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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.10.2005
Aktenzeichen: II B 96/04
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 |
Gründe:
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die auf den 1. Januar 1993 zur Vermögensteuer zusammenveranlagt wurden. Im Gesamtvermögen von 3 827 272 DM waren Gold- und Silberbarren sowie -münzen im Wert von 3 681 698 DM enthalten. Im Einspruchs- und Klageverfahren trugen die Kläger vor, ihr zu versteuerndes Einkommen habe im Jahr 1993 lediglich 3 918 DM und die Ertragsfähigkeit ihres Vermögens nur 6 000 DM betragen. Sie vertraten die Auffassung, die Erhebung von Vermögensteuer auf ertragloses Vermögen stelle eine entschädigungslose Enteignung auf Raten dar; in ihrem Fall seien die Gebote der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Steuerfreistellung des Existenzminimums nicht gewahrt.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage unter Bezugnahme auf die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bis zum 31. Dezember 1996 angeordnete Weitergeltung des Vermögensteuergesetzes (VStG) und die daran anknüpfende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.
Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts. Die grundsätzliche Bedeutung sei schon wegen der verfassungsrechtlichen Zweifel an einer entscheidungserheblichen Vorschrift zu bejahen. Im Streitfall sei das subjektive Nettoprinzip in Gestalt des Grundsatzes verletzt, dass das Existenzminimum von der Besteuerung verschont bleiben müsse. Insoweit sei jedoch durch die bisherige Rechtsprechung noch keine Klärung eingetreten, da diese sich nur mit der Bedeutung des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für die Vermögensteuer befasst habe. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes werde jedoch nicht mehr gerügt. Ferner sehen die Kläger in der unterbliebenen Vorlage an das BVerfG einen Verfahrensfehler des FG.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger haben keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entsprechenden Weise dargelegt.
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung konkrete Rechtsfragen bezeichnet und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (BFH-Beschluss vom 13. März 2003 VII B 153/02, BFH/NV 2003, 1065). Die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen darauf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 17. April 2002 III B 164/01, BFH/NV 2002, 1028; vom 19. März 2003 X B 121/01, BFH/NV 2003, 934, und vom 5. Mai 2004 VIII B 168/03, BFH/NV 2004, 1524).
a) Hinsichtlich der von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob die Besteuerung ertraglosen Vermögens gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstößt, ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil diese Frage sowohl vom BVerfG als auch vom BFH bereits geprüft und verneint worden ist, ohne dass die Kläger Gesichtspunkte vortragen, die eine erneute Überprüfung durch den BFH als geboten erscheinen lassen.
So hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, unter C.II.3.a) als Prüfungsmaßstab auch Art. 14 GG benannt und unter C.II.4. (Einleitungssatz) ausdrücklich festgestellt, dass das Konzept der früher geltenden Vermögensteuer den daraus resultierenden Anforderungen entsprochen habe. Unter C.II.4.b, c hat das BVerfG betont, dass das Vermögen gemäß dem Gedanken der Sollertragsteuer nach dem typischerweise möglichen Ertrag ohne Rücksicht auf den tatsächlich erzielten Ertrag besteuert wird. Auch der BFH hat sich zur Zulässigkeit der Besteuerung ertraglosen Vermögens dahin gehend geäußert, dass diese Frage nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist (BFH-Beschluss vom 6. August 1998 II B 53/98, BFH/NV 1999, 228).
b) Soweit die Kläger die grundsätzliche Bedeutung auf eine Verletzung der Grundsätze über die Steuerfreiheit des Existenzminimums (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG) stützen, fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den Gründen des Beschlusses in BVerfGE 93, 121. Das BVerfG hat insoweit ausgeführt (unter C.II.3.c), dass das Einkommensteuerrecht Abzugstatbestände für den existenz- und erwerbssichernden Aufwand, das Vermögensteuerrecht aber Abzugstatbestände für das Gebrauchsvermögen vorzusehen habe.
Die Kläger, die sich ausschließlich auf die --einkommensteuerrechtliche-- Rechtsprechung zur Gewährleistung des Existenzminimums stützen, übersehen, dass diese Grundsätze nicht unbesehen auf die Vermögensteuer übertragen werden können, sondern vom BVerfG insoweit der Gesichtspunkt des Gebrauchsvermögens in den Vordergrund gestellt wird, auf den die Beschwerdebegründung aber nicht eingeht.
2. Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass die Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) zuzulassen ist. Bei diesem Zulassungsgrund handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache; für seine Darlegung gelten daher regelmäßig die Anforderungen, die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerdebegründung zu stellen sind, gleichermaßen (BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2004 II B 141/03, BFH/NV 2005, 159). Sie sind aber vorliegend nicht erfüllt.
3. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist ebenfalls nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Die Kläger tragen insoweit lediglich vor, die Entscheidung des FG, die Sache nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorzulegen, verletze ihren Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Eine solche Vorlage wäre jedoch nur zulässig gewesen, wenn das FG von der Verfassungswidrigkeit einer für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Norm --die von den Klägern noch nicht einmal benannt wird-- überzeugt gewesen wäre. Das Vorliegen dieser Voraussetzung haben die Kläger nicht dargelegt. Im Übrigen geht aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass das FG sämtliche hier maßgebenden Normen für verfassungsgemäß hält.
Ende der Entscheidung
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