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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: II B 152/05
Rechtsgebiete: FGO, GrEStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
GrEStG § 16
GrEStG § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 8. Juli 1999 je zur ideellen Hälfte ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 640 000 DM. Für den Fall der Benennung von Ersatzkäufern waren die Kläger zum Rücktritt vom Kauf des gesamten Grundstücks oder von dem jeweiligen ideellen Grundstücksanteil berechtigt. Die Verkäuferin (V) verpflichtete sich, an die von den Klägern benannten Ersatzkäufer das ganze Grundstück oder ideelle Grundstücksanteile zu den von den Klägern anteilig aus dem Kaufpreis ermittelten Kaufpreisanteilen zu den gleichen Bedingungen unverzüglich zu verkaufen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Kläger durch Bescheide vom 8. November 1999 Grunderwerbsteuer von jeweils 11 200 DM fest.

Nachdem die Kläger ihr vorbehaltenes Rücktrittsrecht ausgeübt hatten, verkaufte V das Grundstück durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16. Januar 2001 an die A-GmbH, deren Gesellschafter der Kläger und sein Sohn waren. Der Kaufpreis, der bereits an V gezahlt war, betrug ebenfalls 640 000 DM.

Den am 2. März 2001 gestellten Antrag der Kläger auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerbescheide vom 8. November 1999 lehnte das FA durch Bescheid vom 26. März 2001 ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) geltend.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinander setzen. Liegt zu der Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so gehört zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt hat oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden muss (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.).

a) An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall. Die Kläger vertreten in ihrer Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Auffassung, dass der Wortlaut des § 16 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ausschließlich die zivilrechtliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs erfordere. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteile vom 9. März 1994 II R 86/90, BFHE 173, 568, BStBl II 1994, 413; vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770; vom 21. Februar 2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700) reicht jedoch zur Erfüllung des Tatbestands des § 16 Abs. 1 GrEStG die zivilrechtliche (formale) Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts nicht aus. Vielmehr ist erforderlich, dass sich die Vertragspartner auch tatsächlich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt. Mit dieser Rechtsprechung haben sich die Kläger nicht auseinander gesetzt.

b) Auch die von den Klägern in ihrem erst nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 9. März 2006 als rechtsgrundsätzlich herausgestellte Frage der Gewährung von Vertrauensschutz im Zusammenhang mit der Anwendung des § 16 GrEStG ist nicht hinreichend dargelegt. Abgesehen davon, dass nach Ablauf der Begründungsfrist vorgebrachte Zulassungsgründe unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. September 2001 XI B 25/01, BFH/NV 2002, 213; vom 25. Juli 2005 X B 131/04, BFH/NV 2005, 1862), fehlt es auch insoweit an jeder Auseinandersetzung mit der von der ständigen Rechtsprechung des BFH für die Anwendung des § 16 Abs. 1 GrEStG geforderten tatsächlichen Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs.

2. Die Kläger haben auch nicht schlüssig dargelegt, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO). Wird eine Abweichung des angegriffenen Urteils des Finanzgerichts von Entscheidungen des BFH gerügt, so müssen in der Beschwerdebegründung tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausgearbeitet und einander so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2005 XI B 225/03, BFH/NV 2005, 1603; vom 11. November 2005 II B 5/05, BFH/NV 2006, 348; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42, m.w.N.). Daran fehlt es. Die Kläger haben keine tragenden Rechtssätze aus der Vorentscheidung einerseits und den von ihnen angeführten Divergenzentscheidungen (u.a. BFH-Urteile vom 11. Oktober 1995 II R 97/93, BFH/NV 1996, 260, und in BFHE 173, 568, BStBl II 1994, 413) andererseits herausgearbeitet und gegenübergestellt. Sie wenden sich vielmehr der Sache nach gegen die inhaltliche Richtigkeit der Vorentscheidung; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. Mai 2006 VII B 311/05, BFH/NV 2006, 1445, m.w.N.).

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