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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.08.2006
Aktenzeichen: II B 116/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
AO 1977 § 39
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb mit Vertrag vom 2. Mai 1990 ein Gebäude, das in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) liegt. Am 12. Juni 1990 wurde der Kläger als (Gebäude-)Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit weiterem Vertrag vom 6. September 1991 veräußerte er das Gebäude an die Firma ... Bau GmbH (GmbH). Eine Genehmigung für diesen Vertrag nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) lag nicht vor. Am 2. November 1993 wurde die GmbH als (Gebäude-)Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Am 27. Februar 1997 wurde der Kläger wieder als (Gebäude-)Eigentümer in das Grundbuch eingetragen und anschließend das Eigentum am dazugehörigen Grundstück nebst Gebäudeeigentum nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) im Rahmen eines Restitutionsverfahrens auf die Erben des früheren Eigentümers, X und Y, zurückübertragen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) stellte mit Einheitswertbescheid vom 6. März 1998 im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 1993 den Einheitswert für das Grundstück (Geschäftsgrundstück auf fremdem Grund und Boden) in Höhe von 196 500 DM fest und rechnete das Gebäude dem Kläger zu. Mit Bescheid vom gleichen Tag setzte das FA den Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1993 in Höhe von 1 375,50 DM fest. Einspruch und Klage, mit denen sich der Kläger ausschließlich gegen die Zurechnung wandte, blieben erfolglos.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (Divergenz; § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine die Rechtseinheit gefährdende Divergenz liegt nur vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein anderes Gericht (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 53).

a) Soweit der Kläger rügt, das FG wende die Rechtsprechung des BFH nicht an, wonach es für die Zurechnung auf den Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums ankomme, kann auf sich beruhen, ob allein mit dem Vortrag der Nichtanwendung eine Divergenz in der gesetzlich erforderlichen Weise schlüssig dargelegt werden kann (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Beschwerde ist insoweit jedenfalls deswegen unbegründet, weil das FG keinen von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Es vertritt nämlich nicht die Rechtsauffassung, die Zurechnung richte sich ausschließlich nach dem (zivilrechtlichen) Eigentum. Das FG hat vielmehr, dem § 39 der Abgabenordnung (AO 1977) folgend, zunächst geprüft, ob im Streitfall eine Zurechnung kraft zivilrechtlichen Eigentums (Abs. 1) vorliege, und in einem weiteren Schritt, ob diese kraft wirtschaftlichen Eigentums (Abs. 2) zu erfolgen habe, und beide Fragen verneint.

b) Soweit der Kläger rügt, das FG weiche von der Entscheidung des BFH in seinem Beschluss vom 22. Juli 2004 II B 177/02 (BFH/NV 2004, 1515) ab, ist die Beschwerde unzulässig, weil der Zulassungsgrund einer Divergenz nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Offen bleiben kann, ob der Kläger eine Divergenz schon deswegen nicht dargelegt hat, weil mit dem angezogenen Beschluss über die Zulassung der Revision nicht über eine revisible Rechtsfrage entschieden worden ist (vgl. m.w.N. BFH-Beschluss vom 13. Juli 2004 X B 175/03, BFH/NV 2004, 1544). Die Rüge ist jedenfalls auch deswegen unschlüssig, weil der Kläger vorträgt, das FG habe über einen anderen Sachverhalt zu entscheiden gehabt als der BFH in seinem Beschluss in BFH/NV 2004, 1515. Damit fehlt es an der Darlegung der Abweichung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt (vgl. oben). Im Übrigen übersieht der Kläger, dass das FG seine Begründung, wirtschaftliches Eigentum sei nicht begründet worden, nicht --wie vom Kläger offensichtlich so verstanden-- auf die fehlende Rechtsmacht des Klägers aus dem Vertrag vom 2. Mai 1990 stützt, sondern darauf, dass wegen Unwirksamkeit des Vertrages vom 6. September 1991 keine Rechtsmacht vom Kläger auf die GmbH übertragen werden konnte.

c) Soweit der Kläger schließlich eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in seinen Urteilen vom 15. Dezember 1995 V ZR 110/94 (Deutsche Notar-Zeitschrift --DNotZ-- 1997, 132) und vom 26. Januar 1996 V ZR 212/94 (DNotZ 1997, 137) geltend macht, liegt ebenfalls keine zulässige Divergenzrüge vor. Der Kläger legt keine abweichenden Rechtssätze dar, sondern verkennt bei seinen Darlegungen, dass der BGH in den o.g. Entscheidungen über die Wirksamkeit von Kaufverträgen im Hinblick auf die Abgabe von zivilrechtlichen Einigungserklärungen entschieden hat, während im Streitfall --als andere Rechtsfrage-- über die Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Hoheitsakte (Verleihung des Nutzungsrechts, Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung) zu befinden war.

2. Ob der Kläger mit seinen weiteren Ausführungen, das FG habe bei der Würdigung des im Vertrag vom 6. September 1991 vorgesehenen Eventualmietvertrages gegen anerkannte Auslegungsregeln, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie gegen die Gesetze der Logik verstoßen, sinngemäß einen Verfahrensfehler rügen wollte, kann offen bleiben. Solche Verstöße stellen --wenn sie vorliegen-- regelmäßig materielle Rechtsfehler dar (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82, 83). Diese können nur zur Zulassung führen, wenn einer der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO dargelegt wird. Dies hat der Kläger nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise getan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Insbesondere fehlt es insoweit an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 59, 60). Das FG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Eventualmietvertrag tatsächlich nicht durchgeführt worden ist. Die Rügen des Klägers zielen dagegen auf die --demgemäß-- nicht mehr entscheidungserheblichen, hilfsweisen weiteren Ausführungen des FG zur Bedeutung des Vertrages im Falle seiner Durchführung.



Ende der Entscheidung

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