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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: II B 27/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Durch notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 30. Mai 1991 erwarb die seinerzeit als "A-Beteiligungsgesellschaft mbH" firmierende Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) von der B-KG Objekt X-Straße (Verkäuferin) ein in Z belegenes Grundstück. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte für diesen Erwerb durch Bescheid vom 14. Juni 1991 gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 76 380 DM fest; als Bemessungsgrundlage legte das FA den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 3 350 000 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zugrunde.

Später wurde dem FA anlässlich einer Betriebsprüfung bekannt, dass am 25. Juli 1991 die zu diesem Zeitpunkt als "A-Beteiligungsgesellschaft 'Objekt X-Straße' mbH" firmierende Klägerin mit der C einen Bauvertrag zur Errichtung eines Bürogebäudes auf dem Kaufgrundstück geschlossen hatte. Die Verkäuferin und C hatten einen bereits zuvor geschlossenen Generalunternehmervertrag vom 22. Juni 1990 zur Bebauung des Kaufgrundstücks noch vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags vom 30. Mai 1991 aufgehoben. Die Aufhebungsvereinbarung stand unter der Bedingung, dass bis zum 31. August 1991 zwischen der Verkäuferin und der A-Treuhand- und Vermögensverwaltungs-GmbH ein rechtsgültiger Grundstückskaufvertrag geschlossen wird.

Durch Änderungsbescheid vom 3. April 1997 setzte das FA gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 359 773 DM nach einer Bemessungsgrundlage von 17 988 653,83 DM fest.

Die gegen den Änderungsbescheid nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bejahte einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauerrichtungsvertrag. Die Verkäuferin sei aufgrund des mit C geschlossenen Aufhebungsvertrags verpflichtet gewesen, das Kaufgrundstück an die A-Treuhand- und Vermögensverwaltungs-GmbH zu übertragen. Der Aufhebungsvertrag habe nur dann einen Sinn gehabt, wenn bereits bei seinem Abschluss eindeutige Planungsregelungen zwischen C und der A-Treuhand- und Vermögensverwaltungs-GmbH bestanden. Rechtlich unschädlich sei, dass im Aufhebungsvertrag nicht die A-Beteiligungsgesellschaft mbH benannt gewesen sei. Zwischen den einzelnen "A-Firmen" habe ein so enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang bestanden, dass die einzelnen Firmen als einheitliches Gebilde anzusehen seien.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend. Sie rügt u.a., dass der Beweisantritt zu der Frage, ob bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags ein Plan zur Bebauung des Objekts mit C bestanden habe, übergangen worden sei.

II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel. Es ist sachgerecht, deshalb die Sache gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) ist zu Recht erhoben.

1. Das FG hat einen Beweisantrag der Klägerin übergangen. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin Zeugenbeweis zu der Frage angetreten, ob bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags ein Plan bestanden habe, dass "das Objekt mit der C bebaut werde". Dieser Beweisantrag war eine Kurzfassung des schriftsätzlichen Antrags zu dem dort bezeichneten Beweisthema, dass die Klägerin und die A-Treuhand- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH nicht aus dem zwischen C und der Verkäuferin geschlossenen Aufhebungsvertrag zum Abschluss eines Generalunternehmervertrags mit C verpflichtet waren. Diese Behauptung wäre, wenn sie sich erweisen ließe, nach der Rechtsauffassung des FG rechtserheblich, weil dieses unter Berücksichtigung des § 6 des Aufhebungsvertrags eine bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags vom 30. Mai 1991 bestehende Bindung der Klägerin an eine mit C durchzuführende Bebauung des Kaufgrundstücks bejaht hat. Damit hat das FG den angebotenen Beweis unter Verstoß gegen das Verbot einer vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht erhoben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juli 1994 VIII R 60/93, BFH/NV 1995, 717; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 76 Rz. 26).

2. Auch die weitere Rüge der Klägerin, das FG habe ihre gesellschaftsrechtliche und personelle Verflechtung mit der Firma A-Treuhand- und Vermögensverwaltungs-GmbH unabhängig von Beweisanträgen von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) aufklären müssen, ist zu Recht erhoben. Das FG hat dem Amtsermittlungsgrundsatz besondere Bedeutung zuzumessen, soweit es um Feststellungen geht, denen unmittelbar entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt. In diesen Fällen hat das FG jedenfalls solchen tatsächlichen Zweifeln nachzugehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen müssen (BFH-Beschluss vom 17. September 2003 I B 18/03, BFH/NV 2004, 207; Gräber/von Groll, a.a.O., § 76 Rz. 17).

Im Streitfall hat das FG seine Feststellung, die einzelnen "A-Firmen" seien als einheitliches Gebilde anzusehen, ausschließlich auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestützt. Dessen Erklärung, die A-Firmen seien durch mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen der Familie D zusammengehalten, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines "einheitlichen Gebildes". Hierzu hätte es weiterer Feststellungen über die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises der A-Beteiligungs GmbH und der A-Treuhand- und Vermögensverwaltungs-GmbH sowie etwa zwischen diesen Firmen vorhandener Absprachen im Hinblick auf den Erwerb des Kaufgrundstücks und seiner Bebauung bedurft.

3. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird darauf hingewiesen, dass ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einem Bauerrichtungsvertrag (auch) gegeben ist, wenn dem Erwerber ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis einheitlich angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt (BFH-Urteile vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl II 1995, 331; vom 15. März 2000 II R 34/98, BFH/NV 2000, 1240).



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