese Feststellungen greift der Antragsteller nicht an.

Er macht vielmehr ausschließlich geltend, dass die vom Postzusteller ausgestellte Benachrichtigung über die Niederlegung den Empfänger der zugestellten Sendung nicht eindeutig erkennen lasse und dass dies zur Unwirksamkeit der Zustellung führe. Damit kann er jedoch keinen Erfolg haben:

a) Das FG hat in seinem Urteil darauf abgestellt, dass die Angaben in der PZU den vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs begründen (§ 418 Abs. 1 ZPO) und dass dieser Beweis nur durch den positiven Nachweis einer unrichtigen Beurkundung entkräftet werden kann. Das entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 2000 X B 50/99, BFH/NV 2000, 1223; vom 10. November 2001 VII B 366/02, BFH/NV 2004, 509, m.w.N.). Durch diese ist insbesondere geklärt, dass die Beweisregel des § 418 Abs. 1 ZPO sich u.a. auf die ordnungsgemäße Benachrichtigung des Zustellungsempfängers bezieht (Beschluss vom 21. August 2002 VIII B 58/02, BFH/NV 2003, 176), weshalb sich insoweit weder eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO stellt noch das Erfordernis einer Rechtsvereinheitlichung oder Rechtsfortbildung durch den BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) besteht.

Zu einer abweichenden Beurteilung führt nicht der Hinweis des Antragstellers, dass die Post die aus dem Jahr 1997 stammenden Unterlagen inzwischen vernichtet habe und dass er --der Antragsteller-- hierdurch in Beweisnot geraten sei. Denn § 418 Abs. 1 ZPO dient gerade der Verteilung des Beweisrisikos in Fällen der objektiven Nichtaufklärbarkeit (BFH-Beschluss vom 8. Juli 2003 VIII B 3/03, BFH/NV 2003, 1441), und genau darum geht es u.a. dann, wenn zunächst vorhandene Beweismittel im weiteren Verlauf durch Dritte beseitigt werden. Eine Abweichung von der in § 418 Abs. 1 ZPO statuierten Beweisregel könnte allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn das FA sich die postinterne Vernichtung der einschlägigen Vorgänge zurechnen lassen müsste; das ist aber so fernliegend, weshalb es zur Beantwortung dieser Frage keines Revisionsverfahrens bedarf.

b) Sodann heißt es im Urteil des FG, es sei dem Antragsteller nicht gelungen, die in § 418 Abs. 1 ZPO bestimmte Vermutung zu entkräften. Insbesondere sei das FG angesichts des früheren Vortrags des Antragstellers nicht davon überzeugt, dass der von diesem nunmehr vorgelegte und für fehlerhaft erachtete Benachrichtigungsschein tatsächlich die hier in Rede stehende Zustellung betreffe. Dabei handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung, an die der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO). Angesichts dessen könnte auch die Frage, ob der in Rede stehende Benachrichtigungsschein unzureichend ausgefüllt ist und ob dies ggf. zur Unwirksamkeit der Zustellung führen würde, nicht Gegenstand eines solchen Verfahrens sein. Im Ergebnis ist mithin das Urteil des FG revisionsrechtlich unangreifbar, weshalb die vom Antragsteller beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine Erfolgsaussicht hätte.

2. Da der Antragsteller mangels Erfolgsaussicht keine PKH erhalten kann, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen.

Ende der Entscheidung

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