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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: II B 106/99
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 79b
FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
FGO § 79 Abs. 1
ZPO § 42 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Am 6. November 1998 erhob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Klage gegen die im Schätzungswege ergangenen Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1989 und 1993. Die Schätzungen seien unzulässig und im Übrigen unrichtig. Die im Einspruchsverfahren geltend gemachten Schuldzinsen seien nicht berücksichtigt worden. Der Senatsvorsitzende forderte den Kläger am 11. November 1998 auf, die Klage innerhalb eines Monats zu begründen. Als innerhalb dieser Frist bereits eine Klageerwiderung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) einging, forderte nunmehr der Berichterstatter den Kläger am 26. November 1998 zur Stellungnahme wiederum innerhalb eines Monats auf. Nach ungenutztem Ablauf beider Fristen zog der Berichterstatter zunächst die Steuerakten bei und forderte sodann den Kläger am 1. Februar 1999 gemäß § 79b der Finanzgerichtsordnung (FGO) "nochmals" auf, bis zum 31. März 1999 die Vermögensteuererklärungen auf den 1. Januar 1989 und 1993 vorzulegen.

Daraufhin lehnte der Kläger den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Es sei keinerlei sachliches Erfordernis erkennbar, knapp drei Monate nach Eingang der Klage bereits eine Frist gemäß § 79b FGO zu setzen. Dies gelte umso mehr, als in dem schon seit Februar 1996 anhängigen Rechtsstreit .../96 wegen Einkommensteuer 1992 nach über drei Jahren noch kein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt sei. Außerdem sei er mit der Verfügung des Berichterstatters vom Februar 1999 nicht "nochmals", sondern erstmals gerichtlich zur Vorlage der Vermögensteuererklärungen aufgefordert worden und habe der Berichterstatter den Hinweis auf die geltend gemachten Schulden gänzlich ignoriert.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag nach Abgabe einer dienstlichen Äußerung des betroffenen Richters, die dem Kläger zur Kenntnis gegeben wurde, unter Mitwirkung eines Ersatzrichters im Beschlusswege ab. Es führte aus, die gemäß § 79b FGO gesetzte Frist sei nicht zu beanstanden, die dabei erfolgte fehlerhafte Verwendung des Wortes "nochmals" kein Anzeichen für eine Befangenheit des Berichterstatters und der Verfahrensstand der Streitsache .../96 ohne Bedeutung.

Dagegen legte der Kläger Beschwerde ein, der das FG nicht abhalf. Er ist weiterhin der Ansicht, die innerhalb dreier Monate nach Eingang der Klage gemäß § 79b FGO gesetzte Frist sei rechtsmissbräuchlich und habe nur dem Zweck gedient, den Rechtsstreit ohne sachliche Prüfung und ohne Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Schulden zu erledigen. Dies lasse an der Unvoreingenommenheit des Berichterstatters zweifeln.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die vom Kläger vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, in seiner Person in einer objektiv nachvollziehbaren Weise berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Berichterstatters beim FG zu begründen.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Ein derartiger Grund ist gegeben, wenn ein Beteiligter zwar von seinem Standpunkt aus, aber nach Maßgabe einer vernünftigen objektiven Betrachtung davon ausgehen kann, der Richter werde nicht unvoreingenommen entscheiden. Ob der Grund wirklich vorliegt, ist dabei unerheblich (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Mai 1997 I B 17/97, BFH/NV 1998, 34). Daran fehlt es im Streitfall.

Im Rahmen ihrer Verpflichtung gemäß § 79 Abs. 1 FGO, vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen, ist der Vorsitzende oder der Berichterstatter nicht gehalten, von der Möglichkeit einer Fristsetzung nach § 79b FGO erst nach mehrfacher vergeblicher Aufforderung, bestimmte Tatsachen anzugeben, oder nach Verstreichen einer Zeitspanne von mehr als drei Monaten Gebrauch zu machen. Deshalb kann aus dem Umstand, dass der Berichterstatter im Streitfall schon nach weniger als drei Monaten eine Frist nach § 79b FGO gesetzt und dabei gerichtlich erstmals zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert hat, auch aus der Sicht des Klägers nicht auf eine Unvoreingenommenheit des Berichterstatters geschlossen werden. Wie es dabei zu der Formulierung "nochmals" gekommen ist, hat der Berichterstatter in seiner dienstlichen Äußerung, die dem Kläger bekannt gegeben worden ist, nachvollziehbar erläutert, ohne dass der Kläger dagegen Einwendungen vorgebracht hätte. Die Erläuterung lässt sich im Übrigen anhand der Akten des FG und dem dort abgehefteten Original der formularmäßigen Verfügung des Berichterstatters vom 1. Februar 1999 belegen.

Die beanstandete Formulierung kann daher auch aus klägerischer Perspektive kein Anzeichen für eine Unvoreingenommenheit des Berichterstatters sein. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger bestimmte Schulden angegeben hatte. Macht der Steuerpflichtige geltend, eine Schätzung sei unzulässig, und verlangt er, statt der gleichwohl erfolgten Schätzung eine Steuerfestsetzung anhand konkreter Angaben vorzunehmen, reicht es nicht aus, sich nur zur Passivseite des Vermögens zu äußern.

Der .../96 wegen Einkommensteuer 1992 ist schon deshalb nicht geeignet, in der Person des Klägers objektiv nachvollziehbare Zweifel an der Unparteilichkeit des Berichterstatters hervorzurufen, weil die Sache in einem anderen Senat des FG anhängig ist.



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