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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: II B 99/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 170 Abs. 5 Nr. 2
FGO § 119 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb am 19. Oktober 1995 von seiner langjährigen Lebensgefährtin L und einzigen Mitgesellschafterin deren Anteile an der X-GmbH zum Kaufpreis von 25 000 DM bzw. 55 000 DM, was den Nennwerten der Anteile entsprach. Der gemeine Wert dieser Anteile war vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) auf den 31. Dezember 1994 auf 383 DM je 100 DM des Stammkapitals geschätzt worden.

Im Hinblick auf das "auffallende Missverhältnis" zwischen dem Wert der Geschäftsanteile (306 400 DM) und dem vom Kläger hierfür gezahlten Kaufpreis (80 000 DM) nahm das FA eine gemischte Schenkung der L an den Kläger in Höhe von 226 400 DM an und setzte durch Bescheid vom 12. Oktober 2001 gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 71 488 DM fest.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend machte, es liege keine (teilweise) Unentgeltlichkeit vor, weil L einen entsprechenden Willen nicht gehabt habe, und es sei darüber hinaus Festsetzungsverjährung eingetreten, blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat die Voraussetzungen einer gemischten Schenkung bejaht. L habe den für eine (gemischte) Schenkung erforderlichen Willen zur Freigebigkeit gehabt. Denn ihr sei das auffällige Missverhältnis zwischen dem Wert der übertragenen Anteile und der Gegenleistung des Klägers bewusst gewesen. Sie habe die Veräußerung zum Nennwert im Hinblick auf die persönlichen Beziehungen zum Kläger und auf den Umstand, dass sie zuvor die Anteile vom Kläger ebenfalls zum Nennwert erhalten hatte, lediglich "für fair" gehalten. Die Festsetzungsfrist sei nicht abgelaufen, weil die zuständige Erbschaftsteuerstelle des FA erst im Jahre 2001 Kenntnis von dem Schenkungsvorgang erlangt habe.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des Klägers. Dieser macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt, weil die Frage der maßgeblichen Kenntnis für eine Ablaufhemmung nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) höchstrichterlich klärungsbedürftig sei, ist die Beschwerde unbegründet. Die Rechtsfrage ist nicht (mehr) klärungsbedürftig, weil der Bundesfinanzhof (BFH) diese Frage durch Urteil vom 5. Februar 2003 II R 22/01 (BFHE 201, 403, BStBl II 2003, 502) dahin entschieden hat, dass insoweit auf die Kenntnis der organisatorisch zur Verwaltung der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer berufenen Dienststelle (Erbschaftsteuerstelle) des zuständigen FA abzustellen sei.

2. Die Beschwerde ist im Übrigen unzulässig, weil der Kläger weitere Zulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

a) Soweit der Kläger geltend macht, die Rechtssache habe auch in anderer Hinsicht grundsätzliche Bedeutung, fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Rechtsfragen. Hierzu hätte es der Darlegung bedurft, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfragen zweifelhaft und strittig ist. Es ist insoweit konkret und substantiiert vorzutragen, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers insoweit nicht. Allein die Behauptung, über die vom Kläger entwickelten Rechtsgedanken sei höchstrichterlich noch nicht entschieden worden, reicht zur Darlegung der grundsätzlichen, d.h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung nicht aus; denn daraus ergibt sich noch nicht die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage. Soweit sich der Kläger im Übrigen hauptsächlich inhaltlich mit den Rechtsausführungen des FG kritisch auseinander setzt, begründet allein der Umstand, dass der Kläger diese für falsch hält, noch keine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.

b) Auch Verfahrensmängel hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt:

aa) Der Vortrag des Klägers, das FG gebe in seinem Urteil den wirklichen zivilrechtlichen Rechtsfolgewillen der Beteiligten nicht zutreffend wieder, woraus sich ein Verstoß gegen den Inhalt der Akten ergebe, stellt keine Verfahrensrüge, sondern die Rüge falscher Tatsachenwürdigung durch das FG dar. Denn bei dem "Rechtsfolgewillen der Beteiligten" (das FG spricht zutreffend vom "Bewusstsein zur Unentgeltlichkeit") handelt es sich um das Ergebnis einer Tatsachenwürdigung, die das FG unter Berücksichtigung der Umstände des Anteilserwerbs durch den Kläger vorzunehmen hatte. Das FG ist dabei an die Würdigungen, zu denen die Beteiligten aus ihrem Blickwinkel gelangen, nicht gebunden. Soweit der Kläger und auch die als Zeugin vom FG gehörte L im Verfahren (aktenkundig) erklärt haben, seinerzeit der Meinung gewesen zu sein, die Anteile hätten keinen höheren Wert als den Nennwert, war das FG nicht gehindert, eine eigene Bewertung der Umstände vorzunehmen und zu dem Ergebnis zu gelangen, dass L sich der (teilweisen) Unentgeltlichkeit ihrer Leistung bewusst war.

bb) Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe den gemeinen Wert der Anteile nicht unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten nach dem Stuttgarter Verfahren schätzen, sondern einen Sachverständigen hinzuziehen müssen und deshalb seine Sachaufklärungspflicht verletzt, wird ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger teilt nämlich insoweit weder mit, aus welchen Gründen sich dem FG im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Stuttgarter Verfahren um eine höchstrichterlich seit Jahrzehnten anerkannte Schätzungsmethode handelt, die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, noch inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschluss vom 17. Mai 1994 X B 280/93, BFH/NV 1995, 114).

cc) Soweit der Kläger ferner geltend macht, das FG habe hinsichtlich der bestimmter Umstände sein Recht auf Gehör verletzt, sind seine Ausführungen schon deshalb unschlüssig, weil er gleichzeitig mitteilt, diese Umstände seien "nicht einmal im Ansatz entweder in den vorbereiteten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung erörtert worden". Denn wenn diese Umstände dem FG nicht bekannt geworden sein können, kann es diese auch nicht verfahrensfehlerhaft, d.h. unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers unberücksichtigt gelassen haben. Auch einen Mangel der Sachaufklärung hat der Kläger insoweit nicht schlüssig dargelegt (vgl. oben unter bb). Der vom Kläger in diesem Zusammenhang gerügte Verstoß gegen die Denkgesetze stellt keinen Verfahrensmangel, sondern allenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler dar; die diesbezügliche Rüge des Klägers ergibt deshalb keinen Verfahrensfehler, der zur Revisionszulassung führen könnte.

dd) Soweit der Kläger im Hinblick auf die Kenntnis der persönlichen Beziehung zwischen ihm und L seitens des FA einen Sachaufklärungsmangel, das Übergehen tatsächlichen Vorbringens sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, sind seine Ausführungen schon deshalb unschlüssig, weil nicht dargelegt wird, inwiefern es sich angesichts der Rechtsauffassung des FG, es liege keine Kenntnis der zuständigen Erbschaftsteuerstelle von der Schenkung vor 2001 vor, bei dieser Tatsache um eine rechtserhebliche handeln könnte. Dasselbe gilt für die Rüge des Klägers, das FG sei verfahrensfehlerhaft --überraschend-- davon ausgegangen, frühere Schreiben an verschiedene Finanzämter seien nicht geeignet gewesen, eine ausreichende Kenntnis vom Schenkungsvorgang zu bewirken.

ee) Mit dem Vortrag, das FG habe sich nicht ausreichend mit den Einwänden gegen die Prüfungsanordnung auseinander gesetzt, rügt der Kläger das --teilweise-- Fehlen einer Begründung des Urteils (§ 119 Nr. 6 FGO). Schlüssig dargelegt hat der Kläger aber insoweit einen Verfahrensmangel nicht. Ein FG-Urteil ist nämlich nur dann "nicht mit Gründen versehen" i.S. des § 119 Nr. 6 FGO, wenn nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen es beruht. Nicht ausreichend ist deshalb, wenn der Kläger nur darlegt, das FG habe sich nicht mit allen von ihm vorgetragenen rechtlichen Erwägungen auseinander gesetzt (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Mai 1989 II R 154/88, BFH/NV 1990, 244).

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