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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.05.1999
Aktenzeichen: II B 104/98
Rechtsgebiete: GrEStG, AO 1977, FördG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 42
FördG § 4
FördG § 1 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28. Juli 1996 erwarben die Testamentsvollstrecker E, J und S als Treuhänder für die Mitglieder einer Erbengemeinschaft jeweils Anteile an der 1993 gegründeten Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer BGB-Gesellschaft, zum Preis von insgesamt 14 350 000 DM. Zusammen ergab sich daraus ein vollständiger Wechsel im Gesellschafterbestand der Klägerin. Ihr Vermögen umfaßte ausschließlich das Grundstück A, neue Bundesländer, dessen aufstehendes Gebäude bis Mitte 1996 von ihr grundlegend saniert und umgestaltet worden war.

Aufgrund dieses Vertrages setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) durch Bescheid vom 2. August 1996 gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 i.V.m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 287 000 DM fest. Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen die Annahme einer Steuerumgehung gewandt und vorgetragen hatte, der Weg des Anteilserwerbs sei gewählt worden, um durch Wahrung der Gesellschaftsidentität den Anspruch auf die Sonderabschreibung gemäß § 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fördergebietsgesetzes (FördG) zu erhalten, blieben erfolglos. Das Finanzgericht war der Ansicht, dasselbe wirtschaftliche Ergebnis sei auch durch einen Grundstückskaufvertrag zwischen den Altgesellschaftern und den Neugesellschaftern --jeweils in gesamthänderischer Verbundenheit-- erreichbar gewesen. Soweit die Klägerin geltend mache, die gewählte Gestaltung sei erforderlich gewesen, um die Sonderabschreibungen nach dem FördG vornehmen zu können, stehe dies der Anwendung des § 42 AO 1977 nicht entgegen. Die Vorschrift lasse die zivilrechtliche Wirksamkeit der gewählten Gestaltung unberührt und schließe lediglich aus, sich im Besteuerungsverfahren darauf zu berufen. Der Erhalt der Abschreibungsmöglichkeiten möge für die Klägerin ein wesentliches Motiv gewesen sein; aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht stelle dies jedoch ein unbeachtliches Motiv zur Vermeidung ungünstiger Nebenfolgen dar.

Mit der dagegen eingelegten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob eine Umgehung der Grunderwerbsteuer vorliegen könne, wenn die gewählte Gestaltung zum Erhalt einer ertragsteuerrechtlichen Vergünstigung --wie im Streitfall zur Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung-- erforderlich sei.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Der durch die Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie nicht klärungsbedürftig ist (vgl. dazu Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196). Sie ist höchstrichterlich bereits entschieden.

Im Urteil vom 6. März 1996 II R 38/93 (BFHE 179, 443, BStBl II 1996, 377) hat der BFH im Zusammenhang mit der Übertragung sämtlicher Anteile an einer nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft ausgeführt, für die im Rahmen des § 42 AO 1977 vorzunehmende Prüfung sei grundsätzlich ohne Belang, wie die gewählte Rechtsgestaltung nach außersteuerrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Die Vorschrift stelle nämlich weder darauf ab, ob die vom Steuerpflichtigen gewählte Gestaltung (zivil)rechtlich Bestand habe, noch berühre sie die (zivil)rechtliche Wirksamkeit der Gestaltung. Die Vorschrift schließe lediglich aus, daß der Steuerpflichtige sich für steuerrechtliche Zwecke auf die von ihm gewählte Gestaltung berufe. Deshalb komme es dafür, ob die gewählte Gestaltung i.S. des § 42 AO 1977 angemessen sei und der Besteuerung zugrunde gelegt werden könne, nicht darauf an, ob sie als solche zu billigen oder zu mißbilligen sei. § 42 AO 1977 versage dem Steuerpflichtigen nur, sich bei Anwendung des Steuergesetzes darauf zu berufen, daß die gewählte Gestaltung den gesetzlichen Tatbestand nicht erfülle, wenn die Besteuerungswürdigkeit entsprechend der im Steuergesetz umschriebenen typischen zivilrechtlichen Gestaltung gleichwohl bestehen bleibe.

Damit ist entschieden, daß bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel gegen die Heranziehung der nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft zur Grunderwerbsteuer nicht eingewendet werden kann, man sei zur Vermeidung bestimmter zivilrechtlicher, öffentlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Folgen zu der gewählten Gestaltung gezwungen gewesen.

Daß nach dem zitierten Urteil in BFHE 179, 443, BStBl II 1996, 377 im Rahmen des § 42 AO 1977 ohne Belang sein soll, wie die gewählte Rechtsgestaltung unter außersteuerrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist, im Streitfall aber die Rechtsgestaltung aus einem steuerrechtlichen Gesichtspunkt --nämlich dem des Erhalts der Sonderabschreibungen-- gewählt worden ist, begründet keinen maßgeblichen Unterschied, der eine erneute Befassung des BFH mit der aufgeworfenen Rechtsfrage erforderlich machte. Bei der Frage geht es nämlich nicht um das Verhältnis des Steuerrechts einerseits zu außersteuerrechtlichen Erwägungen andererseits, sondern um das Verhältnis des jeweils umgangenen Steuergesetzes --hier des GrEStG-- zu allen anderen Rechtsgebieten einschließlich anderer Steuergesetze.

Ende der Entscheidung

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