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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: II B 3/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. In der Sache streiten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit eines Schenkungsteuerbescheids und die Wahrung der Klagefrist.

Das Finanzgericht (FG) terminierte die mündliche Verhandlung auf den 1. Dezember 2004, 10.30 Uhr. Dem war ein Telefongespräch des beim FG eingesetzten Berichterstatters mit dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der als Rechtsanwalt in eigener Sache auftritt, vorausgegangen. Dazu findet sich auf dem Vorblatt der FG-Akte der Vermerk: "Kl Tel 17.11. mit Verkürzung der Ladungsfrist einverstanden." Sowohl auf der Ladungsverfügung als auch auf der dem Kläger am 19. November 2004 zugestellten Ladung ist die Uhrzeit des Termins handschriftlich von einem zunächst späteren Termin (11 Uhr oder 11.30 Uhr) auf 10.30 Uhr geändert worden.

Der Kläger erschien um 10.45 Uhr im Sitzungssaal. Das FG hatte die mündliche Verhandlung aber bereits um 10.40 Uhr eröffnet und um 10.42 Uhr geschlossen. Das Urteil, mit dem die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig verworfen wurde, war um 10.43 Uhr verkündet worden.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Er behauptet, anlässlich des Anrufs des Berichterstatters in seiner Kanzlei, den er persönlich entgegengenommen habe, sei neben der Abkürzung der Ladungsfrist vereinbart worden, den Termin auf 11.00 Uhr festzusetzen. Diesen Termin habe er persönlich in den Terminkalender der Kanzlei eingetragen. Als später die Ladung mit dem abweichenden Termin 10.30 Uhr eingegangen sei, habe die Bürovorsteherin den eingetragenen Termin nicht geändert, da sie davon ausgegangen sei, dass der vom Anwalt persönlich eingetragene Termin zutreffend sei. Er ist der Auffassung, das FG hätte aufgrund des Telefongesprächs Anlass gehabt, mit der Entscheidung eine gewisse Zeit zu warten oder zumindest in der Kanzlei nachfragen müssen. Eine Verzögerung anderer Verfahren habe nicht gedroht, da die nächste Verhandlung am Sitzungstag erst auf 12.00 Uhr terminiert worden sei.

II. Die Beschwerde ist begründet.

Es liegt ein vom Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gebietet, dass die Prozessbeteiligten Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung zu äußern. Diese Gelegenheit ist in der Regel gegeben, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt, der Verhandlungstermin den Beteiligten bekannt gegeben und mit der Verhandlung zum angekündigten Zeitpunkt begonnen wird.

Hat ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringen Verspätung ausdrücklich angekündigt, so wird er im Allgemeinen damit rechnen können, dass das FG infolge seiner prozessualen Fürsorgepflicht eine angemessene Zeit warten und die Verhandlung nicht bereits kurze Zeit nach dem Termin schließen wird. Geschieht dies gleichwohl, kann darin eine Versagung des rechtlichen Gehörs liegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. September 1990 IX R 207/87, BFH/NV 1991, 397, mit weiteren Nachweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; BFH-Beschluss vom 29. Juli 1997 VII B 69/97, BFH/NV 1998, 63, unter II.2.b). Hat der Beteiligte sein Erscheinen oder eine Verspätung hingegen nicht angekündigt, so kann er in der Regel nicht erwarten, dass das Gericht, das keine Anhaltspunkte dafür hat, ob und wann er erscheinen wird, von einer pünktlichen Eröffnung der mündlichen Verhandlung absieht und möglicherweise vergeblich auf ihn wartet (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 63, unter II.2.b).

Der Ankündigung des Erscheinens im Termin, die eine gewisse Wartepflicht des Gerichts auslöst (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 1986 IV R 22/84, BFH/NV 1987, 649), steht es gleich, wenn der Termin --wie hier-- zwischen dem zuständigen Berichterstatter des FG und dem Kläger wegen einer vom Gericht gewünschten Abkürzung der Ladungsfrist telefonisch abgestimmt wird.

2. Aufgrund des Telefongesprächs vom 17. November 2004 musste das FG davon ausgehen, dass der Kläger zur mündlichen Verhandlung erscheinen werde. Unter diesen Umständen hat das FG den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es die Verhandlung bereits zehn Minuten nach dem festgesetzten Termin eröffnet (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. August 1992 X B 19/92, BFH/NV 1993, 46, und vom 13. Dezember 2000 VIII B 84/00, Juris-STRE 200150200), nach lediglich zwei Minuten geschlossen und nach einer weiteren Minute seine Entscheidung verkündet hat. Dabei war zu berücksichtigen, dass angesichts der handschriftlichen Änderungen der Terminsverfügung Unklarheiten über den Terminsbeginn nicht auszuschließen waren.

Auf die Frage, ob der Berichterstatter des FG dem Kläger telefonisch zunächst eine spätere Terminszeit mitgeteilt hatte, kommt es danach nicht mehr an.

3. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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