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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.08.2004
Aktenzeichen: II B 123/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Am 4. März 1995 schlossen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit der X-Immobilien GbR einen privatschriftlichen Werkvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Gebiet des Bebauungsplanes Flurstück 27e in ... zum Festpreis von 424 240 DM. In dem Vertrag heißt es, alle Änderungen und/oder Ergänzungen bedürften der Schriftform. Das Schriftformerfordernis könne seinerseits nur schriftlich abbedungen werden. Nebenabreden seien nicht getroffen.

Aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages vom 8. März 1995 erwarben die Kläger als Miteigentümer je zur Hälfte von der X-Bauträger GbR eine noch zu vermessende Teilfläche des Flurstücks 27e zum Gesamtkaufpreis von 48 300 DM.

Mit Änderungsbescheiden vom 29. Oktober 1998 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegen jeden der Kläger eine Grunderwerbsteuer von 4 725 DM fest. Die Steuer war jeweils nach der Hälfte des Grundstückskaufpreises sowie des Festpreises für das Gebäude bemessen. Einspruch und Klage, mit denen sich die Kläger gegen die Annahme wandten, sie hätten das Grundstück mit einem noch zu errichtenden Gebäude erworben, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, zwischen dem Werkvertrag und dem Grundstückskaufvertrag bestehe ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang, weil die Kläger bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages hinsichtlich der Bebauung gegenüber der Veräußererseite bereits gebunden gewesen seien und zwischen den Partnern beider Verträge Personenidentität bestehe. Die Immobilien GbR und die Bauträger GbR hätten dieselben Gesellschafter.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision rügen die Kläger Abweichungen der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie mangelnde Sachaufklärung.

a) In dem Urteil vom 16. Januar 2002 II R 16/00 (BFHE 197, 308, BStBl II 2002, 431) habe der BFH den Rechtssatz aufgestellt, zur Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes müsse der Werkvertrag mit jemandem abgeschlossen sein, der mit dem Veräußerer persönlich, wirtschaftlich, gesellschaftsrechtlich bzw. durch vertragliche Abreden verbunden sei. Dem entnehmen die Kläger Folgendes: Unter persönlicher Verbindung sei zu verstehen, dass ein und dieselbe Person Partner beider Verträge sein müsse. Unter wirtschaftlicher Verbindung sei ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse zu verstehen. Mit gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit sei gemeint, dass gleiche Gesellschaften aufgetreten seien. Demgegenüber habe das FG den Rechtssatz aufgestellt, Personenidentität der Vertragspartner der Grundstückskäufer liege auch dann vor, wenn es sich um unterschiedliche Gesellschaften handle und nur die Gesellschafter identisch seien.

b) Mit dem Beschluss vom 2. September 1993 II B 71/93 (BFHE 172, 534, BStBl II 1994, 48) --in der Beschwerdeschrift wird die Fundstelle BFHE 172, 534 versehentlich mit dem BFH-Urteil vom 16. Januar 2002 II R 16/00 verbunden-- habe der BFH den Rechtssatz aufgestellt, für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes sei erforderlich, dass der Verkäufer zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile bestrebt sein müsse, das Grundstück nur an jemanden zu veräußern, der bereit sei, die Verpflichtung aus dem Werkvertrag zu übernehmen. Es müsse das gemeinsame Ziel des Grundstücksverkäufers und des Werkunternehmers sein, dem Erwerber ein bebautes Grundstück zu verschaffen. Demgegenüber habe das FG den Rechtssatz aufgestellt, der Veräußerer brauche nicht darauf hinzuwirken, dass auf dem veräußerten Grundstück tatsächlich ein Gebäude errichtet werde.

c) Seine Sachaufklärungspflicht habe das FG dadurch verletzt, dass es nicht ihrem, der Kläger, Vorbringen nachgegangen sei, abweichend vom schriftlichen Werkvertrag mündlich ein Rücktrittsrecht vereinbart zu haben.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Abweichungen der Vorentscheidung von den zitierten Entscheidungen des BFH liegen nicht vor. Vielmehr missverstehen die Kläger die von ihnen wiedergegebenen Ausführungen des BFH (unten zu 1. a) bzw. des FG (unten zu 1. b). Auch die Aufklärungsrüge der Kläger greift nicht durch.

1. Zunächst ist festzuhalten, dass beide von den Klägern zitierten Entscheidungen des BFH Sachverhalte betreffen, die durch den Eintritt des Grundstückserwerbers in einen bereits bestehenden Generalübernehmervertrag gekennzeichnet und daher mit dem Streitfall nur bedingt vergleichbar sind.

a) Der dem BFH-Urteil in BFHE 197, 308, BStBl II 2002, 431 entnommene Rechtssatz dient allerdings der kurz gefassten Wiedergabe der Rechtsprechungsgrundsätze zum einheitlichen Erwerbsgegenstand, die auch für den Streitfall maßgeblich sind. Soweit die Kläger aber diesen Rechtssatz vom Erfordernis eines mit dem Grundstücksveräußerer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich bzw. durch vertragliche Abreden verbundenen Dritten dahin verstehen, mit personeller oder gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit sei Identität der Personen bzw. der Gesellschaften gemeint, handelt es sich um ein Missverständnis. Sind der Verkäufer und der Werkunternehmer bzw. Generalübernehmer identisch --weil es sich beide Male um dieselbe natürliche Person oder dieselbe Gesellschaft handelt--, stellt sich die Frage einer Verbundenheit ohnehin nicht. Dies wird deutlich, wenn die von den Klägern unvollständig zitierte Textstelle des BFH um den weggelassenen Teil ergänzt wird. Der vollständige Satz lautet nämlich:

"Die Annahme eines einheitlichen Vertragsgegenstandes 'bebautes Grundstück' setzt neben dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrages den Abschluss eines Vertrages über die Errichtung eines Gebäudes zwischen dem Erwerber und der Veräußererseite, d.h. entweder dem Grundstücksveräußerer oder einem mit diesem personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich bzw. durch vertragliche Abrede (Zusammenarbeit, abgestimmtes Verhalten) verbundenen Dritten voraus."

Eine etwaige Personen- oder Gesellschaftsidentität fällt aber bereits unter die erste Alternative, die mit "entweder dem Grundstücksveräußerer" umschrieben wird. Die von den Klägern zitierte Textstelle betrifft demgegenüber die zweite Alternative, nämlich solche Sachverhalte, bei denen es gerade an dieser Identität fehlt. Deshalb kann mit gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit nicht eine Identität zweier Gesellschaften gemeint sein, sondern lediglich eine Verbundenheit dieser Gesellschaften über ihre Gesellschafter. Bei diesem Verständnis des Rechtssatzes des BFH ist aber die geltend gemachte Abweichung der Vorentscheidung nicht mehr vorhanden.

b) Der dem FG zugeschriebene Rechtssatz, mit dem es von dem BFH-Beschluss in BFHE 172, 534, BStBl II 1994, 48 abgewichen sein soll, ist der Vorentscheidung nicht zu entnehmen. Bei diesem Rechtssatz handelt es sich um eine Auslegung, die die Kläger der Aussage des FG unterlegen, es sei nicht entscheidend, ob der Erwerber zuvor mit anderen Baufirmen und/oder Architekten Verhandlungen geführt habe, vielmehr sei es ausreichend, dass an den beiden GbR jeweils dieselben Personen beteiligt gewesen seien. Diesen Ausführungen des FG ist der von den Klägern daraus abgeleitete Rechtssatz nicht zu entnehmen.

c) Die Aufklärungsrüge (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist unschlüssig. Da die Kläger im Verfahren vor dem FG keine Beweisanträge zur angeblich mündlich erfolgten Vereinbarung eines Rücktrittsrechts gestellt haben, wäre zur schlüssigen Rüge mangelnder Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 FGO u.a. erforderlich gewesen darzutun, welche Tatsachen das FG von Amts wegen hätte aufklären oder welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 19. August 1994 IX B 124/94, BFH/NV 1995, 238) und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten. Im Streitfall fehlt es an der Darlegung der Gründe, derentwegen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen. Diesem Erfordernis kam im Streitfall besonderes Gewicht zu, weil in dem Werkvertrag vom 4. März 1995 ausdrücklich bestimmt war, dass Nebenabreden nicht getroffen seien und dass etwaige Änderungen oder Ergänzungen der mündlich nicht abdingbaren Schriftform bedürften.

Ende der Entscheidung

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