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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: II B 24/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Ehemann der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) überließ mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Oktober 1995 einen ihm gehörenden Miteigentumsanteil an einem Grundstück ohne Gegenleistung je zur Hälfte an seine beiden Kinder mit der Auflage, ihm den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück einzuräumen. Nach seinem Ableben sollte das Nießbrauchsrecht der Klägerin auf deren Lebensdauer zustehen. Der Ehemann der Klägerin und die Kinder bewilligten und beantragten die Eintragung dieses als aufschiebend bedingt bezeichneten Nießbrauchsrechts zugunsten der Klägerin in das Grundbuch. Im Jahr 1999 verstarb der Ehemann.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin für den Erwerb des Nießbrauchsrechts mit Bescheid vom 21. Juni 2000 Erbschaftsteuer nach den für die beschränkte Steuerpflicht geltenden Vorschriften fest und wies den Einspruch nach einer Erhöhung der festgesetzten Steuer als unbegründet zurück. Die Klage blieb ebenfalls erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war aufgrund einer eingehenden Würdigung von Rechtsprechung und Literatur der Auffassung, bei dem Erwerb des Nießbrauchsrechts handele es sich um einen Vermögensvorteil, den die Klägerin aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten (Kinder des Erblassers) unmittelbar erworben habe, und somit um einen Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes --ErbStG--). Dem Erlass des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheides habe daher Festsetzungsverjährung nicht entgegengestanden.

Die Klägerin stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie auf Verfahrensmängel.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klägerin hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht hinreichend dargelegt.

1. Rechtsfortbildung

a) Um den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) darzulegen, muss der Beschwerdeführer ebenso wie für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 8. Juli 2004 VII B 35/04, BFH/NV 2004, 1621, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer muss sich dazu mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen auseinander setzen (BFH-Beschluss vom 1. September 2004 II B 156/03, BFH/NV 2005, 71, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat keine für den Streitfall entscheidungserhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt und sich auch nicht mit Rechtsprechung und Literatur auseinander gesetzt. Sie wendet sich vielmehr lediglich gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung. Die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung wird damit nicht dargetan.

2. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

a) Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist zum einen dann erforderlich, wenn eine Divergenz vorliegt. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz gestützt, erfordert die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendige Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen, dass die Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts, von der nach der Behauptung des Beschwerdeführers das Urteil des FG abweicht, genau bezeichnet wird und dass kenntlich gemacht werden muss, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegen soll. Dem ist nur genügt, wenn abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze der Divergenzentscheidung(en) so genau bezeichnet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2005 XI B 225/03, BFH/NV 2005, 1603; vom 30. Mai 2005 X B 149/04, BFH/NV 2005, 1618, und vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632, je m.w.N.).

Diesem Erfordernis wird die Beschwerdebegründung nicht einmal ansatzweise gerecht.

b) Die Revision ist zum anderen auch dann nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, wenn das erstinstanzliche Urteil unter einem so schweren Rechtsfehler leidet, dass sein Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde (BFH-Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896; in BFH/NV 2005, 1618, und in BFH/NV 2005, 1632). Ein solcher Fehler kommt nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung in Betracht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1632).

Dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorlägen, hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan. Sie rügt vielmehr lediglich die Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung und setzt sich dabei nicht einmal mit der vom FG angeführten Rechtsprechung und Literatur auseinander. Dies genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

3. Verfahrensmängel

Mit der Rüge, das FG sei seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht hinreichend nachgekommen, macht die Klägerin einen Verfahrensmangel nicht schlüssig geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Sie führt insbesondere nicht aus, welche Tatsachen eine weitere Sachverhaltsaufklärung ergeben hätte und inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG im Ergebnis zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge insoweit z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. April 2005 III B 58/04, BFH/NV 2005, 1589, und vom 3. Mai 2005 X B 2/05, BFH/NV 2005, 1601).

4. Der Schriftsatz der Klägerin vom 27. Mai 2005 kann bei der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil er erst nach Ablauf der antragsgemäß bis zum 5. April 2005 verlängerten Frist für die Beschwerdebegründung bei Gericht eingegangen ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1589, m.w.N.). Davon abgesehen betraf das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 20. Januar 2005 II R 20/03 (BFHE 208, 432, BStBl II 2005, 408) die Begründung eines sofort frei verfügbaren Anspruchs auf die Leistung gegen den Versprechenden durch einen Vertrag zugunsten Dritter und somit einen anderen Sachverhalt als die vorliegende Streitsache, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Klägerin der Nießbrauch erst nach dem Tod ihres Ehemannes zustehen sollte und dieser Nießbrauch weder übertragbar noch vererblich ist (§§ 1059 Satz 1, 1061 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

Ende der Entscheidung

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