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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.02.2009
Aktenzeichen: II B 109/08
Rechtsgebiete: AO, ErbStG, BGB


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 2
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 2174
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die im April 2000 verstorbene Erblasserin (E) hatte testamentarisch ihr Vermögen u.a. auf den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seinen Bruder sowie drei weitere Personen (die Geschwister M) verteilt. Der Kläger und sein Bruder sollten zu gleichen Teilen ein bebautes Grundstück sowie jeweils einen Betrag von 500 000 DM erhalten. Den gleichen Betrag sollte auch deren Mutter bekommen. Größere Teile des Vermögens sollten den Geschwistern M zufallen.

Noch zu ihren Lebzeiten hatte E nach Erteilung der erforderlichen Bauerlaubnis mit umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten auf dem Grundstück begonnen, die bei ihrem Tode erst zur Hälfte ausgeführt waren. Das Grundstück war zu diesem Zeitpunkt nicht bewohnbar.

Im Rahmen des Verfahrens zur Erbscheinserteilung kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und seinem Bruder einerseits sowie den Geschwistern M andererseits über die Auslegung des Testaments, die durch eine notariell beurkundete Vereinbarung vom 22. Dezember 2000 bereinigt wurden. Danach sollte E gewollt haben, dem Kläger und seinem Bruder das Grundstück in bewohnbarem Zustand zu verschaffen. Die Geschwister M, denen schließlich der Erbschein als Miterben zu je ein Drittel erteilt wurde, verpflichteten sich daher, dem Kläger und seinem Bruder über die bereits genannten 500 000 DM hinaus jeweils weitere 257 500 DM zu zahlen. Die Geschwister M hatten selbst bereits 272 384,51 DM für die Umbauarbeiten auf dem Grundstück aufgewandt, von denen 120 684,67 DM auf Baumaßnahmen entfielen, die beim Tod der E bereits erbracht waren. Mit Bescheid vom Juni 2002 hat die zuständige Behörde den Grundbesitzwert für das Grundstück auf den Todeszeitpunkt der E auf 166 000 DM (84 874 EUR) festgestellt. Es war dabei als unbebautes Grundstück im Zustand der Bebauung bewertet worden.

In dem gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid vom 12. Oktober 2005, mit dem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegen den Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 280 082 DM (137 093 EUR) festgesetzt hat, sind der vermächtnisweise Erwerb des halben Grundstücksanteils mit 83 000 DM, Geldvermächtnisse mit (500 000 DM + 257 500 DM =) 757 500 DM und ein mit 75 849 DM bewerteter sowie als "Verschaffungsvermächtnis Umbau" bezeichneter Erwerb berücksichtigt. Betragsmäßig handelt es sich bei Letzterem um die Hälfte des Teils der Aufwendungen der Geschwister M für Bauarbeiten auf dem Grundstück, die erst nach dem Tod der E ausgeführt worden sind, nämlich 1/2 von (272 384,51 DM ./. 120 684,67 DM =) 151 699,84 DM.

Einspruch und Klage, mit denen sich der Kläger gegen den Ansatz von Geldvermächtnissen sowie eines "Verschaffungsvermächtnisses Umbau" gewandt hatte, blieben erfolglos. Der Kläger konnte sich mit seiner Auffassung, ihm sei lediglich ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück mit wieder bewohnbarem Gebäude vermacht worden, das mit dem Grundstückswert der Sache in bewohnbarem Zustand zu bewerten sei, nicht durchsetzen. Er erreichte in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) lediglich das Einverständnis des FA zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage um 75 000 DM.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob "die vermächtnisweise Zuwendung eines Grundstücks im Zustand der Bebauung einheitlich mit dem für das Grundstück geltenden Steuerwert zu bewerten" ist, wenn der mit dem Vermächtnis belastete Erbe das aufstehende Gebäude mit Mitteln aus dem Nachlass in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen hat. Die Rechtsfrage erfordere auch eine Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist ohne weiteres so zu beantworten, wie das FG entschieden hat.

1.

Der Kläger hat von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 2174 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entweder eine Forderung gegen die Geschwister M auf Übertragung eines Miteigentumsanteils an dem Grundstück mit bewohnbaren Gebäuden erworben oder aber eine Forderung auf Übertragung des Miteigentumsanteils am Grundstück im Zustand beim Tod der E sowie eine weitere Forderung auf einen Geldbetrag zur Herstellung der Bezugsfertigkeit. Was die Bewertung des Erwerbs anbelangt, macht dies jedoch keinen Unterschied. Sollte vermächtnisweise ein einziger Anspruch auf Übertragung des Grundstücks mit bezugsfertigem Gebäude erworben worden sein, wäre dieser nicht etwa --wie der Kläger meint-- mit dem Grundstückswert im Zeitpunkt des Eintritts der Bewohnbarkeit zu bewerten.

2.

Grundsätzlich wäre dieser dann einzige Sachleistungsanspruch mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dass bislang der Anspruch aus einem Sachleistungsvermächtnis ausnahmsweise mit dem Wert der Sache bewertet worden ist (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Oktober 1997 II R 68/95, BFHE 183, 248, BStBl II 1997, 820, 823), geschah nicht im Hinblick auf den Vermächtnisnehmer als Berechtigten, sondern wegen der Verhältnisse auf Seiten der Erben als Verpflichteten. Beim Vermächtnisnehmer musste nur deshalb eine mit der Erbenseite korrespondierende Bewertung vorgenommen werden, weil ein auf denselben Gegenstand bezogener Anspruch nicht anders bewertet werden sollte als die ihm gegenüber stehende Verpflichtung. Die Erben aber erwerben neben der Verpflichtung, den vermachten Gegenstand auf den Vermächtnisnehmer zu übertragen, diesen Gegenstand selbst. Per Saldo gleichen sich Aktiv- und Passivposten aus. Werden aber der Gegenstand und die ihn betreffende Sachleistungsverpflichtung unterschiedlich bewertet, nämlich die Verpflichtung mit dem gemeinen Wert und der Gegenstand selbst mit einem davon abweichenden Steuerwert, beeinflusst der abweichende Steuerwert auf Seiten der Erben die Höhe der Bereicherung im Übrigen (so BFH-Urteil vom 2. Juli 2004 II R 9/02, BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039, unter II.2.a).

Ist jedoch ein im Nachlass befindliches Grundstück in einem Zustand vermacht, den die belasteten Erben erst noch mit Mitteln aus dem Nachlass herbeiführen müssen, würde der Zweck der ausnahmsweisen Bewertung der Sachleistungsverpflichtung mit dem Wert der Sache verfehlt werden, wenn unberücksichtigt bliebe, dass die belasteten Erben bei der Ermittlung ihres Erwerbs die aufzuwendenden Mittel zunächst zum Nennwert als Aktivposten zu berücksichtigen haben.

3.

Der Erwerb des Grundstücks im Zustand beim Tod der E und der Erwerb des zur Fertigstellung des Gebäudes aufzuwendenden Kapitals wird bei den Geschwistern M als Erben nur dann per Saldo ausgeglichen, wenn die Verpflichtung aus dem Vermächtnis nur insoweit mit dem Steuerwert der Sache bewertet wird, wie sich dieser auf die Sache im Zeitpunkt des Todes der E bezieht. Im Übrigen muss es bei der Bewertung mit dem gemeinen Wert verbleiben, der --von Fehlmaßnahmen abgesehen-- dem Nennwert der von den Erben aufgewandten Mittel entspricht. Gleichermaßen wäre die Bewertung des Sachleistungsanspruchs auf Seiten des Klägers vorzunehmen, sollte das Grundstück mit bezugsfertigem Gebäude Vermächtnisgegenstand sein.

Ende der Entscheidung

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