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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: II B 27/07
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 34 Abs. 1 Satz 2
AO § 69
AO § 191 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Zeitraum vom 10. November 1999 (Eintragung in das Handelsregister) bis zum 6. November 2000 Geschäftsführer der Firma Grundstücksgesellschaft mbH ... (GmbH). Die GmbH hatte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18./29. Dezember 1998 zum Preis von 1 772 998 DM ein Grundstück gekauft. Eine Eintragung der GmbH als neue Eigentümerin unterblieb.

Mit Bescheid vom 12. November 1999 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegenüber der GmbH Grunderwerbsteuer in Höhe von 62 054 DM fest. Da die Grunderwerbsteuer weder von der GmbH noch von der Verkäuferin des Grundstücks als Zweitschuldnerin entrichtet worden war, erließ das FA am 7. Dezember 2001 nach Anhörung gegen den Kläger einen Haftungsbescheid über 76 934 DM wegen der Steuer und Säumniszuschlägen in Höhe von 14 880 DM.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der Kläger habe zumindest grob fahrlässig seine Verpflichtung aus § 34 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) verletzt, den Fiskus nicht gegenüber anderen Gläubigern zu benachteiligen. Soweit das FA die Tilgungsquote gegenüber anderen Gläubigern der GmbH mit 100 % geschätzt habe, sei dies nicht zu beanstanden, da der Kläger die ihm gestellten Fragen zur Überprüfung der Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nicht beantwortet und damit seine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Die Entscheidung des FA, den Kläger gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO mit Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen, sei ermessensfehlerfrei getroffen worden, da das FA neben dem Kläger auch dessen Nachfolger als Geschäftsführer der GmbH und somit alle in Betracht kommenden Haftungsschuldner in Anspruch genommen habe.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Außerdem rügt er eine Verletzung der Art. 3, 9 und 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ist durch die Bezugnahme auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 10. Februar 2000 1 Ss 1337/99 (Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungs-Report --NStZ-RR-- 2001, 173) nicht ausreichend dargetan.

Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenz gehört die Gegenüberstellung tragender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Weiterhin ist auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293; vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom 20. Februar 2008 VIII B 83/07, BFH/NV 2008, 978; vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger benennt zwar zwei abstrakte Rechtsfragen und führt das Urteil des OLG Hamm in NStZ-RR 2001, 173 an. Nähere Angaben zu den in der Divergenzentscheidung aufgestellten Rechtssätzen fehlen jedoch. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die zur Strafbarkeit eines Geschäftsführers wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a des Strafgesetzbuches) ergangene Entscheidung des OLG Hamm für den Streitfall von Bedeutung sein könnte. Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für die Steuerschulden der GmbH aus § 69 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 2 AO begründet ausschließlich die Verpflichtung, für eine zu Lasten eines anderen begründete Steuerschuld mit dem eigenen Vermögen einstehen zu müssen; ein Strafcharakter ist der Haftung aus § 69 AO nicht zu eigen.

Die Beschwerdebegründung erschöpft sich letztlich darin, die aus Sicht des Klägers fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts zu rügen. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient jedoch nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 14. September 2007 VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; in BFH/NV 2008, 980).

2. Der Kläger trägt auch keinen sogenannten qualifizierten, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO führenden Rechtsanwendungsfehler vor.

Ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist gegeben, wenn er von erheblichem Gewicht und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dies ist nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung der Fall.

Für die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen eines sogenannten qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers genügt es nicht, dass sich der Kläger auf einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG oder gegen die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG beruft. Wird mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein Verfassungsverstoß geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer diesen zumindest inhaltlich näher begründen. Dies erfordert eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BFH ausgerichtete rechtliche Auseinandersetzung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533; vom 28. Juli 2006 III B 28/05, BFH/NV 2006, 2273; vom 19. Oktober 2007 II B 107/06, BFH/NV 2008, 573). Die bloße Nennung der Artikel des GG ist hierfür nicht ausreichend.

3. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass das FG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe.

Zur schlüssigen Rüge, das FG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, muss der Beteiligte darlegen, inwiefern ihm das Gericht das rechtliche Gehör versagt habe, zu welchen der Tatsachen oder Rechtsfragen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, er sich nicht habe äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß gegenüber dem Gericht gerügt habe und inwiefern schließlich durch sein --lediglich infolge des Verfahrensfehlers unterbliebenes-- Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts anders hätte ausfallen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. August 1997 VIII B 81/96, BFH/NV 1998, 196; vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974).

Der Kläger trägt jedoch nicht vor, zu welchen Tatsachen oder Rechtsfragen er sich nicht habe äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte. Vielmehr erschöpft sich seine Rüge in der Behauptung, das FG habe eine Willkürentscheidung getroffen.

Eine derartige Verletzung des rechtlichen Gehörs ist im Streitfall im Übrigen bereits deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, die er nach Ergehen eines Gerichtsbescheids beantragt hatte, verzichtet hat (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580).

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