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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: II R 26/03
Rechtsgebiete: GrEStG
Vorschriften:
GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 2 |
Gründe:
I.
Mit notarieller Urkunde vom 22. Juli 1999 --als "Tauschvertrag, Grundausbeutungsvertrag" bezeichnet-- kaufte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, von einem Landwirt (L) eine Grundstücksteilfläche zu einem Kaufpreis von 92 148 DM. In derselben Urkunde gestattete L der H-Beton-GmbH & Co. KG (KG) den Kiesabbau auf der verkauften Teilfläche; die Gegenleistung betrug 1 072 187 DM. Die Klägerin stimmte dem zu und trat ausdrücklich in die Verpflichtungen aus dem Kiesabbaurecht ein. Zugunsten der KG wurde eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für das Kiesabbaurecht bestellt.
Beim Vertragsabschluss wurde sowohl die Klägerin als auch die KG durch die beiden Gesellschafter der Klägerin (Vater und Tochter) vertreten, die zugleich mit 60 % bzw. 15 % am Vermögen der KG beteiligt waren.
Das damals zuständige Finanzamt sah als Gegenleistung für den Grundstückserwerb nicht nur den Kaufpreis, sondern auch den Wert der Belastung durch das Kiesabbaurecht an und setzte die Grunderwerbsteuer entsprechend fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1328 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision vertritt die Klägerin die Auffassung, das Kiesabbaurecht sei als eine auf dem Grundstück ruhende dauernde Last nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Grunderwerbsteuer auf 3 225 DM festzusetzen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das nunmehr zuständige Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Das Finanzgericht (FG) hat als Gegenleistung (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes --GrEStG--) für die Begründung des kaufvertraglichen Übereignungsanspruchs im Ergebnis zu Recht nicht nur den Kaufpreis, sondern auch den Wert der in der Übernahme der Verpflichtungen aus dem Kiesabbauvertrag liegenden sonstigen Leistung angesehen.
1. Im Streitfall unterliegt der Grunderwerbsteuer der zwischen L und der Klägerin abgeschlossene Kaufvertrag über das Grundstück (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Da der grunderwerbsteuerliche Grundstücksbegriff dem des bürgerlichen Rechts entspricht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG), umfasst er auch das Kiesvorkommen, das unmittelbarer Teil der Grundstückssubstanz (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juni 1966 II 130/62, BFHE 86, 424, BStBl III 1966, 552, unter 1., und vom 29. Juni 1966 II 139/64, BFHE 86, 691, BStBl III 1966, 631, unter 1.; vgl. auch Palandt/ Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 64. Aufl. 2005, § 94 Rn. 3; Holch in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl. 2001, § 93 Rn. 12, § 94 Rn. 5) und damit auch Kaufvertragsgegenstand ist.
2. Indem die Klägerin in die Verpflichtungen des L aus dem Kiesabbauvertrag eingetreten ist, hat sie eine "sonstige Leistung" i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG übernommen. Unter diesen Begriff fallen alle Verpflichtungen des Käufers, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind (BFH-Urteil vom 25. April 2002 II R 57/00, BFH/NV 2002, 1612, m.w.N.).
Eine "sonstige Leistung" liegt insbesondere in der Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers durch den Erwerber. Demgemäß sieht die Rechtsprechung die ausdrückliche Übernahme der Verpflichtungen aus einem Abbauvertrag durch den Grundstückserwerber stets als sonstige Leistung an, wenn diese von vornherein lediglich schuldrechtlich wirken sollen (dazu BFH-Urteile in BFHE 86, 424, BStBl III 1966, 552, unter 2., und vom 22. Juni 1977 II R 22/71, BFHE 122, 565, BStBl II 1977, 703) oder durch eine erst noch einzutragende beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert werden sollen (dazu BFH-Urteil vom 28. August 1963 II 150/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1964, 245). Der Wert der in der Übernahme der Verbindlichkeit liegenden sonstigen Leistung ist im Streitfall identisch mit dem zwischen L und der KG vereinbarten Entgelt für das eingeräumte Kiesabbaurecht, da beim Vertragsabschluss mit dem Abbau noch nicht begonnen worden war.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Wert dieser sonstigen Leistung nicht gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG aus der Gegenleistung auszuscheiden.
a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG nach ihrer systematischen Stellung überhaupt geeignet ist, den in § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwendeten Begriff der "sonstigen Leistungen" einzuschränken. Jedenfalls stellte das Kiesabbaurecht im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch keine auf dem Grundstück ruhende Belastung i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Sätze 1 und 2 GrEStG dar.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bezieht sich dieses Merkmal nur auf solche Belastungen, die bereits beim Abschluss des Grundstücksgeschäfts auf dem Grundstück ruhen und mit dinglicher Wirkung ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen (BFH-Urteile vom 25. März 1958 II 193/56 U, BFHE 66, 623, BStBl III 1958, 239; vom 9. September 1959 II 157/57 U, BFHE 69, 558, BStBl III 1959, 468, und in BFHE 86, 424, BStBl III 1966, 552, unter 3.). Eine --jedenfalls zunächst-- nur schuldrechtliche Belastung allein des Erwerbers genügt nicht; vielmehr ist eine Belastung des Grundstücks selbst erforderlich.
Soweit es sich um die privatrechtliche Belastung eines Grundstücks handelt, entsteht diese nicht bereits mit der Einigung der Vertragsparteien, sondern erst mit der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch (§ 873 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; vgl. auch BFH-Urteil in HFR 1964, 245, betr. beschränkte persönliche Dienstbarkeit für ein Bimsausbeuterecht).
Vorliegend konnte eine Verpflichtung aus dem Kiesabbaurecht nicht mit dinglicher Wirkung auf die Klägerin übergehen. Denn das erworbene Grundstück war im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags --der für die Entstehung der Grunderwerbsteuer maßgeblich ist (§ 38 der Abgabenordnung --AO 1977-- i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG)-- noch nicht mit einem dinglichen Recht zugunsten der KG belastet.
b) Soweit der BFH im Urteil vom 19. November 1968 II R 16/68 (BFHE 94, 160, BStBl II 1969, 90), auf das die Klägerin sich bezieht, entschieden hat, dass bei der Begründung eines Erbbaurechts der Anspruch auf den Erbbauzins unbeschadet seiner in diesem Zeitpunkt noch fehlenden Eintragung in das Grundbuch in Anwendung der Vorgängernorm des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG auch dann nicht zur Gegenleistung gehöre, wenn er jedenfalls gleichzeitig mit dem Erbbaurecht eingetragen werde, ist dies durch die Anfügung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GrEStG überholt (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines GrEStG 1980 vom 19. März 1981, BTDrucks 9/251, 19).
Soweit in dieser Entscheidung (ebenso Urteil des FG Düsseldorf vom 24. Februar 1981 III 237, 238/77 GE, EFG 1982, 36, unter 2., rkr.) --ohne Veranlassung durch den Streitfall-- ausgeführt wird, dass auch dann von einer auf dem Grundstück ruhenden dauernden Last auszugehen sei, wenn bei der Veräußerung eines Grundstücks eine Dienstbarkeit zugunsten eines anderen Grundstücks vorbehalten werde, hält der Senat daran nicht fest.
Ende der Entscheidung
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