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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.07.2002
Aktenzeichen: II B 50/01
Rechtsgebiete: BGB, GrEStG, FGO
Vorschriften:
BGB § 733 | |
BGB § 734 | |
GrEStG § 1 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 a.F. | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative |
Gründe:
I. Die Schwester der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war Alleineigentümerin eines zunächst noch unbebauten Grundstücks in X. Anfang 1989 beschlossen die Schwestern, gemeinsam ein Haus mit drei Wohnungen auf dem Grundstück zu errichten und die Herstellungskosten gemeinsam --im Innenverhältnis je zur Hälfte-- zu tragen. Soweit dafür Fremdmittel erforderlich waren, nahmen die Schwestern gemeinsam Darlehen auf, die auf dem Grundstück abgesichert wurden. Das Gebäude war Anfang Februar 1991 fertiggestellt.
Mit notariellem "Schenkungsvertrag" vom 14. Februar 1991 übertrug die Schwester einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf die Klägerin, die auch die dingliche Haftung für die Grundschulden zur Hälfte übernahm. An den persönlichen Haftungsverhältnissen bezüglich der Darlehen änderte sich nichts. Als Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen, Lasten und Gefahren wurde der 1. Januar 1989 bestimmt.
Während die Klägerin von einer reinen Schenkung eines Miteigentumsanteils an einem unbebauten Grundstück ausging, nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine gemischte Schenkung eines Anteils an einem bebauten Grundstück an. Gegenleistung sollten die anteilig auf die Klägerin entfallenden Herstellungskosten sein, die das FA letztmals mit 525 211 DM bezifferte. Dies führte nach einem im Wesentlichen erfolglosen Einspruch durch Änderungsbescheid vom 3. Juli 2000 zu einer Grunderwerbsteuer von 10 504 DM.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Es war der Ansicht, da ein Grundstück nur in einem künftigen oder in dem Zustand, in dem es sich bei Vertragsabschluss befindet, nicht aber in einem früheren Zustand zum Gegenstand eines Grunderwerbs gemacht werden könne, sei im Streitfall Erwerbsgegenstand das bebaute Grundstück. Der Klägerin habe auch vor Abschluss des Vertrages vom Februar 1991 keinerlei Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 bezüglich des Grundstücks zugestanden. Die dafür erforderliche Rechtsmacht habe die Klägerin auch nicht durch den Entschluss der Schwestern, auf dem Grundstück gemeinsam ein Gebäude zu errichten, erlangt, und zwar selbst dann nicht, wenn darin die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses zu sehen wäre. Ein derartiges Gesellschaftsverhältnis, bei dem sich die Schwestern verpflichtet hätten, die benötigten Finanzmittel aufzubringen, wäre mit der Fertigstellung des Gebäudes durch Zweckerreichung beendet worden.
In seiner weiteren Urteilsbegründung geht das FG davon aus, dass der Klägerin ein Auseinandersetzungsanspruch nach den §§ 733, 734 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe der von ihr zu tragenden Herstellungskosten zugestanden habe, der dadurch erloschen sei, dass die Klägerin an Erfüllungs statt den Miteigentumsanteil an dem bebauten Grundstück erhalten habe.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin Verletzung ihres Rechts auf Gehör, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Gesellschaftsrecht geltend. Die Verletzung des Rechts auf Gehör erblickt die Klägerin darin, während des Klageverfahrens nicht deutlich genug auf die vom FG letztlich für streitentscheidend gehaltene Rechtskonstruktion der Auflösung einer GbR hingewiesen worden zu sein. Zwar habe das FG in einem Erörterungstermin zur "Diskussion gestellt", ob die Klägerin ihren Anteil an den Herstellungskosten aufgrund einer konkludent begründeten GbR aufgebracht habe; es sei aber nicht deutlich geworden, dass das FG daraus so weitreichende Folgen hinsichtlich einer Gegenleistung ziehen werde. Wäre dies deutlich geworden, hätte die Klägerin vorgetragen, dass die angenommene Gesellschaft noch nicht mit der Fertigstellung des Gebäudes beendet gewesen wäre. Im Übrigen habe das FG in der Vorentscheidung das Vorliegen einer GbR nur als Hypothese angesprochen, dann aber deren Gründung als feststehend behandelt. Mit seinen Ausführungen zur Beendigung der GbR sei das FG zudem von der Entscheidung des BGH vom 2. November 1987 II ZR 10/87 (Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1988, 661) abgewichen. Schließlich werfe der Streitfall die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, wann eine Bauherrengemeinschaft in der Form einer GbR beendet sei. Die Beantwortung der Frage stelle juristisches Neuland dar.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) liegt nicht vor. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst zwar auch die Erörterung der voraussichtlich entscheidungserheblichen Rechtsfragen; nicht erforderlich ist jedoch eine Erörterung, die auf eine Vorwegnahme des Urteils hinausläuft (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juli 1996 VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124, unter 3.). Die Klägerin trägt selber vor, dass das FG auf die Möglichkeit einer GbR zwischen den Schwestern bereits in einem Erörterungstermin hingewiesen hatte und dass dabei auch über eine Auseinandersetzung der Gesellschaft gesprochen worden ist. Damit hat das FG insoweit ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Entgegen dem Vortrag der Klägerin hat das FG nach dem Erörterungstermin den Gesichtspunkt des Vorliegens einer GbR nicht wieder fallengelassen. Es hat zwar mit Schriftsatz des Berichterstatters vom 1. März 2000 die Bedeutung der Frage eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Schwestern relativiert; dies ist aber nur in dem Sinne geschehen, dass es sich dabei um eine nachrangige Frage handele, nämlich um eine Frage der "Begründung im Detail".
2. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang (zutreffend) rügt, das FG erwähne in der Urteilsbegründung das Bestehen einer GbR zwischen den Schwestern zunächst lediglich als bloße Möglichkeit, gehe aber im weiteren Verlauf vom Bestehen einer GbR aus, indem es die Gegenleistung für den Grundstückserwerb mit dem Erlöschen eines Auseinandersetzungsanspruchs begründe, rügt sie einen Verstoß gegen die Denkgesetze und damit einen materiell-rechtlichen Fehler (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Anm. 83).
3. Soweit die Klägerin rügt, die Vorentscheidung weiche von dem Urteil des BGH in WM 1988, 661 ab, ist bereits dem Begründungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht genügt. Mit dieser Rüge macht die Klägerin gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dieses durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757) eingeführte Tatbestandsmerkmal erfasst u.a. die bisherige Divergenzrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F., auf die sich die Klägerin beruft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, sowie vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51). Um eine Divergenz schlüssig darzulegen muss die Beschwerdebegründung einen abstrakten Rechtssatz wiedergeben, der in einer oberstgerichtlichen Entscheidung enthalten ist. Ihm muss ein anderer abstrakter Rechtssatz gegenübergestellt werden, der sich aus der Vorentscheidung ergibt und der von dem erstgenannten abweicht (BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819). An diesem Erfordernis hat sich auch unter Geltung des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. nichts geändert. Die Klägerin hat jedoch keine sich widersprechenden tragenden Rechtssätze aus der Vorentscheidung und der zitierten BGH-Entscheidung einander gegenübergestellt. Im Übrigen hat das FG nicht den Rechtssatz aufgestellt, eine GbR könne noch vor Erbringen der nach dem Gesellschaftsvertrag von den Gesellschaftern geschuldeten Leistungen beendet sein.
Soweit die Klägerin geltend macht, eine etwaige GbR hätte im Streitfall nicht vor Rückzahlung der gemeinsam aufgenommenen Darlehen und vor Abschluss der Gewährleistungsprozesse mit den Handwerkern beendet sein können, macht sie keine Divergenz geltend. Vielmehr rügt sie lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung, die aber nicht zu einer greifbar gesetzwidrigen oder willkürlichen Entscheidung geführt hat (vgl. dazu Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Anm. 68, sowie Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Anm. 203 ff.).
4. Auch soweit die Klägerin gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend macht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Rechtsfrage zu, wann eine Bauherrengemeinschaft in der Rechtsform einer GbR beendet sei, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung muss konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts eingegangen werden (BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Dazu muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt werden, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist ferner ein konkreter und substantiierter Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Anm. 32, m.w.N.). Ein entsprechender Vortrag ist im Streitfall der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Der Hinweis auf die für falsch gehaltene Beurteilung der Beendigung einer GbR durch das FG reicht dazu nicht aus. Er genügt im Übrigen auch nicht, um den Zulassungsgrund des Erfordernisses der Rechtsfortbildung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO schlüssig vorzutragen. Insoweit gelten nämlich dieselben Darlegungsanforderungen wie bei einer angestrebten Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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