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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.11.1998
Aktenzeichen: II B 19/98
Rechtsgebiete: GrEStG 1983, BGB, FGO


Vorschriften:

GrEStG 1983 § 1 Abs. 6 Satz 2
GrEStG 1983 § 8 Abs. 1
GrEStG 1983 § 9 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 670
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wurde durch Vertrag vom 14. Dezember 1994 errichtet. Gesellschaftszweck sollte die Modernisierung und die Vermietung von Mehrfamilienhäusern sein. Das Gesellschaftskapital wurde auf insgesamt ... DM festgesetzt. Dieser Betrag entsprach den zur Durchführung eines bestimmten Investitionsvorhabens erforderlichen Gesellschaftereinlagen.

Zugleich mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags erteilten die Gründungsgesellschafter der X-Treuhand GmbH (Treuhänder) in notariell beurkundeter Form einen Treuhandauftrag, für sie alle tatsächlichen und rechtlichen Handlungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung eines bestimmten Investitionsvorhabens wahrzunehmen. Der Treuhänder sollte insbesondere die Beitrittsverträge mit weiteren Gesellschaftern, den Grundstückskaufvertrag, Geschäftsbesorgungs- und Finanzierungsvermittlungsverträge, Rechts- und Steuerberaterverträge, den Generalübernehmervertrag betreffend die Baumaßnahmen, den Mietgarantie- und den Mietverwaltervertrag für die Gesellschafter abschließen. Der Treuhänder sollte das Grundstück im eigenen Namen erwerben, "für die Gesellschaft treuhänderischer Eigentümer" werden und dieses "im eigenen Namen, aber ausschließlich für Rechnung und Gefahr der Gesellschaft" halten. Auf Verlangen der Klägerin sollte der Treuhänder verpflichtet sein, das Grundstück an die Gesellschafter oder einen von diesen benannten Dritten zu übereignen. Die übrigen Verträge sollte der Treuhänder mit den jeweiligen Leistungsanbietern im Namen und für Rechnung der Klägerin abschließen.

Am 16. Dezember 1994 erwarb der Treuhänder ein in Y gelegenes, mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück. Der Kaufpreis betrug ... DM. Die anfallende Grunderwerbsteuer sollte der Treuhänder tragen. Gleichzeitig beauftragte der Treuhänder im Namen und für Rechnung der Klägerin die Verkäuferin des Grundstücks, zu einem Pauschalfestpreis von ... DM das Mehrfamilienhaus schlüsselfertig instandzusetzen und zu modernisieren; er schloß auch die übrigen Verträge mit den jeweiligen Leistungsanbietern ab.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm an, daß die Klägerin aufgrund der abgeschlossenen Verträge die Verwertungsbefugnis an dem in Y gelegenen Grundstück einschließlich des schlüsselfertig instandgesetzten und modernisierten Mehrfamilienhauses erworben habe. Er setzte durch Bescheid vom 27. Juli 1995 nach einer Gegenleistung von ... DM Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM gegen die Klägerin fest. Die Höhe der Gegenleistung wurde vom FA wie folgt ermittelt:

Grundstückskaufpreis ... DM Modernisierungskosten ... DM Erwerbs- und Finanzierungskosten ... DM Mietgarantieleistungen ... DM Rechts- und Steuerberatung ... DM Teuhänder ... DM Eigenkapitalvermittlung ... DM Vergütung für Geschäftsführung und Finanzierungsvermittlung ... DM Bauzeitzinsen ... DM Grunderwerbsteuer für vorausgegangenen Erwerbsvorgang ... DM -------------- Gegenleistung ... DM ==============

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, die gegen den Treuhänder für den Eigentumserwerb an dem Grundstück festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM sei gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1983 (GrEStG 1983) anzurechnen und die Steuer deshalb auf ... DM zu ermäßigen, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, § 1 Abs. 6 Satz 2 GrEStG 1983 sei nicht anzuwenden, weil auf der Erwerberseite nicht dieselben Personen an den aufeinanderfolgenden Erwerbsvorgängen beteiligt seien. Im übrigen habe das FA bei der Ermittlung der Höhe der Gegenleistung zutreffend den Gesamtaufwand der Klägerin zugrunde gelegt, den diese für das vollständig modernisierte Grundstück aufgrund des einheitlichen Vertragsbündels zu leisten gehabt habe.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde der Klägerin, mit der sie Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Klägerin macht u.a. geltend, soweit das FG den Gesamtaufwand der Klägerin zur Gegenleistung gerechnet habe, bestehe eine Abweichung zu den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. August 1994 II R 108/91 (BFH/NV 1995, 431), vom 28. September 1988 II R 244/85 (BFHE 155, 164, BStBl II 1989, 157) und vom 2. Oktober 1985 II R 86/83 (BFHE 144, 475, BStBl II 1986, 28). Danach seien bei Treuhanderwerben zwar die dem Treuhänder nach § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu ersetzenden Aufwendungen als Gegenleistung anzusehen. Dies gelte jedoch nicht für künftig entstehende Verpflichtungen sowie für solche Beträge, die die Treugeber an Dritte zu entrichten hätten. Demnach seien die Modernisierungskosten, die erst nach der Begründung der Verwertungsbefugnis angefallen seien, nicht zur Gegenleistung zu nehmen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, im übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der BFH hat in den Urteilen vom 8. Februar 1995 II R 19/92 (BFH/NV 1995, 823, 826) sowie vom 4. September 1996 II R 62/94 (BFH/NV 1997, 308, 310) entschieden, daß bei Übertragung der Verwertungsbefugnis an einem Grundstück mit noch zu errichtendem (mit noch zu renovierendem) Gebäude auch alle vom Erwerber für die Errichtung (Renovierung) des Gebäudes aufzuwendenden Entgelte in die Steuerbemessungsgrundlage (Gegenleistung) einzubeziehen sind.

Unter diesen Umständen hätte die Klägerin zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung Gründe angeben müssen, weshalb sie eine erneute Entscheidung der Frage nach der Einbeziehung der Renovierungskosten in die Steuerbemessungsgrundlage bei Treuhanderwerben im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1995 X B 155/94, BFH/NV 1995, 708); dies ist nicht geschehen.

2. Die von der Klägerin behauptete Divergenz besteht nicht. Eine Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von den BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1995, 431; in BFHE 155, 164, BStBl II 1989, 157, und in BFHE 144, 475, BStBl II 1986, 28 liegt nicht vor.

Diese Entscheidungen, die den Erwerb der Verwertungsbefugnis auf Grund eines Auftrags- und Treuhandverhältnisses zum Gegenstand haben, enthalten lediglich Ausführungen zu der Frage, ob und inwieweit der vom Treugeber an den Treuhänder zu zahlende Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB zur Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 zu rechnen ist. Dies hat der BFH in allen Fällen bejaht und ausgeführt, daß zwischen dem Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten (Treuhänder) und dem Anspruch des Auftraggebers (Treugeber) gegen den Beauftragten (Treuhänder) auf Übertragung (Verschaffung) der im Hinblick auf das Grundstück erlangten Rechtsposition (Verwertungsbefugnis) eine kausale Verknüpfung bestehe.

Soweit in der Entscheidung in BFHE 144, 475, 479, BStBl II 1986, 28, 30 darauf hingewiesen wird, daß "künftig entstandene und noch entstehende Verpflichtungen aus § 670 BGB" nicht zur Gegenleistung gehörten, weil sie ggf. unmittelbar in der Person des Klägers (Treugeber) entstanden sind oder noch entstehen, soll damit klargestellt werden, daß Verpflichtungen, die der Erwerber erst nach dem Erwerb der Verwertungsbefugnis eingeht, für die Gegenleistung regelmäßig unerheblich sind (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 25. November 1992 II R 122/89, BFH/NV 1993, 688, 691), weil es insoweit am Merkmal der kausalen Verknüpfung zwischen dem Erwerb der Verwertungsbefugnis und der späteren Verpflichtung zum Aufwendungsersatz fehlt.

Etwas anderes muß hingegen dann gelten, wenn die nach dem Erwerb der Verwertungsbefugnis eingegangenen Verpflichtungen auf Vereinbarungen beruhen, die in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Treuhandauftrag (Erwerb der Verwertungsbefugnis) stehen und den Gegenstand des Erwerbsvorgangs (z.B. Grundstück in einem zukünftigen Zustand) betreffen. Dies ist der Fall, wenn die Vereinbarung über die Verschaffung der Verwertungsbefugnis (hier: Treuhandauftrag) in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück in einem zukünftigen (z.B. bebauten, renovierten) Zustand zu verschaffen (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 309, m.w.N.). In einem solchen Fall ist unabhängig davon, inwieweit beim Erwerb der Verwertungsbefugnis durch Begründung eines Treuhandverhältnisses der vom Treugeber an den Treuhänder zu zahlende Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB zur Gegenleistung zu rechnen ist, für den Umfang der Bemessungsgrundlage (Gegenleistung) entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist und was der Erwerber aufzuwenden hat, um die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück in dem von den Vertragsbeteiligten bestimmten, möglicherweise zukünftigen Zustand zu erlangen (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 823, m.w.N.). Ist --wie im Streitfall-- Gegenstand des Erwerbs der Verwertungsbefugnis ein Grundstück in einem zukünftigen (z.B. renovierten) Zustand, so rechnen alle Leistungen des Erwerbers an den Treuhänder oder einen Dritten, um die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück in dem vereinbarten zukünftigen Zustand zu erlangen, zur Gegenleistung (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 308, 310). Unerheblich ist es deshalb in diesen Fällen, ob der Treuhänder die der Bebauung dienenden Verträge im Rahmen seines Treuhandauftrages im eigenen Namen abschließt und einen entsprechenden Ersatzanspruch gegen die Treugeber nach § 670 BGB hat oder ob er --wie im Streitfall-- lediglich als Bevollmächtigter auftritt und die Verträge im Namen und für Rechnung der Treugeber abschließt, so daß Vergütungsansprüche Dritter gegen die Treugeber entstehen.

Ende der Entscheidung

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