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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: II R 16/06
Rechtsgebiete: ErbStG
Vorschriften:
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2 |
Gründe:
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. Dezember 1994 von einer Bauträgergesellschaft (B-GmbH) 11 Wohneigentumseinheiten in einem noch zu errichtenden Gebäude zu einem Gesamtkaufpreis von 3 195 000 DM. Das Gebäude sollte auf noch zu vermessenden Teilflächen mehrerer Flurstücke erbaut und bis zum 31. Dezember 1995 fertiggestellt werden. Der Kläger erklärte im Kaufvertrag als Bevollmächtigter seines Vaters (V), dass dieser ihm den Kaufpreis geschenkt habe. Der Kaufpreis wurde am 28. Dezember 1994 von einem Bankkonto des V unmittelbar an die B-GmbH gezahlt.
Die --in den neuen Bundesländern belegenen-- Eigentumswohnungen wurden im Dezember 1995 fertiggestellt und dem Kläger übergeben. Die Teilflächen, auf denen das Gebäude errichtet worden war, wurden am 3. Juni 1997 als selbständiges Grundstück im Liegenschaftskataster eingetragen; die B-GmbH wurde am 13. November 1997 als Eigentümerin des neu gebildeten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Am 23. November 1998 erklärten der Kläger und die B-GmbH die Auflassung hinsichtlich der Eigentumswohnungen; der Kläger wurde am 20. Januar 1999 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Im angefochtenen Schenkungsteuerbescheid legte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) als Bemessungsgrundlage die auf den 23. November 1998 (Tag der Auflassung) gesondert festgestellten Grundstückswerte von insgesamt 1 299 000 DM zugrunde. Demgegenüber vertrat der Kläger die Auffassung, die Schenkung der Eigentumswohnungen sei bereits im Zeitpunkt ihrer Fertigstellung (Dezember 1995) ausgeführt worden. Maßgebend seien daher die auf den 1. Januar 1996 festgestellten Einheitswerte in Höhe von insgesamt 78 700 DM.
Nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, die mittelbare Schenkung eines noch zu errichtenden Gebäudes sei mit dessen Fertigstellung ausgeführt, weil der Beschenkte in diesem Zeitpunkt im Verhältnis zum Schenker die freie Verfügung über das Gebäude erlange. Hier habe V bereits mit der Zahlung des Gesamtkaufpreises im Jahr 1994 alles Erforderliche getan, um dem Kläger den Gegenstand der Zuwendung zu verschaffen. Die weiteren Ausführungshandlungen, insbesondere die Erfüllung des mit der B-GmbH geschlossenen Kaufvertrags, hätten allein dem Kläger oblegen. V habe hierauf keinen Einfluss mehr gehabt.
Mit seiner Revision rügt das FA, das FG habe zu Unrecht dem Zeitpunkt der Auflassung und der Erteilung der Eintragungsbewilligung keine Bedeutung beigemessen.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Auffassung des FG, die mittelbare Schenkung einer auf dem Grundstück eines Dritten noch zu errichtenden Eigentumswohnung sei auch dann mit deren Fertigstellung ausgeführt, wenn weder die Auflassung erklärt noch die Eintragungsbewilligung erteilt worden ist, ist rechtsfehlerhaft.
1. Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Schenkungsteuer mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes --ErbStG--).
Eine Schenkung oder freigebige Zuwendung ist ausgeführt, wenn der Bedachte das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede, im Fall der freigebigen Zuwendung nach dem Willen des Zuwendenden, verschafft werden soll (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. April 2005 II R 52/02, BFHE 210, 507, BStBl II 2005, 892, unter II.2., m.w.N.).
a) Ist Gegenstand der Schenkung ein Grundstück, wird der Zeitpunkt der Steuerentstehung jedoch vorverlagert: Maßgebend ist dann nicht erst der Eintritt des Leistungserfolges, d.h. der Übergang des zivilrechtlichen Eigentums durch Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Vielmehr ist die freigebige Zuwendung in solchen Fällen bereits ausgeführt, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. Dies ist der Fall, wenn die Vertragsparteien die Auflassung erklärt haben und der Berechtigte die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat, und ferner der Beschenkte jederzeit seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch beantragen und damit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 2005 II R 26/02, BFHE 208, 438, BStBl II 2005, 312, unter II.1.a, m.w.N.).
Die Grundsätze über die Bestimmung des Ausführungszeitpunkts bei einer (unmittelbaren) Grundstücksschenkung finden auch auf die mittelbare Grundstücksschenkung Anwendung, weil Gegenstand der Zuwendung nach dem Willen der Parteien in beiden Fällen das Grundstück ist. Danach ist auch eine mittelbare Grundstücksschenkung bereits dann --aber auch erst dann-- ausgeführt, wenn die Auflassung erklärt und die Eintragungsbewilligung erteilt worden ist und der Beschenkte jederzeit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen kann.
b) Ist Gegenstand der mittelbaren Grundstücksschenkung indes ein noch zu errichtendes Gebäude, ist die Zuwendung erst mit der Fertigstellung des Gebäudes ausgeführt. Denn erst in diesem Zeitpunkt erlangt der Bedachte endgültig dasjenige, was er nach der Schenkungsabrede oder dem Willen des Schenkers erhalten sollte (BFH-Urteil vom 22. September 2004 II R 88/00, BFH/NV 2005, 213).
c) Ist Gegenstand der mittelbaren Grundstücksschenkung ein Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude, ist --jedenfalls in den Fällen, in denen der Schenker den zum Erwerb erforderlichen Geldbetrag bereits zur Verfügung gestellt hat-- die Schenkung dann ausgeführt, wenn sowohl die zu a) erläuterte rechtliche Möglichkeit der Herbeiführung der dinglichen Rechtsänderung besteht als auch die zu b) erläuterte tatsächliche Herstellung des Schenkungsgegenstands erfolgt ist. Maßgebend ist danach derjenige Zeitpunkt, in dem --kumulativ-- die Auflassung erklärt, die Eintragungsbewilligung erteilt und das Gebäude fertiggestellt ist. Dies hat das FG verkannt, weshalb sein Urteil aufzuheben war.
Zu Unrecht beruft sich das FG auf das BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 II R 75/00 (BFHE 200, 406, BStBl II 2003, 273). Dort hat sich der Senat lediglich zur Errichtung eines Gebäudes auf einem dem Beschenkten bereits gehörenden oder ihm gleichzeitig aufgrund eines einheitlichen Vertrages vom Schenker geschenkten Grundstücks geäußert. Vorliegend geht es hingegen nicht um die Errichtung eines Gebäudes auf einem dem Bedachten bereits zur Verfügung stehenden Grundstück, sondern um den Erwerb des Grundstücks von einem Dritten. Der --im Übrigen mit dem Streitfall vergleichbare-- Sachverhalt, der im BFH-Beschluss vom 5. Juni 2003 II B 74/02 (BFH/NV 2003, 1425) zu beurteilen war, war dadurch gekennzeichnet, dass Auflassung und Eintragungsbewilligung bereits gleichzeitig mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags erklärt bzw. erteilt worden waren, die Fertigstellung aber --insoweit abweichend vom Streitfall-- erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte.
2. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, weil der angefochtene Schenkungsteuerbescheid, in dem die auf den 23. November 1998 festgestellten Grundstückswerte angesetzt worden sind, sich als rechtmäßig erweist.
Das FG hat --für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend-- festgestellt, nach dem Willen der an der Schenkung beteiligten Parteien seien "die Eigentumswohnungen" Gegenstand der Zuwendung gewesen. Der Gegenstand der Zuwendung ist damit weder in dem bei V abgeflossenen Geldbetrag in Höhe von 3 195 000 DM noch in dem vom Kläger aufgrund des Kaufvertrags vom 20. Dezember 1994 zunächst lediglich erworbenen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung von 11 noch zu errichtenden Eigentumswohnungen zu sehen. Vielmehr sollte dem Kläger nach dem Willen des V das Eigentum an den Eigentumswohnungen geschenkt werden.
Das Wohnungseigentum besteht sowohl aus dem Sondereigentum an einer Wohnung als auch aus dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum (§ 1 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes). Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört insbesondere der Grund und Boden, der vorliegend im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags weder im Eigentum des Klägers noch des V stand.
Danach war die Schenkung der Eigentumswohnungen im Streitfall in Anwendung der unter 1.c) dargestellten Grundsätze in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem sowohl die Auflassung erklärt und die Eintragungsbewilligung erteilt als auch das Gebäude fertiggestellt war. Dies war am 23. November 1998 der Fall. Das FA hat der Schenkungsteuerfestsetzung daher zutreffend die auf diesen Zeitpunkt ermittelten Bedarfswerte zugrunde gelegt.
Es kommt unter diesen Umständen nicht darauf an, ob die Erklärung der Auflassung zu einem früheren Zeitpunkt --wie der Kläger behauptet-- aufgrund der besonderen Situation in den neuen Bundesländern objektiv nicht möglich gewesen ist.
Ende der Entscheidung
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