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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.11.2007
Aktenzeichen: II B 76/06
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 174 Abs. 4
AO § 174 Abs. 4 Satz 1
AO § 174 Abs. 4 Satz 2
AO § 174 Abs. 5
AO § 174 Abs. 5 Satz 2
FGO § 135 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beigeladene zu 1. und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) ist neben der Klägerin und der Beigeladenen zu 2., H, Erbin nach dem am 18. Februar 1993 verstorbenen G, der in seinem Testament eine Aufteilung seines Vermögens unter den Erbinnen und ferner Testamentsvollstreckung angeordnet hatte. Der Testamentsvollstrecker reichte die Erbschaftsteuererklärung am 10. Mai 1994 bei dem Beklagten (Finanzamt --FA--) ein. Das FA ging bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Klägerin davon aus, dass die von G verfügten Teilungsanordnungen nur insoweit zu berücksichtigen seien, als sie zu einer Verschiebung der Erbquoten geführt hätten. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die der Erbschaftsteuerfestsetzung zugrunde gelegte Erbquote.

Das Finanzgericht (FG) hat über die Klage noch nicht entschieden. Auf Antrag des FA lud das FG durch Beschluss vom 20. Juli 2006 die Beschwerdeführerin und H gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 174 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) bei.

Mit der Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin sinngemäß, die Beiladung aufzuheben.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 20. Juli 2006, soweit er die Beiladung der Beschwerdeführerin betrifft.

1. Nach § 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch gegenüber Dritten, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides geführt hat, beteiligt waren (§ 174 Abs. 5 Satz 1 AO). Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zulässig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Erlass oder die Änderung eines Steuerbescheides gegenüber einem Dritten nach § 174 Abs. 4 und 5 AO allerdings nur möglich, wenn dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen worden ist. Eine Hinzuziehung oder Beiladung kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn gegenüber dem Dritten im Zeitpunkt der Hinzuziehung oder Beiladung die Festsetzungsfrist für den gegen ihn gerichteten Steueranspruch bereits abgelaufen war (BFH-Entscheidungen vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817; vom 7. April 2003 III B 127/02, BFH/NV 2003, 887; vom 17. Oktober 2006 VIII B 90/06, BFH/NV 2007, 199, jeweils m.w.N.).

b) Im Streitfall hat das FG die Beschwerdeführerin zu Unrecht beigeladen, weil die Festsetzungsverjährung der aufgrund des laufenden Klageverfahrens ggf. zu korrigierenden Steueransprüche gegen die Beschwerdeführerin bereits eingetreten war. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) der gegen die Beschwerdeführerin festzusetzenden Erbschaftsteuer begann mit Ablauf des Jahres 1994, in dem der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung beim FA eingereicht hat (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Die aufgrund des von der Beschwerdeführerin eingelegten Einspruchs gegen den an sie ergangenen Erbschaftsteuerbescheid vom 24. Mai 1994 eingetretene Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 3 a AO) endete mit der bei dem FA am 19. Mai 2003 eingegangenen Erklärung über die Rücknahme dieses Einspruchs. Für eine anderweitige Ablaufhemmung ist nichts ersichtlich; auch das FA hat im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass nach Aktenlage keine Gründe erkennbar seien, die einer Festsetzungsverjährung hinsichtlich einer Folgeänderung bei der Beschwerdeführerin entgegen stehen.

2. Einer Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht, weil solche wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht angefallen sind (Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. werden gemäß § 135 Abs. 1 FGO dem FA auferlegt. Das FA hat die Beiladung beantragt und damit dieses Verfahren in Gang gesetzt (BFH-Beschluss vom 2. April 2002 IX B 66/01, BFH/NV 2002, 898).

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