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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.02.2005
Aktenzeichen: II R 26/02
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Eine Grundstücksschenkung ist i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG noch nicht ausgeführt, wenn der Beschenkte von der Eintragungsbewilligung erst zu einem späteren Zeitpunkt (hier: Tod der Schenkerin) Gebrauch machen darf. Dies gilt auch dann, wenn für den Beschenkten bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden ist.
Gründe:

I.

Mit einem zwischen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihrer Tante (T) am 19. Dezember 1995 notariell beurkundeten Übergabevertrag übergab T der Klägerin ein Grundstück zu Alleineigentum. Die Übergabe sollte mit dem Tod der T erfolgen. Mit der Übergabe sollten u.a. Gefahr, Nutzung, öffentliche Abgaben und Lasten auf die Klägerin übergehen. T bewilligte und beantragte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Klägerin. Ferner bewilligten und beantragten T und die Klägerin, die Eigentumsänderung gegen Vorlage der Sterbeurkunde der T in das Grundbuch einzutragen. Nachdem T am 12. April 1999 verstorben war, wurde das Grundstück auf die Klägerin umgeschrieben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 14. September 2000, den er durch Ergänzungsbescheid vom 11. April 2002 im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für vorläufig erklärte, gegen die Klägerin Schenkungsteuer in Höhe von 46 971 DM fest. Das FA ging davon aus, dass der Vollzug der Grundstücksübertragung erst mit dem Tode der T erfolgt sei, und legte als Bemessungsgrundlage den vom Lagefinanzamt festgestellten Grundbesitzwert in Höhe von 300 000 DM zugrunde. Der Einspruch, mit dem die Klägerin eine Ausführung der Grundstücksschenkung bereits mit Abschluss des Übergabevertrags am 19. Dezember 1995 geltend machte und demgemäß die Anwendung des ErbStG in seiner bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung begehrte, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte in seiner klageabweisenden Entscheidung aus, die Grundstücksschenkung sei erst mit dem Zeitpunkt des Todes der T ausgeführt worden. Der Übergabevertrag habe die Klägerin (noch) nicht in die Lage versetzt, zu Lebzeiten der T den Eintritt der Rechtsänderung durch einen entsprechenden Antrag beim Grundbuchamt herbeizuführen. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1464 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie habe aufgrund des Übergabevertrags ein unbedingtes, nicht mehr entziehbares Anwartschaftsrecht erworben, das mit dem Tod der T zum Vollrecht erstarkt sei. T habe alle erforderlichen Erklärungen abgegeben, um das Eigentum zu verlieren. Die Rechtsauffassung des FG, dass die Grundstücksschenkung erst mit dem Tode der T ausgeführt worden sei, stehe im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Februar 1980 II R 65/76 (BFHE 130, 64, BStBl II 1980, 307).

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 14. September 2000 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids 11. April 2002 die Schenkungsteuer nach dem bis zum 31. Dezember 1995 maßgeblichen Erbschaftsteuerrecht festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Schenkungsteuer im Zeitpunkt des Todes der T entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ist.

1. Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Eine Grundstücksschenkung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 26. September 1990 II R 150/88, BFHE 163, 215, BStBl II 1991, 320; vom 24. Juli 2002 II R 33/01, BFHE 199, 25, BStBl II 2002, 781) bereits dann ausgeführt, wenn die Auflassung (§ 925 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) beurkundet worden ist und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat (§ 19 der Grundbuchordnung). Diese Vorverlegung des Ausführungszeitpunkts einer Grundstücksschenkung vor den Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB) erfolgt im Hinblick darauf, dass der Eintritt des Leistungserfolgs wegen der dazu erforderlichen Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch der Mitwirkung des Grundbuchamts bedarf (BFH-Urteil vom 14. Juli 1982 II R 16/81, BFHE 136, 501, BStBl II 1983, 19) und für zivilrechtlich abgeschlossene Vorgänge ein unter dem Gesichtspunkt der §§ 11, 14 oder § 37 ErbStG sinnvoller Ausführungszeitpunkt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bestimmt werden soll.

a) Mit Rücksicht auf den von § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vorausgesetzten Leistungserfolg setzt die Ausführung der Grundstücksschenkung voraus, dass der Schenker alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan hat und der Beschenkte durch die vertragliche Vereinbarung in die Lage versetzt wird, jederzeit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung durch einen entsprechenden Antrag beim Grundbuchamt herbeizuführen (BFH-Urteil vom 8. Februar 2000 II R 9/98, BFH/NV 2000, 1095). Nur unter diesen Voraussetzungen liegt ein auf den Eigentumsübergang gerichteter zivilrechtlich abgeschlossener Erwerbsvorgang vor, auf den für die Ausführung der Zuwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG abzustellen ist (vgl. auch BFH in BFHE 199, 25, BStBl II 2002, 781). Daher ist eine Grundstücksschenkung noch nicht ausgeführt, wenn aufgrund vertraglicher Abrede der Beschenkte von der Eintragungsbewilligung erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch machen darf (BFH in BFH/NV 2000, 1095). In diesem Fall tritt die Ausführung der Zuwendung auch erst zu diesem späteren Zeitpunkt ein.

Soweit im Urteil in BFHE 130, 64, BStBl II 1980, 307 der Zeitpunkt der Ausführung der Grundstücksschenkung trotz Anweisung des Notars zur Stellung des Eintragungsantrags erst beim Tod der Veräußerin deshalb vorverlegt wurde, weil zugunsten der Erwerberin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden war, hält der Senat daran nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Das für den Beschenkten durch eine Auflassungsvormerkung begründete dingliche Anwartschaftsrecht an dem Grundstück ist für den Zeitpunkt der Ausführung einer Grundstücksschenkung ohne Bedeutung. Schenkungsteuerlich relevant ist alleine der Erwerb des Vollrechts, mit dem dem Erwerber die Rechtsposition zuwächst, die den Gegenstand der Schenkung bildet (BFH-Urteile vom 30. Juni 1999 II R 70/97, BFHE 189, 543, BStBl II 1999, 742; vom 21. Mai 2001 II R 48/99, BFH/NV 2001, 1407; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 9 Rn. 44).

b) Im Streitfall konnte die Klägerin aufgrund des Übergabevertrags nicht jederzeit, sondern erst gegen Vorlage der Sterbeurkunde der T den Eintritt der Rechtsänderung ins Grundbuch herbeiführen. Da erst zu diesem Zeitpunkt die volle dingliche Wirkung des Rechtsgeschäfts eintreten konnte, war die Grundstücksschenkung erst mit dem Tode der T am 12. April 1999 ausgeführt. Demgemäß war nach § 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402) die Fassung dieses Gesetzes anzuwenden.

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