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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: II B 101/04
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977
Vorschriften:
FGO § 76 Abs. 1 Satz 4 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
AO 1977 § 90 Abs. 2 |
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde zu den streitigen Veranlagungszeitpunkten 1. Januar 1991 bis 1. Januar 1996 mit seiner damaligen Ehefrau und gemeinsamen Kindern zur Vermögensteuer zusammen veranlagt.
Durch eine Steuerfahndungsprüfung wurde bekannt, dass der Kläger im August 1996 600 000 DM in bar auf ein Konto bei der X-Bank in Luxemburg eingezahlt hatte, das auf seinen Namen lautete. Dieser Betrag wurde am 14. Januar 1997 in bar wieder abgehoben. Der Kläger behauptete, die Geldmittel entstammten einem Darlehen eines ihm namentlich nicht bekannten ausländischen Investors, das ihm gegen Provision von einer --namentlich benannten-- Person mit Wohnsitz in Österreich vermittelt und am 14. Januar 1997 zurückgezahlt worden sei. Später hat er sich dahin eingelassen, dass die von ihm zur Stützung seiner Behauptungen vorgelegten Unterlagen nur zum Schein erstellt worden seien, diese Aussage aber in der Folgezeit widerrufen und mit dem Druck der seinerzeit vollzogenen Untersuchungshaft erklärt.
Im Rahmen einer späteren Steuerfahndungsprüfung wurde bekannt, dass der Kläger auch bei der Y-Bank in Luxemburg ein Konto unterhalten hatte. Auf dieses Konto hatte er am 10. September 1996 510 000 DM und am 14. Januar 1997 600 000 DM in bar eingezahlt. In der Folgezeit wurden mit dem Guthaben umfangreiche Wertpapiergeschäfte getätigt; auch kam es zu weiteren Barein- und -auszahlungen. Hierzu behauptete der Kläger, die entsprechenden Geldmittel seien ihm von einer in Bulgarien wohnhaften Person namens G anvertraut worden, um in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemeinsame Grundstücksgeschäfte zu tätigen, zu denen es allerdings nicht gekommen sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte den Einlassungen des Klägers nicht und vertrat die Auffassung, die Geldmittel seien in den Jahren 1988 bis 1996 aus unversteuerten Einkünften aus dem Gewerbebetrieb des Klägers angesammelt worden. Für die streitigen Vermögensteuer-Veranlagungszeitpunkte rechnete das FA dem Vermögen des Klägers der Höhe nach geschätzte, jährlich steigende Beträge zu.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren benannte der Kläger in einem wegen der parallelen einkommensteuerrechtlichen Problematik geführten Klageverfahren, das das Finanzgericht (FG) mit dem Vermögensteuer-Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden hat, zahlreiche Zeugen, darunter einen im Inland wohnhaften Mitarbeiter (M) der Y-Bank.
Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung verwies es auf sein Urteil in der Einkommensteuer-Sache. Darin führte es aus, die vom Kläger vorgetragenen Erklärungen zur Herkunft der Geldmittel seien nicht glaubhaft. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte eidesstattliche Versicherung des M beziehe sich nur auf den äußeren Vorgang der Kontoeröffnung, nicht aber auf die Mittelherkunft.
Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Ferner vertritt der Kläger die Auffassung, dem FG seien Rechtsfehler, "gravierende Denkfehler und logische Widersprüche" unterlaufen.
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Kläger rügt zunächst, das FG habe durch das Unterlassen einer Vernehmung des als Zeugen benannten M seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt und gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen. Wäre M durch das FG vernommen worden, hätte dieser bestätigt, das Geld sei von G gekommen, wegen dessen bulgarischer Staatsangehörigkeit sei das Konto aber auf Wunsch des M auf den Namen des Klägers eröffnet worden.
a) Der Kläger hatte M mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2003 als Zeugen benannt und zugleich die Kopie einer unter dem 13. Oktober 2003 unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung des M vorgelegt. Darin heißt es: "Am 10.09.96 erschien in meinem Büro <der Kläger> in Begleitung des bulgarischen Staatsangehörigen G. Beide teilten mir mit, dass sie ein Konto für eine Gesellschaft nach deutschem Recht eröffnen wollen. Zunächst sollte das Konto auf den Namen G laufen. Ich hatte Bedenken, da es sich bei G nicht um einen deutschen Staatsangehörigen handelte. Die gleichen Bedenken äußerte ich bei der Nachfrage nach einer Kontoeröffnung unter der beiden Namen. G versicherte, dass <der Kläger> in vollem Umfang berechtigt sei, über das Konto im eigenen Namen zu verfügen. Ich schlug daraufhin vor, unter diesen Umständen das Konto auf <den Kläger> allein laufen zu lassen. So geschah es auch."
Das FG sah von einer Vernehmung des M ab und führte hierzu aus, die eidesstattliche Versicherung sage nichts zu der allein streitentscheidenden Herkunft der eingezahlten Gelder aus, sondern beschreibe lediglich den äußeren Vorgang der Kontoeröffnung und Vermutungen des M.
Mit seiner Beschwerde vertritt der Kläger die Auffassung, aus dem in der eidesstattlichen Versicherung vom 13. Oktober 2003 enthaltenen Satz "Ich schlug daraufhin vor, unter diesen Umständen das Konto auf <den Kläger> allein laufen zu lassen" hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass M hätte bestätigen können, dass das Geld von G gekommen sei. Das FG hätte daher auf eine persönliche Vernehmung des im Inland wohnhaften M nicht verzichten dürfen.
b) Die Rüge ist unbegründet. Allein durch den Inhalt der eidesstattlichen Versicherung vom 13. Oktober 2003 musste sich das FG --bei Zugrundelegung seiner materiell-rechtlichen Auffassung-- noch nicht dazu veranlasst sehen, M als Zeugen zu vernehmen. Das FG hat den Inhalt der vorgelegten Versicherung --der zugleich das Beweisthema darstellte, zu dem M benannt worden war-- dahin gewürdigt, dass darin nur der äußere Vorgang der Kontoeröffnung beschrieben werde. Diese Würdigung ist jedenfalls möglich. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ergibt sich weiter, dass das FG die in der eidesstattlichen Versicherung enthaltenen Angaben über den äußeren Vorgang der Kontoeröffnung als wahr unterstellt hat. Für seine Beweiswürdigung, in die es zahlreiche Einzelindizien hat einfließen lassen, hat das FG indes diesen äußeren Vorgang als unerheblich angesehen. Damit konnte es auf die Vernehmung des M verzichten.
Für die Beurteilung der hier erhobenen Verfahrensrüge kann offen bleiben, ob das FG auch nach der Vorlage der zweiten eidesstattlichen Versicherung des M vom 18. Mai 2004 von einer Vernehmung des M hätte absehen dürfen. Denn der Kläger hat seine diesbezügliche Rüge ausdrücklich nur auf die eidesstattliche Versicherung vom 13. Oktober 2003 gestützt.
2. Das FG hat auch nicht dadurch gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung verstoßen, dass es den vom Kläger als Zeugen benannten K, der in Österreich wohnhaft war, nicht geladen und vernommen hat. Denn ein im Ausland ansässiger Zeuge muss nicht von Amts wegen geladen, sondern gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zur Sitzung des FG gestellt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Februar 2004 V B 205/02, BFH/NV 2004, 964, unter II.2.b., mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
3. Die in Zusammenhang mit den unterbliebenen Zeugenvernehmungen erhobene Rüge, das FG hätte zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung auf seine Absicht, die Zeugen nicht zu vernehmen, hinweisen müssen, ist nicht schlüssig erhoben worden. Denn der Kläger hatte nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung, aus der erkennbar war, dass das FG keinen der benannten Zeugen geladen hatte, mit Schreiben vom 5. April 2004 gegenüber dem FG die fehlende Ladung der Zeugen ausdrücklich gerügt. Inwiefern der Kläger trotz dieser Rüge durch das Ausbleiben der Zeugenvernehmung noch überrascht werden konnte, ist nicht ersichtlich.
4. Die weitere Verfahrensrüge, mit der der Kläger vorbringt, das FG hätte die Hintergründe der im Verwaltungsverfahren abgeschlossenen tatsächlichen Verständigung aufklären müssen, ist unzulässig, weil sie die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erfüllt.
Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Entscheidungen vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390, und vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332).
Vorliegend fehlt es jedenfalls an der Angabe, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen.
5. Auch die Rüge, das FG habe den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es ihm keine ausreichenden Fragen zur Herkunft der Mittel gestellt habe, ist unzulässig.
Da es im gesamten Verfahren (beginnend mit dem Steuerfahndungsverfahren über das Verwaltungs- und Einspruchsverfahren bis hin zum Klageverfahren) ausschließlich um die Zurechnung und Herkunft der Mittel ging, hätte der Kläger zur Erhebung einer schlüssigen Gehörsrüge vortragen müssen, weshalb er weiteren Tatsachenvortrag zur Frage der Mittelherkunft von einer ausdrücklichen Aufforderung durch das FG abhängig machen durfte.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht verpflichtet, den Beteiligten die einzelnen für seine Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (BFH-Beschluss vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 6., m.w.N.).
6. Mit dem Vorbringen, dem FG seien gravierende Denkfehler und logische Widersprüche unterlaufen, weil es das Vorliegen von "Schwarzeinkünften" daraus folgere, dass der Kläger nicht behauptet habe, das Geld erarbeitet, angespart oder unentgeltlich erworben zu haben, legt der Kläger keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dar.
Soweit der Kläger eine Verletzung von Denkgesetzen rügt, ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil es sich bei einem solchen Verstoß um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln würde (BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612), für den eigene Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO vorgetragen werden müssten. Dies ist aber nicht geschehen.
Der Kläger hat insoweit aber auch keinen schwerwiegenden Rechtsfehler des finanzgerichtlichen Urteils dargelegt, der ausnahmsweise zur Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO führen kann. Denn aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erschließt sich, dass das FG entscheidend auf den Umstand abgestellt hat, dass sich die Behauptungen des Klägers über die Mittelherkunft als widersprüchlich darstellten.
7. Auch mit seinen Angriffen gegen den Sicherheitszuschlag bei der Schätzung durch das FG legt der Kläger keinen Zulassungsgrund dar. Insoweit erschöpft sich das Vorbringen in der Kritik an einzelnen Elementen der durch das FG vorgenommenen Schätzung der Höhe des Vermögens des Klägers zu den im Streit befindlichen Veranlagungszeitpunkten, bei der es sich um eine Tatsachenwürdigung handelt. Fehler bei der Rechtsanwendung (Subsumtion) in einem Einzelfall rechtfertigen die Zulassung der Revision aber nicht (BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 2003 VIII B 159/02, BFH/NV 2003, 1062, und vom 26. November 2003 X B 124/02, BFH/NV 2004, 754, unter 1.).
Ende der Entscheidung
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