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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.04.2000
Aktenzeichen: II B 133/99
Rechtsgebiete: GrEStG 1983
Vorschriften:
GrEStG 1983 § 1 Abs. 7 | |
GrEStG 1983 § 2 Abs. 1 Satz 1 |
Die Aussage im BFH-Urteil vom 30. Januar 1991 II R 89/87 (BFHE 163, 251, BStBl II 1991, 271), dass der Erbbauzinsanspruch grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil des belasteten Grundstücks ist, trifft auch für das GrEStG 1983 zu. Beim Erwerb des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks geht daher die auf den Erbbauzins entfallende und nach der sog. Boruttau'schen Formel zu berechnende Gegenleistung nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ein. Eine Minderung der nach der verbleibenden Gegenleistung für das Grundstück berechneten Steuer gemäß § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 kommt insoweit nicht in Betracht.
GrEStG 1983 § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 1 Satz 1
Beschluss vom 12. April 2000 - II B 133/99 -
Vorinstanz: FG München
Gründe
I.
Die A bestellte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. August 1988 der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) für die Dauer von 30 Jahren ein Erbbaurecht an dem 11 033 qm großen Grundstück (Flurstück --Flst.-- 213/25). Der Klägerin wurde zudem ein befristetes Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingeräumt. Das Finanzamt setzte wegen des Erwerbs des Erbbaurechts durch Bescheid Grunderwerbsteuer in Höhe von 84 570 DM fest. Als Gegenleistung legte es den kapitalisierten Erbbauzins in Höhe von 4 228 502 DM zugrunde. Der monatliche Erbbauzins war dabei mit einem Betrag von 23 544 DM angesetzt.
Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom ... verkaufte die A das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück sowie das 1 194 qm große Grundstück Flst. 213/26 und eine noch zu vermessende Teilfläche eines weiteren Grundstücks (Flst. 213/18) für 7,2 Mio. DM an Dritte. Die Klägerin machte am ... von ihrem Vorkaufsrecht bezüglich des Grundstücks Flst. 213/25 Gebrauch. Sie erklärte sich in einer notariellen Urkunde vom ... auf Verlangen der A damit einverstanden, auch das Flst. 213/26 und die Teilfläche des Flst. 213/18 zu erwerben. Die A und die Klägerin erklärten daraufhin in dieser Urkunde die Auflassung hinsichtlich dieser Grundstücke.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) setzte wegen dieses Erwerbs gegen die Klägerin zunächst Grunderwerbsteuer in Höhe von 144 000 DM fest. Als Bemessungsgrundlage legte er den Kaufpreis in Höhe von 7,2 Mio. DM zugrunde.
Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, dass als Bemessungsgrundlage nur die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem kapitalisierten Erbbauzins für die Restlaufzeit des Erbbaurechts, gerechnet von der Ausübung des Vorkaufsrechts an, zugrunde gelegt werden dürfe. Den Kapitalwert des Erbbauzinses bezifferte sie ausgehend von einem monatlichen Betrag von nunmehr 29 234 DM auf insgesamt 4 665 746 DM. Als Kaufpreis für den Grundbesitz ergab sich damit ein Betrag von (7 200 000 DM ./. 4 665 746 DM =) 2 534 254 DM.
Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Das FA setzte die Grunderwerbsteuer im Rahmen der Einspruchsentscheidung auf 59 429 DM herab, indem es gemäß § 1 Abs. 7 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) den kapitalisierten Wert des Erbbauzinsanspruchs, der der Besteuerung des Erwerbs des Erbbaurechts zugrunde gelegt worden war (4 228 502 DM), vom Kaufpreis abzog. Den weitergehenden Einspruch wies es als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Klägerin entsprechend ihrem Begehren im Einspruchsverfahren eine Herabsetzung der Steuer auf 50 685 DM beantragt hatte, statt. Zur Begründung führte es aus, dass der Anspruch auf den Erbbauzins, der bürgerlich-rechtlich Bestandteil des belasteten Grundstücks sei (§ 96 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grunderwerbsteuerrechtlich nicht zum Grundstück gehöre. Diese Rechtsprechung sei auch bei der Anwendung des Grunderwerbsteuergesetzes in der ab dem 1. Januar 1983 geltenden Fassung zu beachten. Der Kaufpreis unterliege mithin nur insoweit der Grunderwerbsteuer, als er nach dem Verhältnis der gemeinen Werte des Grundstücks und des Erbbauzinsanspruchs auf das Grundstück entfalle. Die Klägerin und das FA hatten sich zuvor darauf verständigt, dass als gemeine Werte des Grundbesitzes und des Erbbauzinsanspruchs für die Restlaufzeit des Erbbaurechts die von der Klägerin ermittelten Beträge anzusetzen seien.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht das FA geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu hinsichtlich der Rechtsfragen, ob das BFH-Urteil vom 30. Januar 1991 II R 89/87 (BFHE 163, 251, BStBl II 1991, 271) auch bei Erwerben, für die das Grunderwerbsteuergesetz 1983 gelte, anzuwenden sei, ob sich durch § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 eine Doppelbelastung für den dort geregelten Sachverhalt vermeiden lasse und ob für den Fall, dass der Erbbauzinsanspruch grunderwerbsteuerrechtlich nicht Bestandteil des Grundstücks sei, § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 über die dann erforderliche Kürzung der Bemessungsgrundlage hinaus angewendet werden könne. Der Gesetzgeber habe erkannt, dass es beim Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten zu einer Doppelbesteuerung kommen könne, soweit die Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks auf den Erbbauzinsanspruch entfalle, und deshalb in § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 eine Regelung getroffen, durch die eine Doppelbelastung vermieden werde. In dieser Vorschrift komme zugleich zum Ausdruck, dass er entgegen der dem BFH-Urteil in BFHE 163, 251, BStBl II 1991, 271 zugrunde liegenden Rechtsansicht davon ausgehe, dass der Erbbauzinsanspruch auch grunderwerbsteuerrechtlich Teil des belasteten Grundstücks sei.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die vom FA aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig.
Der BFH hat durch das Urteil in BFHE 163, 251, BStBl II 1991, 271 entschieden, dass der Erbbauzinsanspruch grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil des belasteten Grundstücks ist. Diese Entscheidung gilt, was keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf, auch für die Anwendung des Grunderwerbsteuergesetzes in der ab dem 1. Januar 1983 geltenden Fassung (ebenso z.B. Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 14. Aufl., § 2 Rn. 65; Sack, Grunderwerbsteuergesetz, § 9 Rn. 560; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl., § 2 Rdnr. 14; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, 2. Aufl., § 9 Rz. 180; Möllinger, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1994, 81, 82 f.). Entscheidend ist, dass es sich bei dem Erbbauzinsanspruch um eine bloße Geldforderung handelt. Der Erwerb des Erbbauzinsanspruchs stellt folglich keinen Grundstücksumsatz dar und unterliegt daher nach dem Sinn und Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes nicht der Grunderwerbsteuer. Da sich die Zielrichtung des Grunderwerbsteuerrechts, ausschließlich Grundstücksumsätze zu erfassen, durch das Inkrafttreten des Grunderwerbsteuergesetzes 1983 nicht geändert hat, gelten diese Überlegungen uneingeschränkt auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1983.
Mit der Regelung des § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 wird die Frage, ob der Erbbauzinsanspruch grunderwerbsteuerrechtlich Teil des Grundstücks ist, nicht erneut aufgeworfen. Durch diese Vorschrift, die nur den Erwerb erbbaurechtsbelasteter Grundstücke durch den Erbbauberechtigten und damit nicht sämtliche Fälle des Erwerbs erbbaurechtsbelasteter Grundstücke betrifft, soll lediglich eine Doppelbesteuerung hinsichtlich des beim Erwerb des Erbbaugrundstücks auf den Erbbauzinsanspruch entfallenden Anteils der Gegenleistung vermieden werden (vgl. BTDrucks 9/251, 16 f.). Eine Änderung allgemeiner grunderwerbsteuerrechtlicher Grundsätze zum Erwerbsgegenstand war nicht beabsichtigt. Gehört aber der auf den Erbbauzinsanspruch entfallende Anteil der Gegenleistung nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, so kommt es insoweit nicht zu einer Doppelbelastung, die durch Anwendung von § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 vermieden werden müsste. Die Steuer, die sich für das Erbbaugrundstück nach Aufteilung der Gegenleistung entsprechend der sog. Boruttau'schen Formel ergibt, ist deshalb nicht mehr gemäß § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 um die Steuer zu mindern, die bei der Begründung oder beim Erwerb des Erbbaurechts gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1983 auf die Erbbauzinsverpflichtung entfallen ist (a.A. Pahlke/Franz, a.a.O., § 2 Rz. 29, § 9 Rz. 179 f.).
Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass für § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 kein Anwendungsbereich mehr verbleibt. In den Fällen, in denen die Entlastungswirkung aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 über das durch die Restlaufzeit des Erbbauzinsanspruchs tatsächlich gebotene Maß hinausgeht (vgl. Hofmann, a.a.O., § 1 Rdnr. 108), ist eine Anwendung dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen. § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 kann weiter reichen; das kann insbesondere der Fall sein, wenn nur noch ein geringer Teil der Gegenleistung auf den Erbbauzins entfällt (z.B. beim Erwerb des Erbbaugrundstücks kurze Zeit vor dem Erlöschen des Erbbaurechts), weil § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 auf den Betrag abstellt, von dem bei der Begründung oder beim Erwerb des Erbbaurechts die Steuer berechnet worden ist. Diese Frage stellt sich im Streitfall jedoch nicht.
Ende der Entscheidung
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