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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.09.2008
Aktenzeichen: II E 14/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg wegen Investitionszulage 1991 bis 1993 sowie Körperschaftsteuer 1991 eingelegt. Das Verfahren wurde beim BFH zunächst unter dem Aktenzeichen III R 76/03 geführt. Gemäß Beschluss des III. Senats des BFH vom 30. Juni 2005 wurde das Verfahren, soweit es Körperschaftsteuer 1991 betraf, abgetrennt und an den I. Senat des BFH abgegeben. Durch Urteil vom 30. Juni 2005 hat der III. Senat des BFH die Revision wegen Investitionszulage 1991 bis 1993 als unbegründet zurückgewiesen. Der I. Senat des BFH hat die Revision wegen Körperschaftsteuer durch Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2006, der als Urteil wirkt, als unbegründet zurückgewiesen. Mit Kostenrechnung vom ... Oktober 2005 wurden die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem III. Senat des BFH nach einem Streitwert von ... € auf ... € festgesetzt.

Mit der hier angefochtenen Kostenrechnung vom ... November 2006 wurden die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem I. Senat des BFH nach einem Streitwert von ... € auf ... € festgesetzt. Der Streitwertwertberechnung lag, ausgehend von der mit dem Revisionsantrag begehrten Gewinnminderung um ... DM, eine begehrte Verringerung der festgesetzten Körperschaftsteuer 1991 um ... DM zugrunde.

Mit der Erinnerung wendet sich die Erinnerungsführerin gegen die kostenrechtlich getrennte Behandlung der vor dem I. und III. Senat des BFH geführten Verfahren. Mit der Revision sei ein einheitliches Rechtsmittelverfahren eingeleitet worden; daran habe sich durch die Trennung im Laufe des Revisionsverfahrens nichts geändert. Zumindest hätte, da die Trennung erst mit Beginn der ersten mündlichen Verhandlung vor dem III. Senat des BFH erfolgt sei, die Geschäftsgebühr nur einmal erhoben werden dürfen. Hilfsweise dürften die Kosten, da die Trennung des Verfahrens nicht berechtigt gewesen sei, wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden. Der Streitwert für das Verfahren vor dem I. Senat des BFH sei nicht nach dem Wert der unmittelbaren Steuerfestsetzung, sondern unter Berücksichtigung der Ausschüttungsbelastung mit einem Steuersatz von 30 v.H. anzusetzen.

Die Erinnerungsführerin beantragt, die Gerichtskosten auf ... € herabzusetzen.

Die Kostengläubigerin und Erinnerungsgegnerin (die Vertreterin der Staatskasse beim BFH) ist der Ansicht, das Kostenrecht sehe die beantragte Kostenfestsetzung nach dem Gesamtwert zweier Verfahren nicht vor.

II. Die Erinnerung ist unbegründet. Die Kostenstelle des BFH hat die Kosten für das vor dem I. Senat des BFH geführte Verfahren rechtsfehlerfrei angesetzt.

1. Nach § 72 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718) ist in Rechtsmittelverfahren, bei denen wie im Streitfall das Rechtsmittel vor dem 2. Juli 2004 eingelegt worden ist, das GKG a.F., d.h. in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I 1975, 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I 2004, 390), weiter anzuwenden.

2. Die kostenrechtlich getrennte Behandlung der vor dem I. und III. Senat des BFH geführten Revisionsverfahren ist nicht zu beanstanden.

a) Kommt es zu einer --auch im Revisionsverfahren möglichen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 II R 33/95, BFHE 183, 36, BStBl II 1997, 626)-- Abtrennung von Verfahrensteilen (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), ist für jeden Verfahrensteil rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung ein Einzelstreitwert anzusetzen (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO Rz 234; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 73 Rz 29). Für die Verfahrensgebühr ist in diesem Fall ebenfalls nicht von einem Gesamtstreitwert, sondern von Einzelstreitwerten auszugehen (Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, vor § 135 FGO Rz 106). Denn die Verfahrensgebühr erwächst als eine Art Dauergebühr im Gegensatz zu den Einzelaktgebühren ständig neu (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. August 1960 III ER 413/60, Neue Juristische Wochenschrift 1960, 1973).

b) Die hiergegen erhobenen Einwände der Erinnerungsführerin greifen nicht durch. Der BFH kann für Zwecke der Kostenberechnung nicht als einheitliches Gericht angesehen werden. Zwar ist Gegenstand der Revision das Urteil des FG (vgl. § 115 Abs. 1 FGO); dies ändert indes nichts daran, dass für das Revisionsverfahren unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 i.V.m. § 121 FGO bei mehreren in einem Verfahren zusammengefassten Klagegegenständen (Streitgegenständen) nach Ergehen eines Trennungsbeschlusses verfahrens- und kostenrechtlich von getrennten Verfahren auszugehen ist. Gegenteilige Folgerungen können auch nicht aus § 21 Abs. 2 und 3 GKG a.F. gezogen werden. Diese Bestimmungen betreffen allein Gebühren für Teile eines Streitgegenstandes. Auf die nach einer Trennung von mehreren in einem Verfahren zusammengefassten (jeweils selbständigen) Streitgegenständen für jeden Verfahrensteil entstehende Verfahrensgebühr ist diese Vorschrift weder unmittelbar noch im Sinne eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes anwendbar.

3. Von einer Erhebung der Kosten kann nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. wegen unrichtiger Sachbehandlung abgesehen werden.

Die von der Erinnerungsführerin als "nicht berechtigt" angesehene Trennung des Revisionsverfahrens durch Beschluss des III. Senats vom 30. Juni 2005 begründet keine unrichtige Sachbehandlung. Die Berufung eines Erinnerungsführers auf § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. kann nicht dazu führen, rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 1997 VIII E 2/97, BFH/NV 1997, 891; vom 23. Februar 2006 II E 7/05, BFH/NV 2006, 1311). Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht. Für eine solche Ausnahme ergibt sich aus der von der Erinnerungsführerin geltend gemachten Ermessensfehlerhaftigkeit des Trennungsbeschlusses nichts. Auch nach Aktenlage ist für einen Ausnahmefall unter Berücksichtigung von Abschn. I. 3. und 4. der Ergänzenden Regelungen im Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 2005 (BStBl II 2005, 112) nichts erkennbar.

4. Die Höhe des angesetzten Streitwerts ist nicht zu beanstanden. Der Streitwert eines Verfahrens wegen Körperschaftsteuer ergibt sich aus dem unmittelbar streitigen Steuerbetrag (§ 13 Abs. 2 GKG a.F.; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 135 FGO Rz 220; Gräber/Ruban, a.a.O., vor § 135 Rz 35 "Körperschaftsteuer"). Dabei ist allein von der tatsächlich festgesetzten Steuer auszugehen (BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2004 I E 3/04, BFH/NV 2005, 572; vgl. auch Schwarz, a.a.O., § 139 FGO Rz 218, 301, m.w.N.). Für eine niedrigere Bemessung des Streitwerts unter Berücksichtigung der Ausschüttungsbelastung, wie von der Erinnerungsführerin begehrt, ist daher kein Raum.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.



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