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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.10.2000
Aktenzeichen: II B 38/00
Rechtsgebiete: GrEStG 1983


Vorschriften:

GrEStG 1983 § 9 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) blieb am 23. August 1994 zusammen mit einem Dritten bei der Versteigerung einer Eigentumswohnung, deren Verkehrswert durch das Vollstreckungsgericht auf 280 000 DM festgesetzt worden war, mit einem Bargebot von 8 823,68 DM Meistbietender. Nach den Versteigerungsbedingungen blieben neben einer dem Kläger und dem Dritten zu je 1/2 zustehenden Sicherungshypothek über 324 397,14 DM eine weitere Grundschuld zum Nennwert von 328 300 DM bestehen. Den Meistbietenden wurde das Wohnungseigentum zu je 1/2 zugeschlagen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte durch Bescheid vom 16. September 1994 gegen den Kläger nach einer Gegenleistung von 330 760 DM (Bargebot: 8 823 DM zuzüglich bestehen bleibende Rechte: 652 697 DM : 2) Grunderwerbsteuer in Höhe von 6 615 DM fest.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend machte, die den Meistbietenden zustehende Sicherungshypothek sei bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht zu berücksichtigen, blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat in seinem Urteil ausgeführt, dass grundsätzlich jedes bestehen gebliebene Recht bei der Ermittlung der Gegenleistung mit seinem Nennwert anzusetzen sei. Der Umstand, dass ein solches Recht dem Meistbietenden zustehe, beeinflusse nicht den Umfang des Meistgebots und damit auch nicht die Höhe der nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 maßgeblichen Gegenleistung. Der Kläger habe durch den Zuschlag seine persönliche Forderung gegen die Schuldnerin verloren; dementsprechend habe er wirtschaftlich betrachtet eine Gegenleistung in entsprechender Höhe erbracht. Auch sei der Hinweis des Klägers, die angesetzte Gegenleistung übersteige den Verkehrswert des Grundstücks bei weitem, unerheblich.

Das FG hat die Beschwerde nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Dieser macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und trägt vor, der Rechtsstreit biete Anlass zu klären, ob ein bestehen bleibendes Recht auch dann nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG 1983 der Gegenleistung zuzurechnen sei, wenn durch dessen Berücksichtigung der Verkehrswert so erheblich überschritten werde, dass kein vernünftiger Dritter, sondern nur die im Meistgebot berücksichtigten Gläubiger bestehen bleibender Rechte Gebote abgeben würden. Damit verbunden sei die Frage, ob § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG 1983 eine fiktive Bemessungsgrundlage anordne, die sich von einer an wirtschaftlichen Gesichtspunkten, insbesondere dem Verkehrswert orientierten Betrachtung loslöse. Eine höchstrichterliche Klärung sei erforderlich, weil der Kläger mit seinem Verhalten nichts anderes betrieben habe, als den Erfüllungsanspruch aus einem Grundstückskaufvertrag zu verfolgen, und diene der Vorhersehbarkeit staatlicher Abgaben und damit der Absicherung rechtlicher Handlungsalternativen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es dann, wenn die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantwortet werden kann oder bereits durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (vgl. dazu Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Anm. 9, m.w.N.).

Die vom Kläger für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage ist ohne weiteres aus dem Gesetz zu beantworten. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG 1983 gilt beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Die in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe sind im Sinne des Zwangsversteigerungsrechts auszulegen. Bestehen bleibende Rechte sind danach solche Rechte, die bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken sind (vgl. § 52 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung). Als bestehen bleibende Rechte sind die Hypotheken und die Grundschulden mit ihrem Kapitalbetrag, dem Nennwert, anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob ein solches Recht dem Meistbietenden zusteht oder ob ein Grundpfandrecht vom Meistbietenden erst kurz vor der Versteigerung zu einem Bruchteil seines Nennwerts erworben wurde (BFH-Urteil vom 23. Januar 1985 II R 36/83, BFHE 143, 158, BStBl II 1985, 339).

Die Gesetzesanordnung ist damit eindeutig: Jedes in das geringste Gebot fallende und damit bestehen bleibende Grundpfandrecht ist ausnahmslos bei der Ermittlung der Gegenleistung anzusetzen. Das Gesetz enthält für die vom Kläger vertretene Rechtsauffassung, die ihm zur Hälfte zustehende, nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibende Sicherungshypothek sei bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht zu berücksichtigen, weil die sich bei Ansatz dieses Grundpfandrechts ergebende Gegenleistung den Verkehrswert des Grundstücks erheblich übersteige, keinerlei Anhaltspunkte. Die vom Kläger für allgemein bedeutsam erachtete Rechtsfrage ist durch das Gesetz eindeutig geklärt. Weiterer Klärungsbedarf besteht nicht.



Ende der Entscheidung

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