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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.02.2002
Aktenzeichen: II B 76/01
Rechtsgebiete: VStG, AO 1977, StGB, FGO, GG
Vorschriften:
VStG § 10 Nr. 1 | |
AO 1977 § 370 | |
StGB § 2 Abs. 3 | |
FGO § 62a Abs. 1 | |
FGO § 128 Abs. 3 Satz 1 | |
GG Art. 3 Abs. 1 |
Gründe:
I. Mit Beschluss vom 4. Mai 2001 gab das Finanzgericht (FG) einem Antrag der Antragsteller, Beschwerdegegner und Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der am 15. September 1999 im Wege der Hauptveranlagung ergangenen Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1989, 1993 und 1995 sowie der am 22. September 1999 im Wege einer Neuveranlagung ergangenen Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1991 und 1994 (nur) bezüglich der Bescheide auf den 1. Januar 1989 und 1991 statt. Im Übrigen wies es den Antrag zurück. Soweit es dem Antrag stattgab, verwies es zur Begründung auf seinen Beschluss in einer anderen Sache, und zwar den Beschluss vom 7. August 2000 I V 161/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 1227), mit dem es die Vollziehung der dort streitbefangenen Vermögensteuerbescheide ausgesetzt hatte, weil aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juli 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) Vermögensteuerhinterziehungen strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden könnten und weil Zweifel am Hinterziehungsvorsatz bestünden. Nach Aktenlage gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die damaligen Steuerpflichtigen gewusst hätten, vermögensteuerpflichtig und bezogen auf die Hauptveranlagungszeitpunkte auch erklärungspflichtig gewesen zu sein.
Im Tenor des Beschlusses vom 4. Mai 2001 ließ das FG die Beschwerde zu. In den Gründen führte es aus, es weiche mit seiner Entscheidung bezüglich der Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1989 und 1991 von dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Dezember 2000 II B 84/00 ab. Mit diesem Beschluss hatte der BFH in einer dritten Sache einen Aussetzungsbeschluss des FG, der ähnlich begründet war wie derjenige vom 7. August 2000 1 V 161/00 aufgehoben, weil die genannte Entscheidung des BVerfG in BStBl II 1995, 655 die Strafbarkeit einer Vermögensteuerhinterziehung nicht ausschließe und das Vorliegen eines Hinterziehungsvorsatzes nicht ernstlich zweifelhaft sei. Gegen den Beschluss des FG vom 4. Mai 2001 legten zunächst der Antragsgegner, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) und sodann die Antragsteller Beschwerde ein.
II. Die Beschwerde des FA ist begründet, die Beschwerde der Antragsteller dagegen unzulässig.
1. (Beschwerde des FA)
Die rechtlichen Zweifel des FG daran, dass bezogen auf alle vor 1997 verwirklichten Tatbestände Zuwiderhandlungen gegen das bisherige Vermögensteuerrecht nach wie vor strafrechtlich verfolgt werden können, sind unbegründet. Der Beschluss des BVerfG in BStBl II 1995, 655 rechtfertigt diese Zweifel nicht, wie der Senat bereits mit Urteil vom 24. Mai 2000 II R 25/99 (BFHE 191, 240, BStBl II 2000, 378, nunmehr auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. November 2001 5 StR 395/01, EBE/BGH 2001, 410) entschieden hat. Zwar hat das BVerfG mit seinem Beschluss in BStBl II 1995, 655 die Tarifvorschrift des § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes (VStG) in allen seit 1983 gültig gewesenen Fassungen für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) erklärt; es hat aber zugleich die weitere Anwendbarkeit des bisherigen Vermögensteuerrechts auf alle bis zum 31. Dezember 1996 verwirklichten Tatbestände angeordnet. Diese Anordnung ist nicht auf das Steuerfestsetzungsverfahren beschränkt, sondern erfasst die Vorschriften des bisherigen Vermögensteuerrechts auch in ihrer Eigenschaft als Ausfüllungsnormen des § 370 der Abgabenordnung (AO 1977). Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs (StGB) hindert eine Strafbarkeit wegen Vermögensteuerhinterziehung nicht, weil der Umstand, dass das VStG ab dem 1. Januar 1997 nicht mehr anwendbar ist, die Gesetzeslage bezüglich früherer Zeiträume/Stichtage nicht verändert hat. Die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1242/00 ist vom BVerfG durch Beschluss vom 10. Mai 2001 nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Nach Aktenlage ist darüber hinaus in dem Verfahren wegen AdV, in dem lediglich aufgrund summarischer Prüfung zu entscheiden ist, auch die Annahme des FA nicht ernstlich zweifelhaft, die Antragsteller hätten mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt. Die Antragsteller bestreiten nicht die Anlage von Kapitalvermögen in Luxemburg; vielmehr beschränken sie sich insoweit auf die Geltendmachung eines Verwertungsverbots. Einkünfte aus dem nach Luxemburg verbrachten Kapital sind nicht erklärt worden. Soweit sie nunmehr eine Geldanlage in Dänemark bestreiten und sich dabei auf eine Bescheinigung der A-Bank vom 31. Oktober 2001 berufen, geht aus dieser Bescheinigung lediglich hervor, dass gegenwärtig bei dieser Bank kein Konto unter dem Namen der Antragsteller geführt wird. Gewichtige Gründe, die vor diesem Hintergrund gegen das Vorliegen auch eines Hinterziehungsvorsatzes bezüglich der Vermögensteuer sprechen könnten, sind bislang nicht erkennbar.
Auch soweit die Antragsteller ein Verwertungsverbot geltend machen, ergeben sich nach Aktenlage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der beiden Bescheide.
Dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung in dem Umfang, wie sie die AdV der Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1989 und 1991 betrifft.
2. (Beschwerde der Antragsteller)
Die Beschwerde der Antragsteller ist unstatthaft. Gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht den Beteiligten gegen eine Entscheidung des FG über eine AdV die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Hat das FG mit einem einzigen Beschluss über die AdV mehrerer Steuerbescheide entschieden, kann es die Zulassung der Beschwerde dahin beschränken, dass sie nur bezüglich einzelner, näher genannter Steuerbescheide gelten soll. Betrifft der Zulassungsgrund nur einzelne Steuerbescheide, ist eine derartige Beschränkung von Gesetzes wegen sogar geboten. Die Beschränkung muss nicht bereits im Tenor enthalten sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. Beschlüsse des BFH vom 13. Dezember 1989 X R 83/88, BFH/NV 1990, 548, 550, unter I.; vom 4. Oktober 1994 I B 56/94, BFH/NV 1995, 687, sowie vom 15. November 1997 IX B 73/97, BFH/NV 1998, 607). Im Streitfall hat das FG in den Gründen seiner Entscheidung eine derartige Beschränkung der Zulassung der Beschwerde vorgenommen, indem es ausdrücklich angegeben hat, dass der Zulassungsgrund einer Abweichung von dem genannten Beschluss des BFH vom 7. Dezember 2000 II B 84/00 ausschließlich die Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1989 und 1991 betrifft. Damit hat es die Beschwerde nur insoweit zugelassen, als es dem Aussetzungsbegehren der Antragsteller stattgegeben hat. Infolgedessen konnte gegen den Aussetzungsbeschluss nur das FA Beschwerde einlegen. Auf die Frage der Einhaltung des Vertretungszwangs gemäß § 62a Abs. 1 FGO kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.
Ende der Entscheidung
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