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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: II B 147/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 79b
FGO § 79b Abs. 1
FGO § 79b Abs. 1 Satz 1
FGO § 79b Abs. 3
FGO § 116 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Aufgrund einer Selbstanzeige des Klägers und Beschwerdeführers (Klägers) erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) am 22. Februar 2001 Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar der Jahre 1993 bis 1996, die bestandskräftig wurden. Am 20. November 2002 setzte das FA u.a. wegen dieser Vermögensteueransprüche Hinterziehungszinsen fest. Bei der Ermittlung der Höhe der Zinsen ging das FA davon aus, dass der Zinslauf am 29. März 2001 geendet habe.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründete der Kläger zunächst nicht. Mit einem am 24. Juli 2003 zugestellten Schreiben setzte der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) dem Kläger unter Hinweis auf § 79b Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühle, eine Frist bis zum 5. September 2003.

Mit seiner am 29. August 2003 beim FG eingegangenen Klagebegründung vertrat der Kläger die Auffassung, die Zinsbescheide hätten wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht ergehen dürfen. Außerdem behauptete er, bereits im Jahr 1999 in Erwartung der zu leistenden Nachzahlung eine Abschlagszahlung in Höhe von 250 000 DM geleistet zu haben.

In der mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2004 vertrat der Kläger die Auffassung, der Zinslauf hätte bereits mit der Überweisung der Abschlagszahlung enden müssen. Auf Nachfrage des FG konnte der Kläger weder Angaben über den genauen Zahlungszeitpunkt noch darüber machen, welche Steuerschulden mit der Abschlagszahlung getilgt worden sein könnten.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG hielt das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der frühzeitigen Steuerzahlung zwar für erheblich, wies es aber nach § 79b Abs. 3 FGO als verspätet zurück, weil insoweit weitere Ermittlungen erforderlich seien, die die Entscheidung des Rechtsstreits verzögern würden. Denn bereits die hinterzogenen Einkommensteuerbeträge würden mit 274 384 DM die vom Kläger behauptete pauschale Zahlung von 250 000 DM übersteigen.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger, die Revision wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Das FG habe durch fehlerhafte Anwendung des § 79b FGO gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verstoßen. Er ist der Auffassung, die Anforderungen des § 79b Abs. 1 FGO bereits dadurch erfüllt zu haben, dass er innerhalb der gesetzten Frist eine Klagebegründung abgegeben habe.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde ist begründet.

Es liegt ein vom Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Der Kläger rügt zu Recht, dass das FG sein Vorbringen zum Ende des Zinslaufs durch die frühzeitige Zahlung nicht hätte zurückweisen dürfen, weil bereits sein innerhalb der gesetzten Frist beim FG eingegangenes Schreiben vom 28. August 2003 die Anforderungen des § 79b Abs. 1 FGO erfüllt habe.

Schon in diesem Schreiben hat der Kläger das FG auf die Tatsache der Leistung einer Nachzahlung im Jahr 1999 hingewiesen. Lediglich die rechtlichen Folgerungen aus der rechtzeitig vorgebrachten Tatsache (vorzeitiges Ende des Zinslaufs, sofern mit dieser Zahlung auch die Vermögensteuerschulden getilgt worden sind) hat der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung gezogen. Die Vornahme rechtlicher Würdigungen ist indes Aufgabe des FG; der verspätete Vortrag von Rechtsausführungen wird von § 79b Abs. 1 Satz 1 FGO nicht erfasst.

Das FG hätte in den 13 Monaten, die zwischen dem Eingang des Schriftsatzes des Klägers und der mündlichen Verhandlung lagen, auch ohne Mitwirkung des Klägers --etwa durch Anfrage beim FA-- erfolgversprechende Ermittlungen zum genauen Zahlungszeitpunkt und zur Tilgungswirkung der Abschlagszahlung in Bezug auf die hier maßgebenden Vermögensteuerschulden vornehmen können.

Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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