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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: II B 114/00
Rechtsgebiete: GrEStG, AO 1977, FGO


Vorschriften:

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 42
FGO a.F. § 115 Abs. 2
FGO a.F. § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GbR, hatte zunächst zwei Gesellschafter A-GmbH und B-GmbH. Die Klägerin erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 22. Juli 1994 von der Stadt X eine Teilfläche eines Grundstücks von rd. 1 800 qm zur Errichtung von Sozialwohnungen.

Durch Vertrag vom 1. September 1994 teilten die Gesellschafter der Klägerin --in ihrer Eigenschaft als künftige Gesamthänder-- das Grundstück in Wohnungseigentum auf. In der Teilungserklärung wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligungen vorgesehen war. Am Vermögen der Klägerin war die A-GmbH mit 96,001 v.H. und die B-GmbH mit 3,999 v.H. beteiligt. Die Abtretung einer Gesellschafterbeteiligung war zulässig, die Abtretung eines Teils der Gesellschafter-Beteiligung jedoch nur, wenn sie in einem Umfang erfolgte, dass dieser Teil dem Anteil am Gesellschaftsgrundstück entsprach, der mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden war und zugleich den bedingten Anspruch auf Eigentumsübertragung an dieser Wohnung nach Auflösung der Gesellschaft mitumfasste. Die A-GmbH sollte bei Auflösung der Gesellschaft Alleineigentum an den Eigentumseinheiten Nrn. 2 bis 28 erhalten und die B-GmbH die Eigentumseinheit Nr. 1. Durch notariell beurkundete Vereinbarungen, die zwischen dem 22. Dezember 1994 und dem 22. Dezember 1995 beurkundet wurden, übertrugen die A-GmbH und B-GmbH alle ihre Gesellschaftsbeteiligungen an der GbR auf unterschiedliche Erwerber. Dabei wurde jeweils eine einer Eigentumseinheit entsprechende Gesellschafterbeteiligung zusammen mit dem bedingten Anspruch auf Eigentumsübertragung an einer Wohnungseinheit veräußert. Bei den bis zum 14. Juli 1995 beurkundeten Veräußerungen wurde die Abtretung der Gesellschafterbeteiligung erst mit der Zahlung des nicht durch Kredit finanzierten Barkaufpreises und Bezugsfertigkeit der Teileigentumseinheit wirksam. Der Barkaufpreis war dabei nach schlüsselfertiger Herstellung des Bauwerks fällig, welche in diesen Vereinbarungen bis zum 30. September 1995 bzw. überwiegend bis zum 31. Dezember 1995 in Aussicht gestellt wurde. Bei den ab 14. September 1995 beurkundeten Veräußerungen war der Barkaufpreis angesichts der bereits erfolgten schlüsselfertigen Erstellung sofort fällig und erfolgte die Abtretung mit Wirkung ab der Zahlung und in den am 21. und 22. Dezember 1995 beurkundeten Veräußerungsfällen mit Wirkung zum 30. Dezember 1995 oder bei früherer Zahlung.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sah in der Auswechslung aller Gesellschafter einen steuerpflichtigen Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 i.V.m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte auf der Grundlage eines Gesamtverkaufspreises Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin in Höhe von ... DM fest.

Mit der dagegen gerichteten Klage wurde geltend gemacht, ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO 1977 sei nicht gegeben.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das FA habe zu Recht einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 steuerpflichtigen Erwerb angenommen. Durch die Auswechslung aller Gesellschafter der Klägerin zwischen dem 22. Dezember 1994 und dem 22. Dezember 1995 sei dieser Tatbestand erfüllt worden. Mit dem Wirksamwerden der Vereinbarungen sei die jeweils gesamte Gesellschaftsbeteiligung an der Klägerin vollständig auf neue Gesellschafter übertragen worden. Damit seien alle Gesellschafter der Klägerin ausgewechselt. Dies sei mit Wirkung für einen verhältnismäßig engen zeitlichen Rahmen, nämlich zwischen September und Ende Dezember 1995, erfolgt. In diesem Zeitraum seien nach den einzelnen Verträgen die Abtretungen der Gesellschaftsanteile auf die neuen Gesellschafter wirksam geworden. Dieser Austausch sei nach einem vorgefassten Gesamtplan erfolgt. Der Streitfall unterscheide sich von den vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 31. Juli 1991 II R 79/88 (BFH/NV 1992, 410) und vom 17. Juni 1998 II R 30/96 (BFH/NV 1998, 1525) entschiedenen Sachverhalten. Im Unterschied zu der Entscheidung in BFH/NV 1992, 410 sei die Übertragung der Gesellschaftsanteile im Streitfall mit Wirkung auf einen erheblich engeren Zeitraum als von 11 Monaten erfolgt. Zudem hätten im Streitfall die Veräußerung der fertig gestellten Einheiten bzw. entsprechender Beteiligungen im Vordergrund gestanden, der Beitritt der neuen Gesellschafter sei nicht zur Finanzierung des Bauvorhabens erfolgt, der Barkaufpreis für die Gesellschaftsanteile sei erst bei Bezugsfertigkeit des Gebäudes fällig gewesen. Im Fall des BFH-Urteils in BFH/NV 1998, 1525 hätte sich der Neueintritt der Gesellschafter über einen Zeitraum von fast 18 Monaten erstreckt.

Die Revision hat das FG nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie Divergenz und grundsätzliche Bedeutung als Gründe zur Zulassung der Revision geltend macht.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) zu beurteilen, wie sich aus Art. 4 dieses Gesetzes ergibt. Die angefochtene Entscheidung des FG ist vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden.

2. Die Entscheidung des FG weicht nicht ab i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. von den Urteilen des erkennenden Senats in BFH/NV 1992, 410 und in BFH/NV 1998, 1525.

Die Entscheidung des FG beruht auf keinem Rechtssatz, der zu einem vom BFH in den angezogenen Entscheidungen aufgestellten allgemeinen Rechtssatz in Widerspruch stünde. Das FG ist vielmehr bei seiner Entscheidung ausdrücklich von diesen BFH-Urteilen ausgegangen. Es ist lediglich aufgrund seiner Meinung nach bestehender Sachverhaltsunterschiede in dem von ihm zu beurteilenden Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass ausgehend von der Rechtsprechung des erkennenden Senats im Streitfall der Tatbestand des § 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 erfüllt sei. Einen den BFH-Entscheidungen entgegenstehenden Rechtssatz hat es nicht aufgestellt. Ob die vom FG, ausgehend von der Rechtsauffassung in den angezogenen BFH-Urteilen, getroffene Subsumtion im vom FG entschiedenen Einzelfall rechtlich zutreffend ist, ist im Rahmen der Entscheidung über eine Divergenzrüge nicht zu prüfen. Eine fehlerhafte Subsumtion im Einzelfall begründet noch keine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Die von der Klägerin herausgestellte Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel kann gegen die Heranziehung der nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft zur Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 nicht eingewendet werden, man sei zur Vermeidung bestimmter öffentlich-rechtlicher (einschließlich steuerrechtlicher) oder wirtschaftlicher Folgen zu der gewählten Gestaltung gezwungen gewesen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Mai 1999 II B 104/98, BFH/NV 1999, 1640). Damit ist auch die von der Klägerin herausgestellte Sachverhaltskonstellation mitentschieden.



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