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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.02.2001
Aktenzeichen: II B 9/99
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, ZPO


Vorschriften:

FGO § 155
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 a.F.
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
FGO § 79b Abs. 3
FGO § 79b Abs. 1
FGO § 79b Abs. 2
FGO § 76 Abs. 1 Satz 4
FGO § 116 Abs. 6 n.F.
AO 1977 § 90 Abs. 2
ZPO § 450
ZPO § 244 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 244 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu 1. und seine Ehefrau, Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zu 2., lebten mit ihrem Sohn, dem Kläger und Beschwerdeführer zu 3., in den Streitjahren (1980 bis 1988) in Haushaltsgemeinschaft, in den Jahren 1980 bis 1985 auch mit ihrer Tochter, der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 4. Im Jahre 1991 verlegten die Kläger und Klägerinnen ihren Wohnsitz in das Ausland.

Der Kläger zu 1. gab für die Streitjahre keine Vermögensteuererklärungen ab. Aufgrund einer Steuerfahndung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass zu den Veranlagungszeitpunkten der Jahre 1980 bis 1988 erhebliches Vermögen vorhanden war. Der Kläger zu 1. habe einen Gewerbebetrieb (Verkauf von gebrauchten Textilmaschinen und anderer Güter und Waren) unterhalten und sich zur Vermeidung der Besteuerung der liechtensteinischen Handelsanstalten A (1980 bis 1984) bzw. B (1985 bis 1988) bedient. Das FA rechnete in den an die Kläger zu 1. bis 4. gerichteten Vermögensteuerbescheiden auf den 1. Januar 1980 bis 1. Januar 1988 Vermögen, das unter dem Namen der Handelsanstalten insbesondere bei inländischen Banken angelegt war, dem Kläger zu 1. zu. Der Einspruch der Kläger gegen die Vermögensteuerbescheide blieb erfolglos.

Mit der Klage machte der Kläger zu 1. geltend, er bzw. die GmbH, an der er beteiligt war, sei Handelsvertreter für die liechtensteinischen Handelsanstalten gewesen. In dieser Funktion habe er jeweils nach Abstimmung mit dem vertretungsberechtigten Organ der Handelsanstalten Kaufverträge abgeschlossen und ausgeführt. Die auf die Namen der Handelsgesellschaften lautenden Konten habe er aufgrund einer Kontovollmacht angelegt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die vom Kläger zu 1. abgeschlossenen Geschäfte seien nicht den formell eingeschalteten Handelsanstalten zuzurechnen, sondern tatsächlich zwischen dem Kläger zu 1. und den Verkäufern bzw. Käufern der Maschinen vereinbart und abgewickelt worden, so dass auch die in diesem Zusammenhang angesammelten Vermögenswerte ihm zuzurechnen seien. Dabei sei die Anstalt A nur zum Schein und die Anstalt B rechtsmissbräuchlich eingeschaltet worden. In tatsächlicher Hinsicht stützte das FG seine Auffassung darauf, dass nach einer Auskunft des Bundesamtes für Finanzen (BfF) beide Handelsanstalten sog. Domizilgesellschaften gewesen seien, dass über deren inländische Konten ausschließlich der Kläger zu 1. und seine Ehefrau verfügungsberechtigt gewesen seien und verfügt hätten und dass im Ermittlungsverfahren der Steuerfahndung Geschäftspartner ausgesagt hätten, ihnen gegenüber sei nur der Kläger aufgetreten und sie hätten von den Handelsanstalten nichts gewusst bzw. lediglich Rechnungen erhalten.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger zu 1. die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Verfahrensfehlern.

Das FA beantragt, die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

II. Das Verfahren wird bezüglich der Kläger zu 2. bis 4. eingestellt, nachdem der Prozessbevollmächtigte mit dem am 12. Juli 1999 eingegangenen Schriftsatz vom 7. Juni 1999 die Nichtzulassungsbeschwerde insoweit zurückgenommen hat.

Die Klägerin zu 2. hat die bis zur Rücknahme ihres Rechtsmittels am 12. Juli 1999 entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, soweit diese Kosten auf sie entfallen. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der auf die Kläger zu 3. und 4. entfallenden Kosten ergeht nicht. Da die Beschwerde insoweit ohne Vollmacht durch den Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist, haben die Kläger zu 3. und 4. keine Kosten zu tragen. Dem vollmachtlosen Prozessbevollmächtigten können die Kosten nicht auferlegt werden, da dieser inzwischen verstorben ist.

III. Der Senat entscheidet trotz des Todes des Prozessbevollmächtigten des Klägers über die Beschwerde. Gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 244 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann der Vorsitzende, wenn die Anzeige eines neuen Anwalts verzögert wird, zur Bestellung eines neuen Anwalts binnen einer bestimmten Frist auffordern. Wird dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, ist nach § 244 Abs. 2 Satz 2 ZPO das Verfahren als aufgenommen anzusehen. Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger hat mit Telefax vom 30. Dezember 1999 den Tod des Prozessbevollmächtigten mitgeteilt und die Bestellung eines neuen Anwalts für das Frühjahr 2000 in Aussicht gestellt. Da kein neuer Anwalt seine Bestellung angezeigt hatte, wurde der Kläger vom Vorsitzenden mit Schreiben vom 22. September 2000 zur Bestellung eines neuen Anwalts bis zum 30. November 2000 aufgefordert. Der Kläger ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.

IV. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.

1. Der Erfolg der Beschwerde beurteilt sich nach § 115 Abs. 2 FGO in der Fassung vor Änderung durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757). Denn gemäß Art. 4 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Dies ist hier der Fall.

2. Die Beschwerde ist aufgrund von Verfahrensmängeln gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. begründet. Das FG hat seine Pflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO zur Ermittlung des Sachverhalts verletzt.

a) Die Verfahrensrüge ist zulässig. Der Kläger hat in der Beschwerdeschrift den Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. hinreichend bezeichnet.

Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO) geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, so sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 40) Angaben zu folgenden Punkten erforderlich:

die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (Angabe des Beweisthemas);

die angebotenen Beweismittel;

genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweismittel benannt sind, die das FG nicht erhoben hat;

inwiefern das Urteil des FG --ausgehend von dessen materiell-rechtlicher Auffassung-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre;

da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen verzichtbaren Mangel handelt, muss auch vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder --wenn dies nicht geschehen sein sollte-- weshalb die Rüge dem Revisionskläger nicht möglich war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beteiligte bereits im finanzgerichtlichen Verfahren sachkundig vertreten war (vgl. zum Vorstehenden Gräber/Ruban, a.a.O., mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

Der Kläger hat in der Beschwerdeschrift geltend gemacht, das FG hätte darüber Beweis erheben müssen, ob es sich bei den Generalvertreterverträgen zwischen ihm und den Handelsanstalten um Scheinverträge gehandelt habe, ob seine Tätigkeit für die Handelsanstalten ausschließlich die eines Handelsvertreters gewesen sei, ob die Handelsanstalten wegen eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht als Domizilgesellschaften angesehen werden könnten und ob als Inhaber der Anstalt A der Zeuge N zu gelten habe. Hierzu hätte nach dem Antrag des Klägers das FG den Zeugen N sowie die an den Vereinbarungen beteiligten Personen, nämlich den Treuhänder und Verwaltungsrat B und den Kläger selbst als Beteiligten vernehmen müssen. Der Beweisantrag sei im Schriftsatz vom 13. Februar 1997 (Zeugnis B und Beteiligtenvernehmung) bzw. im Schriftsatz vom 14. September 1997 und laut Protokoll in der mündlichen Verhandlung am 15. September 1997 (Zeugnis N) gestellt worden. Der Kläger legt dar, die Auffassung des FG zur Zurechnung des Vermögens auf ihn --den Kläger-- beruhe auf der unterlassenen Beweisaufnahme; diese hätte ergeben, dass er lediglich als Handelsvertreter der Anstalten tätig gewesen sei. Es habe keine Möglichkeit bestanden, die Nichterhebung der Beweise schon im Verfahren vor dem FG zu rügen, da die Erhebung der beantragten Beweise erst im Urteil abgelehnt worden sei.

b) Die Verfahrensrügen sind auch begründet. Das FG hat die Vernehmung der Zeugen N und B sowie des Klägers als Beteiligten rechtsfehlerhaft abgelehnt.

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es ist dabei zwar an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO), darf aber auf die von einem Beteiligten beantragte Beweiserhebung im Regelfall nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel unerreichbar ist oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 19. September 1985 VII R 164/84, BFH/NV 1986, 674, und vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757; Gräber/von Groll, a.a.O., § 76 Rz. 24). Keiner dieser Gründe lag im Streitfall vor.

aa) Die angefochtene Entscheidung kann nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der unterlassenen Vernehmung beruhen.

Das FG hat zur Zurechnung des Vermögens auf den Kläger ausgeführt, die Handelsanstalt sei nur zum Schein eingeschaltet worden, die rechtlichen Vereinbarungen zwischen ihr und dem Kläger seien Scheingeschäfte. Diese Äußerung versteht der Senat dahin gehend, dass der Kläger das nach Auffassung des FG von ihm erwirtschaftete und ihm zustehende Vermögen unter bloßer Verwendung des Namens der Handelsanstalt bei Banken angelegt hat. Bei verständiger Würdigung muss das FG demnach davon ausgegangen sein, dass der Kläger in der Lage war, die Handelsanstalten nach seinem Willen und für seine Interessen einzusetzen.

Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung, deren materiell-rechtliche Richtigkeit bezüglich der vermögensteuerrechtlichen Zurechnung von Vermögen (vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 2 BewG Anm. 10 ff.) hier nicht zu prüfen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass --trotz der vom FG dargelegten gegenteiligen Auffassung-- die Vernehmung des Zeugen N zu einer anderen Entscheidung durch das FG geführt hätte. Denn dieser war vom Kläger dafür als Zeuge benannt worden, dass er --der Zeuge-- "hinter der Handelsanstalt A stehe", was in dem Urteil eines anderen Senats des FG so ausgeführt worden ist. Insoweit hat das FG auf S. 14 seines Urteils erwähnt, dass die Zuordnung der Geschäftsvorfälle und des Vermögens "mit davon abhänge, welche Personen hinter der Domizilgesellschaft stehen".

Auch die Aussage des Repräsentanten der Handelsanstalten, der ausschließlich für diese gegenüber dem Kläger aufgetreten sein soll, hätte das FG in seiner Entscheidung beeinflussen können. Dessen Vernehmung hätte nach Auffassung des Klägers, die nicht als neben der Sache liegend beurteilt werden kann, ergeben, dass die Handelsgesellschaften keine Scheingründungen gewesen seien und eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit angestrebt hätten, dass ferner die Tätigkeit des Klägers eine ausschließlich fremdnützige Handelsvertretertätigkeit gewesen sei und der Kläger nur auf Weisungen aus Liechtenstein und in ständiger Absprache mit den Organen der Gesellschaften gehandelt habe.

Schließlich hätte auch die Vernehmung des Klägers als Beteiligter zu einer anderen Entscheidung des FG führen können, da der Kläger an allen maßgeblichen Handlungen mitgewirkt hat und hierzu Auskunft hätte geben können.

bb) Der Kläger hatte weder die Möglichkeit noch einen Anlass, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Nichterhebung der Beweise zu rügen. Laut Protokoll der mündlichen Verhandlung beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Vernehmung des Zeugen N. Hinsichtlich des Zeugen B erklärte er seine Bereitschaft, ihn in einer künftig anzuberaumenden mündlichen Verhandlung zu stellen. Mit diesen ausdrücklichen Beweisanträgen, insbesondere auch im Zusammenhang mit seinem übrigen protokollierten Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er an allen schriftsätzlich gestellten Beweisanträgen festhalten wolle. Dem Protokoll ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, der darauf hindeutet, das FG werde ohne Beweisaufnahme entscheiden. Dem Kläger wurde erst durch das Urteil die Ablehnung seiner Beweisanträge bekannt.

cc) Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung von Beweismitteln nach § 79b Abs. 3 FGO waren nicht gegeben. Das FG hat in seiner Verfügung vom 19. Dezember 1996 dem Kläger lediglich gemäß § 79b Abs. 1 FGO aufgegeben, die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlte. Es hat nicht vom Kläger gemäß § 79b Abs. 2 FGO verlangt, er solle Beweismittel bezeichnen. Der Umstand, dass der Kläger im Einspruchsverfahren keine Begründung abgegeben, im Klageverfahren erst nach Fristsetzung das Klagebegehren erläutert und erst kurz vor der mündlichen Verhandlung eine weitere umfängliche Klagebegründung vorgelegt hat, berechtigt das FG --entgegen seiner Ansicht-- nicht zur Zurückweisung von Beweismitteln unter dem Gesichtspunkt der Prozessverschleppung.

dd) Das FG durfte die Vernehmung des Zeugen B nicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ablehnen. Nach dieser Vorschrift haben die Beteiligten die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen, wenn ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge im Ausland bezieht (Auslandssachverhalt). Nach allgemeiner Ansicht sind deshalb im Ausland lebende Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Dies gilt aber einschränkend nur, wenn Auslandssachverhalte aufzuklären sind (BFH-Urteile vom 1. Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12; vom 26. Februar 1992 I R 155/90, BFH/NV 1992, 581; Beschlüsse vom 11. Dezember 1998 XI B 195, 196/95, BFH/NV 1999, 805; vom 14. Januar 2000 VIII B 72/99, juris). Das FG hat nicht dargelegt, dass diese Voraussetzung gegeben ist. Dagegen spricht, dass der Kläger den Zeugen zu allen Rechtsvorgängen benannt hat, die er im Namen der Handelsanstalten abgeschlossen haben will. Hierzu gehörten zu einem großen Teil aber auch Vorgänge im Inland.

Da die Vorschrift des § 90 Abs. 2 AO 1977 nicht anwendbar ist, hätte das FG die in seinem Ermessen stehende Entscheidung treffen müssen, ob dem Kläger aufgegeben werden sollte, den Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu stellen, oder ob der Zeuge im Wege der Rechtshilfe oder durch einen Bundeskonsul im Ausland vernommen werden sollte (§ 82 FGO i.V.m. § 363 ZPO). Derartige Erwägungen hat das FG nicht angestellt.

ee) Das FG hat die Vernehmung des Klägers als Beteiligten mit unzutreffender Begründung abgelehnt. Eine beantragte Beteiligtenvernehmung kann unterbleiben, wenn sich das Gericht mit Hilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann, oder wenn nichts an Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens des Beteiligten erbracht ist (BFH-Beschluss vom 23. November 1994 I B 78/94, BFH/NV 1995, 793; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 82 FGO Tz. 80 ff.). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Das FG hat zum einen ohne Beweiserhebung entschieden; zum anderen kann es auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Kläger lediglich als Handelsvertreter für die Handelsanstalten tätig war. Der Umstand, dass die Kläger nicht in der mündlichen Verhandlung erschienen waren, berechtigte das FG --entgegen seiner Ansicht-- nicht zur Ablehnung der Beteiligtenvernehmung mit der Begründung, der Kläger habe wegen seines Nichterscheinens den Beweis nicht angetreten. Der Beweisantritt bei Beteiligtenvernehmung erfolgt nicht anders als bei anderen Beweisanträgen. Lediglich anders als bei der bloßen Beteiligtenanhörung setzt die Vernehmung immer einen förmlichen Beweisbeschluss voraus (§ 450 ZPO).

3. Gemäß § 116 Abs. 6 FGO n.F. kann der Senat, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen, das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen. Diese Regelung ist im vorliegenden Verfahren anwendbar. Art. 4 2.FGOÄndG schreibt die Anwendung der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften nur bezüglich der Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs vor. In § 116 Abs. 6 FGO n.F. wird aber nicht die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs geregelt. Diese Vorschrift normiert vielmehr Rechtsfolgen eines zulässigen und begründeten Rechtsbehelfs.



Ende der Entscheidung

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