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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.12.2000
Aktenzeichen: II E 2/00
Rechtsgebiete: FGO, GKG, ZPO


Vorschriften:

FGO § 73 Abs. 1
FGO § 155
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
GKG § 8 Abs. 1
GKG § 11 Abs. 2
ZPO § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
II E 2/00 II E 3/00 II E 4/00 II E 5/00

Gründe

I. Das Finanzamt (FA) hatte gegen den Kläger und Erinnerungsführer (Kläger) Erbschaftsteuer festgesetzt und in einem nachfolgenden Verfahren einen Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen abgelehnt. Sowohl gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung als auch gegen die Ablehnung eines Erlasses hatte der Kläger Einspruch eingelegt. Die Einsprüche waren durch getrennte Entscheidungen zurückgewiesen worden. Entsprechend der zeitlichen Reihenfolge hatte der Kläger zunächst eine Anfechtungsklage wegen der Erbschaftsteuer erhoben und sodann nach Abschluss des Einspruchsverfahrens in der Erlasssache dem Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen der bereits anhängigen Klage geschrieben, er wende sich auch gegen die Ablehnung seines Erlassantrags; dies erfordere eine Neufassung seines bisherigen Klageantrags.

Das FG registrierte dieses Schreiben als weitere Klage unter einem eigenen Aktenzeichen und wies beide Klagen als unbegründet ab. Gegen beide Urteile legte der Kläger jeweils sowohl Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als auch Revision ein. Sämtliche vier Rechtsmittel verwarf der Bundesfinanzhof (BFH) durch getrennte Entscheidungen als unzulässig.

Daraufhin ergingen gegen den Kläger vier Kostenrechnungen, mit denen die Gerichtskosten bezüglich der beiden Revisionsverfahren auf jeweils 350 DM und bezüglich der beiden Beschwerdeverfahren auf jeweils 175 DM festgesetzt wurden. Zugrunde lag jeweils ein Streitwert von 5 134 DM. Gegen diese Kostenrechnungen hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Er beantragt, nur Gerichtskosten von insgesamt 525 DM --nämlich Kosten für eine Revision und eine Nichtzulassungsbeschwerde-- festzusetzen. Zur Begründung trägt er vor, er habe nur eine Klage erhoben, die das FG ohne förmlichen Trennungsbeschluss und darüber hinaus auch materiell zu Unrecht in zwei Verfahren zerlegt habe. Die dadurch eingetretene Verdoppelung des Streitwerts habe er nicht zu vertreten.

II. Der Senat hat die vier Erinnerungen gemäß § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Die Erinnerungen sind unbegründet.

Die festgesetzten Gerichtskosten betreffen zwei Revisionen und zwei Nichtzulassungsbeschwerden, die beim BFH jeweils selbständig anhängig gemacht worden sind und über die wegen der unterschiedlichen Streitpunkte auch jeweils getrennt entschieden worden ist. Infolgedessen hatte auch jeweils eine Kostenrechnung auf der Grundlage des für das einzelne Rechtsmittelverfahren geltenden Streitwerts zu ergehen, wobei sich der Streitwert in allen Verfahren auf denselben Betrag belief. Eine Ermäßigung des Streitwerts für das Revisions- und das Beschwerdeverfahren in der Erlasssache auf 50 v.H. der zu erlassenden Steuer, wie sie für den Fall eines Antrags auf bloße Neuverbescheidung vertreten wird (vgl. dazu Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, Vor § 135 Anm. 35 "Erlaß", sowie Urteil des FG Baden-Württemberg vom 8. Oktober 1993 9 K 403/91, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1994, 268) scheidet im Streitfall aus, weil sich der Kläger nicht mit einem Antrag auf Verurteilung des FG zur Neuverbescheidung begnügt, sondern darüber hinaus auch einen Antrag gestellt hat, den Erlass selbst auszusprechen bzw. das FA zum Erlass zu verurteilen.

Von einer Erhebung dieser Kosten kann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nur dann teilweise abgesehen werden, wenn die Kosten bei richtiger Sachbehandlung nicht in der festgesetzten Höhe entstanden wären. Der Kläger macht eine derartige unrichtige Sachbehandlung geltend. Dass sie nicht dem BFH, sondern dem FG unterlaufen sein soll, steht einer Anwendung des § 8 Abs. 1 GKG nicht entgegen. Aber auch dem FG ist keine unrichtige Sachbehandlung unterlaufen, von der feststeht, dass sie für höhere Gerichtskosten ursächlich geworden ist.

Soweit der Kläger dem FG vorhält, der Streit über die Steuerfestsetzung und einen Erlass dieser Steuer sei bereits materiell-rechtlich einer getrennten Verhandlung und Entscheidung nicht zugänglich gewesen, weil es sich dabei nur um ein einheitliches Klagebegehren und nicht um eine objektive Klagehäufung gehandelt habe, hat der erkennende Senat diese Rechtsauffassung des Klägers bereits mit den beiden Revisionsentscheidungen vom 28. Juli 1999 II R 2/99 und II R 3/99 rechtskräftig für unzutreffend erklärt. § 8 Abs. 1 GKG dient aber nicht dazu, einen bereits rechtskräftig entschiedenen Streit unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Sachbehandlung fortzusetzen.

Offen gelassen ist in den genannten Revisionsentscheidungen vom 28. Juli 1999 lediglich, ob das FG zu Unrecht zwei Klagen angenommen hat und ob es einen förmlichen Trennungsbeschluss hätte erlassen müssen. Doch selbst dann, wenn dem FG insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, wäre ungewiss, ob er für die Höhe der beim BFH anzusetzenden Kosten ursächlich geworden ist. Für den Fall, dass eine erweiterte Klage vorgelegen hätte und dies dem FG bewusst gewesen wäre, steht nämlich nicht fest, dass dann eine Trennung unterblieben wäre. Überdies hätte der Kläger der nach seiner Sicht erfolgten Trennung widersprechen und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung anregen können.

Im Übrigen hätte sich bei Verhandlung und Entscheidung der Sache durch das FG in einem einzigen Verfahren der Streitwert vor dem FG und beim BFH nicht auf 5 134 DM halbiert, wie der Kläger meint. Dies ergibt sich daraus, dass es sich --wie rechtskräftig entschieden-- um eine objektive Klagehäufung gehandelt hat. Dabei sind die Streitwerte der einzelnen prozessualen Ansprüche entsprechend § 155 FGO i.V.m. § 5 der Zivilprozeßordnung zusammenzurechnen. Dies gilt auch bei einer Verfolgung der Ansprüche durch Haupt- und Hilfsanträge, und zwar unter den im Streitfall erfüllten Voraussetzungen, dass über alle Anträge entschieden werden musste. Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, weil das FG sowohl die auf einen Erlass der Steuer gerichteten Anträge als auch die auf Änderung der Steuerfestsetzung gerichteten Anträge abschlägig beschieden hat. Es wäre lediglich deshalb zu etwas niedrigeren Gerichtskosten gekommen, weil die Gebührentabelle in Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 GKG nicht proportional ansteigt.



Ende der Entscheidung

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