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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: I S 10/03 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, EStG


Vorschriften:

FGO § 155
ZPO § 78b
ZPO § 78b Abs. 1
ZPO § 78b Abs. 1 Satz 1
ZPO § 78c
ZPO § 78c Abs. 2
EStG § 34c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Antragsteller erzielte im Jahr 2002 (Streitjahr) nach seinen Angaben in der Einkommensteuererklärung außer geringen Rentenbezügen nur Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 298,14 €. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Dividenden aus niederländischen Aktien 227,50 € Dividenden aus finnischen Aktien 27,00 € inländische Zinseinnahmen 43,64 € Summe 298,14 €

Die festgesetzten und gezahlten und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegenden ausländischen Quellensteuern auf die Dividenden betrugen insgesamt 38,18 €.

Das für die Einkommensteuerveranlagung des Antragstellers zuständige Finanzamt (FA) folgte den Angaben in der Einkommensteuererklärung und setzte durch Bescheid vom 9. Mai 2003 die Einkommensteuer für 2002 auf 0 € fest (Einkünfte aus Kapitalvermögen 0 €, sonstige Einkünfte 2 959 €, zu versteuerndes Einkommen 2 198 €). Die vom Antragsteller begehrte Erstattung der ausländischen Quellensteuern lehnte das FA ab. Die Klage des Antragstellers, mit der er beantragte, das FA zur Erstattung von 38,18 € ausländischer Quellensteuer zu verpflichten, war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) verneinte u.a. wegen § 34c des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Erstattungsanspruch. Die Revision ließ es nicht zu.

Mit Schreiben vom 4. Oktober, das am 7. Oktober 2003 beim Bundesfinanzhof (BFH) einging, hat der Antragsteller beantragt, ihm für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das ihm am 9. September 2003 zugestellte FG-Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Den Antrag auf Bewilligung der PKH hat der Antragsteller mit Schreiben vom 4. November 2003 zurückgenommen. Zur Begründung des aufrechterhaltenen Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes hat er vorgetragen: Er habe sieben Rechtsanwälte vergeblich gebeten, seine Vertretung vor dem BFH in dem beabsichtigten Beschwerdeverfahren zu übernehmen. Die Übernahme des Mandats sei von vier Anwälten wegen des geringen Streitwertes abgelehnt oder von einer Honorarvereinbarung abhängig gemacht worden. Zwei Anwälte hätten eine Nichtzulassungsbeschwerde als aussichtslos angesehen. Ein Anwalt habe die Ablehnung nicht begründet.

II. Der Antrag war abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint.

1. Gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der BFH einem Verfahrensbeteiligten auf dessen Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn (1.) der Beteiligte einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und (2.) die Rechtsverfolgung oder -verteidigung des Verfahrensbeteiligten nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

a) Die erstgenannte Voraussetzung der Beiordnung ist erfüllt (s. BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 1998 VI S 14/98, BFH/NV 1999, 810, m.w.N.; vom 16. März 2000 III S 5/99, BFH/NV 2000, 1122; vom 21. August 2000 V S 14/00, BFH/NV 2001, 194). Der Antragsteller hat nach seinen Angaben mehrere im Schreiben vom 4. Oktober 2003 konkret benannte Rechtsanwälte vergeblich gebeten, ihn zu den gesetzlichen Gebühren der Gebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) in dem beabsichtigten Beschwerdeverfahren zu vertreten. Die Angaben des Antragstellers sind glaubhaft. Auf Grund des geringen Streitwertes des beabsichtigten Rechtsmittelverfahrens ist die Übernahme des vom Antragsteller angebotenen Mandats für Rechtsanwälte unwirtschaftlich, wenn sich ihre Vergütung nach der BRAGO bemisst. Sie werden daher nur in Ausnahmefällen bereit sein, Mandate wie das vom Antragsteller angebotene anzunehmen.

Dass einige der Anwälte das Mandat angenommen hätten, wenn der Antragsteller zu einer Honorarvereinbarung über eine höhere Vergütung bereit gewesen wäre, schließt eine Beiordnung gemäß § 78b Abs. 1 ZPO nicht aus. Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist ein Rechtsanwalt zur Übernahme der Prozessvertretung verpflichtet, wenn er einem Verfahrensbeteiligten auf Grund der §§ 78b und 78c ZPO beigeordnet ist. Er darf --wie sich aus § 78c Abs. 2 ZPO ergibt-- in einem derartigen Fall die Übernahme des Mandats nicht davon abhängig machen, dass ihm eine höhere als die gesetzliche Vergütung nach der BRAGO gezahlt wird (s. Feuerich in Feuerich/Braun, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl., 1999, § 48 Rz. 15). Daraus folgt, dass § 78b Abs. 1 ZPO einen Verfahrensbeteiligten auch davor schützen soll, nur deshalb keine zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendige Prozessvertretung durch einen Rechtsanwalt zu erlangen, weil er lediglich die gesetzliche Vergütung nach der BRAGO zu zahlen bereit ist.

b) Die weitere Voraussetzung einer Beiordnung, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint, ist dagegen nicht gegeben.

Aus den Gründen des FG-Urteils erscheint es aussichtslos, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil Erfolg haben wird. § 34c EStG schließt eine Erstattung der Quellensteuern aus. Zutreffend hat das FG auch entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verpflichtet ist, die im Ausland erhobene Quellensteuer wie die inländische Kapitalertragsteuer zu erstatten, wenn --wie im Streitfall-- eine Anrechnung der ausländischen Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer ausgeschlossen ist. Dass dem Antragsteller die niederländische und finnische Quellensteuer nicht erstattet wird, ist auch mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar (s. FG Köln, Urteil vom 11. Juli 2002 7 K 8572/98, Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 1391; Wied in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 34c EStG Rz. 11; a.A. nur hinsichtlich der im Streitfall nicht eingreifenden Beschränkung der Anrechnung Gosch in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., 2003, § 34c Rz. 38).

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (s. BFH-Beschluss vom 25. November 1998 IV S 8/98, BFH/NV 1999, 655, m.w.N.).

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