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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.12.1999
Aktenzeichen: II B 64/99
Rechtsgebiete: GrEStG 1983, AO 1977


Vorschriften:

GrEStG 1983 § 1 Abs. 2
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 41
AO 1977 § 41 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Durch privatschriftlichen Vertriebsvertrag vom 4. November 1983 erhielt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) den Alleinauftrag, die 37 Wohnungen zweier Häuser an der ... Straße in Berlin als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Zugleich verpflichtete er sich gegenüber dem Grundstückseigentümer, bis zum 31. März 1984 einen Betrag in Höhe von 2,2 Mio. DM an diesen auszukehren. Der darüber hinaus erzielte Verkaufserlös sollte dem Kläger zustehen. Anfang Februar 1984 waren sämtliche Wohnungen verkauft. An der notariellen Beurkundung der Kaufverträge hatte der Grundstückseigentümer persönlich teilgenommen. Die Wohnungen erbrachten insgesamt einen Erlös von 2 920 716,75 DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm an, durch den Vertriebsvertrag und seine Durchführung sei dem Kläger eine Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) bezüglich der Grundstücke eingeräumt worden, und setzte mit Bescheid vom 15. Dezember 1989 Grunderwerbsteuer in Höhe von 44 000 DM gegen den Kläger fest. Einspruch und Klage, mit denen sich der Kläger unter Hinweis auf die fehlende Beurkundung des Vertriebsvertrages dagegen wandte, eine Verwertungsbefugnis hinsichtlich der Grundstücke erlangt zu haben, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 erfasse auch einen formunwirksamen atypischen Maklervertrag, wenn die Vertragspartner das wirtschaftliche Ergebnis des Vertrages eintreten und bestehen lassen. Dies ergebe sich aus § 41 der Abgabenordnung (AO 1977). Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Juli 1989 II R 83/85 (BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989) betreffe das Verhältnis von § 41 Abs. 1 AO 1977 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 und damit einen anderen Sachverhalt.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob bei tatsächlicher Durchführung eines atypischen Maklervertrages gemäß § 41 Abs. 1 AO 1977 unbeachtlich sei, dass der Vertrag mangels notarieller Beurkundung unwirksam gewesen ist. Dabei gehe es um die Frage, worin beim Grunderwerbsteuertatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 das wirtschaftliche Ergebnis i.S. des § 41 Abs. 1 AO 1977 bestehe. Es könne einmal in der tatsächlichen Verwertung des Grundstücks auf eigene Rechnung gesehen werden, aber auch in der rechtlichen oder wirtschaftlichen Möglichkeit, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Übertrage man die Grundsätze der BFH-Entscheidung in BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989, die zur Anwendbarkeit des § 41 Abs. 1 AO 1977 auf den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 ergangen ist, auf den Tatbestand des § 1 Abs. 2 des Gesetzes, sei das wirtschaftliche Ergebnis bei diesem Tatbestand in der Verwertungsmöglichkeit zu sehen. Diese Möglichkeit zur Verwertung auf eigene Rechnung sei aber wegen der fehlenden Beurkundung nicht gegeben und somit gleichermaßen nichts Reales gewesen wie ein wegen Formmangels nicht entstandener Übereignungsanspruch. Das sei in den BFH-Urteilen vom 10. November 1976 II R 95/71 (BFHE 120, 412, BStBl II 1977, 166) sowie vom 17. Oktober 1990 II R 55/88 (BFH/NV 1991, 556, 558) nicht beachtet worden.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage nach der Anwendbarkeit des § 41 Abs. 1 AO 1977 im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuertatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 ist höchstrichterlich geklärt.

Der Kläger hat selbst auf die Urteile des Senats in BFHE 120, 412, BStBl II 1977, 166 sowie in BFH/NV 1991, 556, 558 hingewiesen, wonach die fehlende Beurkundung eines atypischen Maklervertrages der Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 nicht entgegenstehe, sofern der Vertrag tatsächlich durchgeführt werde. Das zum Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 ergangene Urteil des Senats in BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989 erfordert keine erneute höchstrichterliche Befassung mit den Fällen formunwirksamer atypischer Maklerverträge. Entgegen der Annahme des Klägers sind die zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 41 Abs. 1 AO 1977 entwickelten Grundsätze nicht auf § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 übertragbar. Die Möglichkeit, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, kann durchaus etwas "Reales" sein. Dies zeigt sich im tatsächlichen Geschehensablauf. Haben die Partner eines atypischen Maklervertrages die erforderliche Rechtsform nicht eingehalten, führen sie aber den Vertrag gleichwohl durch, hatte der Makler die reale Möglichkeit, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Etwas Vergleichbares gibt es beim Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 nicht. Der Grundstückseigentümer kann zwar die Verwertung seines Grundstücks durch einen Dritten auf dessen Rechnung ungeachtet einer fehlenden rechtlichen Verpflichtung dazu hinnehmen; er kann aber einen rechtlich nicht bestehenden Übereignungsanspruch durch ein Verhalten, als ob er bestünde, nicht zum Entstehen bringen. Lässt er das Grundstück ohne Bestehen eines Übereignungsanspruchs auf den anderen auf, erfüllt dies nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983, sondern den der Nr. 2 der Vorschrift.



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