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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 02.03.2005
Aktenzeichen: II B 57/04
Rechtsgebiete: BGB, ErbStG


Vorschriften:

BGB § 812
BGB § 823
ErbStG § 16 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 16 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war 1982 bis 1990 Inhaberin einer Firma, deren Geschäftsführer ihr Ehemann (E) war. Dieser machte 1988 eine Erfindung, die die Klägerin als Arbeitgeberin mit Schreiben vom 6. April 1988 gemäß § 6 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG) in Anspruch genommen haben soll. Am 7. Mai 1988 beantragte E für die Erfindung Gebrauchmusterschutz und meldete sie zum Patent an; beide Schutzrechte wurden auf E zugelassen. E überließ die Erfindung durch Lizenzvertrag der D-GmbH, deren alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer er war. Er erhielt hierfür in den Jahren 1988 bis 1991 Lizenzvergütungen in Höhe von 4 573 028 DM.

Mit Vereinbarung vom 11. August 1993 vereinbarten die Klägerin und E, dass dieser der Klägerin die erhaltenen Lizenzgebühren in Höhe von 4 573 028 DM unter dem Gesichtspunkt der §§ 812, 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu erstatten habe, da er in falscher Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf seinen Namen Schutzrechte für die von der Klägerin unbeschränkt in Anspruch genommene Erfindung erworben und für deren Überlassung Lizenzvergütungen erhalten habe. Er habe von der Klägerin im November 1988 für die Erfindung eine Arbeitnehmererfindungsvergütung von 250 000 DM erhalten. Der Betrag von 4 573 028 DM sei unverzüglich nach Abschluss des Vertrages zu entrichten; tatsächlich erfolgte die Zahlung bereits am 13. Juli 1993.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte für die Zahlung des Betrages von 4 573 028 DM mit Bescheid vom 15. Dezember 1998 Schenkungsteuer in Höhe von 627 620 DM fest. Der Einspruch war nur insoweit erfolgreich, als das FA die Schenkungsteuer unter Ansatz des Freibetrages nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) statt des Freibetrages nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG auf 605 220 DM herabsetzte. Die Klage blieb erfolglos.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin Divergenz sowie Verfahrensmängel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative, Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde ist unzulässig; sie war daher zu verwerfen. Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass das Finanzgericht (FG) von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht. Neben weiteren Voraussetzungen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 48 ff.) muss der Beschwerdeführer für die Darlegung einer Divergenz --auch nach neuem Revisionszulassungsrecht-- die tragenden und abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus der Entscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484). Dies hat die Klägerin nicht in der erforderlichen Weise getan. Im Übrigen weicht das FG nicht von der Rechtsprechung des BFH ab, sondern geht vielmehr unter Zitierung des BFH-Urteils vom 2. März 1994 II R 59/92 (BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366) davon aus, dass der subjektive Tatbestand der freigiebigen Zuwendung entfalle, wenn der Zuwendende seine Leistung --wenn auch irrtümlich-- als entgeltliche ansieht, wenn er also annimmt, zu seiner Leistung rechtlich verpflichtet zu sein.

Die Klägerin hat ebenfalls nicht schlüssig dargelegt, dass das FG seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76 Abs. 1 FGO) verletzt habe. Hierzu muss u.a. dargelegt werden, inwiefern das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruht, es also ohne den Verfahrensmangel --auf der Grundlage der vom FG vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung-- möglicherweise anders ausgefallen wäre. Da die Beteiligten auf die Geltendmachung der Rüge eines solchen Verfahrensmangels verzichten können, muss der Beschwerdeführer zudem darlegen, dass er die seiner Ansicht nach unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder dass ihm eine solche Rüge nicht möglich war (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 14. Februar 2003 X B 74/02, BFH/NV 2003, 805).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, warum sie nicht gerügt hat oder ihr die Rüge nicht möglich war, dass die Zeugen X und Y bei ihrer Vernehmung zu dem nun in der Beschwerdeschrift benannten Beweisthema nicht befragt worden sind. Ferner fehlen in der Beschwerdebegründung Ausführungen zur Rechtserheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels.

Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, das FG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es die Tatsachen in einer Weise gewürdigt habe, mit der die Klägerin nicht hätte rechnen können (§ 96 Abs. 2 FGO; Verbot der Überraschungsentscheidung), hat sie keinen Verfahrensmangel in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ein solcher Verfahrensmangel kommt in Betracht, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten. Eine Prozesspartei darf auch nicht mit einer Tatsachenwürdigung überrascht werden, die von keiner Seite als möglich vorausgesehen werden konnte. Von diesem Ausnahmefall abgesehen ist das Gericht unter dem Gesichtspunkt der Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, seine Rechtsauffassung und seine Schlussfolgerungen im Rahmen der Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern, weil sich diese oft erst nach der mündlichen Verhandlung aufgrund der abschließenden Beratung ergeben (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 19. Juli 1996 VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124, m.w.N.).

Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, warum sie anhand des schriftsätzlich Vorgetragenen und der Zeugenaussagen nicht damit rechnen konnte, dass das FG die Tatsachen wie geschehen würdigt und zu dem Ergebnis kommt, die Klägerin habe auf ihre Rechte aus der Inanspruchnahmeerklärung vom 8. April 1988 verzichtet. Angesichts der Tatsache, dass E trotz Vorliegens einer Inanspruchnahmeerklärung Schutzrechte beantragt hat, diese auf ihn zugelassen wurden und er sie verwertet hat, ist eine solche Beweiswürdigung sogar naheliegend.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auch rügt, das FG sei zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin habe das Inanspruchnahmeschreiben nicht abgesandt, findet dies schon in der Urteilsbegründung keinen Anhalt. Das FG hat lediglich --in nicht entscheidungserheblicher Weise-- Zweifel an der Existenz einer solchen Inanspruchnahmeerklärung geäußert.

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