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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.06.1999
Aktenzeichen: II R 36/97
Rechtsgebiete: AO 1977, BewG, BGB, FGO, GmbHG
Vorschriften:
AO 1977 § 164 Abs. 2 | |
AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 2 | |
AO 1977 § 119 Abs. 1 | |
AO 1977 § 122 Abs. 1 | |
AO 1977 § 179 Abs. 2 | |
AO 1977 § 182 Abs. 3 | |
AO 1977 § 157 Abs. 1 Satz 2 | |
BewG § 11 Abs. 2 Satz 2 | |
BGB § 133 | |
FGO § 126 Abs. 2 | |
GmbHG § 48 | |
GmbHG § 50 | |
GmbHG § 61 | |
GmbHG § 66 | |
GmbHG § 47 Abs. 1 | |
GmbHG § 47 Abs. 2 |
Gründe
I. Streitig ist, ob die Bescheide zur Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 wegen ungenauer Angabe der Gesellschafter rechtswidrig sind und ob der für Anteile ohne Einfluß auf die Geschäftsführung festgestellte niedrigere gemeine Wert auf den 31. Dezember 1985 --hilfsweise auch auf die drei vorangegangenen Stichtage-- für weitere Beteiligungen maßgeblich ist.
Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin werden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt, wobei je 100 DM der Geschäftsanteile eine Stimme ergeben. Zu den Stichtagen 31. Dezember 1982, 1983, 1984 und 1985 bestanden folgende Beteiligungsverhältnisse:
31. Dezember 1982 - 1984 1985 1. A 33,99 v.H. 33,99 v.H. Familiengesell- schaft GbR
2. B 14,74 v.H. - 3. C 14,37 v.H. 14,37 v.H. 4. D 11,33 v.H. 11,32 v.H. 5. E 11,11 v.H. 11,11 v.H. 6. F 1,10 v.H. 15,85 v.H. 7. 4,25 v.H. 4,25 v.H. 8. 2,97 v.H. 2,97 v.H. 9. 2,97 v.H. 2,97 v.H. 10. 0,64 v.H. 0,64 v.H. 11. 0,64 v.H. 0,64 v.H. 12. 0,52 v.H. 0,52 v.H. 13. 0,52 v.H. 0,52 v.H. 14. 0,30 v.H. 0,30 v.H. 15. 0,23 v.H. 0,23 v.H. 16. 0,23 v.H. 0,23 v.H. 17. 0,06 v.H. 0,06 v.H. 18. 0,03 v.H. 0,03 v.H.
In Anlagen zu den Erklärungen für die Anteilsbewertung war nicht die A-Familiengesellschaft, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im folgenden GbR genannt), sondern deren Gesellschafter als Gesellschafter der Klägerin aufgeführt. Auf die Anlagen hatte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) in den ursprünglichen und unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden über die Feststellung der gemeinen Werte der Anteile Bezug genommen.
Nach einer Außenprüfung erließ das FA am 30. November 1988 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Feststellungsbescheide, mit denen es den gemeinen Wert der Anteile pro 100 DM des Stammkapitals im Schätzungswege nach dem Stuttgarter Verfahren wie folgt feststellte:
Einfluß auf Geschäftsführung Stichtag mit ohne 31. Dezember 1982 442 DM 375 DM 31. Dezember 1983 405 DM 344 DM 31. Dezember 1984 429 DM 365 DM 31. Dezember 1985 309 DM 263 DM
Den Änderungsbescheiden lagen Gesellschafterverzeichnisse bei, die das FA den jeweiligen Jahresabschlüssen entnommen und ausdrücklich zu Bestandteilen der Bescheide erklärt hatte. Das Verzeichnis zum Feststellungsbescheid auf den 31. Dezember 1985 begann wie folgt:
v.H. 1. A-Familiengesellschaft GbR 33,99 AH (23,75) AJ ( 2,58) AA ( 2,58) AM ( 2,58) AL ( 2,50)
2.
3.
usw.
Das Verzeichnis zu den Feststellungsbescheiden auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 war dagegen folgendermaßen gestaltet:
v.H. 1. AH*) 23,75 2. B 14,74 3. C 14,37 4. E 11,11 5. D 11,33 6. G 4,25 7. AJ*) 2,58 8. AA*) 2,58 9. AM*) 2,58 10. AL*) 2,50 11. F 1,10 12. 13. usw.
*) vertreten durch A-Familiengesellschaft
Als Anteile ohne Einfluß auf die Geschäftsführung waren die Beteiligungen von unter 10 v.H. namentlich bezeichnet. In dieser Aufstellung waren Gesellschafter der GbR nicht enthalten.
Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage, mit der sich die Klägerin aus mehreren materiell-rechtlichen Gründen gegen die Höhe der festgestellten Anteilswerte gewandt und darüber hinaus geltend gemacht hatte, daß sämtliche Beteiligungen bis auf die der GbR keinen Einfluß auf die Geschäftsführung vermittelten, führte zur Aufhebung der Feststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 wegen inhaltlicher Unbestimmtheit. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 710 und 715 veröffentlichten Urteil kam das Finanzgericht (FG) zu dem Ergebnis, die Feststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 genügten nicht dem § 179 Abs. 2 Satz 2 AO 1977, wonach die gesonderte Feststellung gegenüber allen Beteiligten einheitlich vorzunehmen sei. Die GbR werde als Gesellschafterin nicht genannt, obwohl sie hätte aufgeführt werden müssen. Statt dessen würden die Gesellschafter der GbR genannt, obwohl sie keine Gesellschafter der Klägerin seien. Die Bescheide seien auch nicht dahin auslegungsfähig, daß trotz Angabe ihrer Gesellschafter nur die GbR als Gesellschafterin der Klägerin habe angesprochen werden sollen.
Hinsichtlich des verbliebenen Feststellungsbescheides auf den 31. Dezember 1985 nahm das FG an, daß die Geschäftsanteile von weniger als 10 v.H. des Stammkapitals der Klägerin keinen Einfluß auf deren Geschäftsführung vermittelten, daß aber den Anteilen der GbR sowie der vier weiteren Gesellschafter mit Beteiligungen von über 10 v.H. ein derartiger Einfluß zukomme.
Mit seiner Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung der §§ 119 Abs. 1, 122 Abs. 1 und 179 Abs. 2 AO 1977. Gemäß der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Juni 1994 II R 66/91 (BFH/NV 1995, 54) werde der an einen von mehreren Beteiligten bekanntgegebene Feststellungsbescheid diesem gegenüber wirksam und wahre die Feststellungsfrist. Deshalb sei unschädlich, daß die angefochtenen Bescheide auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 die GbR nicht als Anteilsinhaberin aufführten. Dies könne durch Bekanntgabe gegenüber der GbR nachgeholt werden. Die verfehlte Angabe der Gesellschafter der GbR mache die Bescheide gegenüber den zutreffend angeführten Gesellschaftern der Klägerin nicht unwirksam, wie sich aus § 182 Abs. 3 AO 1977 ergebe. Die Vorschrift setze gedanklich voraus, daß ein heilbarer Fehler vorliege.
Das FA beantragt, unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung die Klage auch bezüglich der Feststellungen des gemeinen Werts der Anteile auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise, unter Änderung der Feststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 vom 30. November 1988 sowie der Einspruchsentscheidung vom 21. August 1991 auch die vier Beteiligungen zwischen 10 und 25 v.H. als solche ohne Einfluß auf die Geschäftsführung zu behandeln.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der zu den streitigen Stichtagen geltenden Fassung i.V.m. den Abschn. 80 und 83 der Vermögensteuer-Richtlinien 1983 (VStR 1983). Nach Shapley und Shubik (A Method for Evaluating the Distribution of Power in a Committee System, American Political Science Review 1954, S. 787) hänge die Machtposition jedes Mitglieds eines Gremiums wie etwa einer Gesellschafterversammlung davon ab, ob es Mitglied einer sog. gewinnenden Koalition sei. Unter einer gewinnenden Koalition werde die Menge der Mitglieder eines Gremiums verstanden, die über genügend Stimmen verfüge, um sich durchzusetzen. Doch auch in einer solchen Koalition habe nicht jedes Mitglied Macht, sondern nur dasjenige, das einer Untergruppe der sog. minimalgewinnenden Koalition angehöre. Das seien solche Teilmengen, aus der kein Mitglied mehr ausscheiden dürfe, wenn die Eigenschaft einer gewinnenden Koalition nicht verlorengehen solle. Dabei komme Macht nur dem letzten Mitglied zu, das durch seinen Beitritt aus einer verlierenden eine gewinnende Koalition mache. Bei 17 Gesellschaftern gebe es 17 Fakultät (17!) mögliche Abstimmungsanordnungen. Die Beteiligungsquoten zum 31. Dezember 1985 ergäben in Verbindung mit der Regelung, daß die einfache Stimmenmehrheit genüge, 111 461 minimal gewinnende Koalitionen, für die in 52 003 Fällen die GbR, in 13 501 Fällen der Gesellschafter F, in 12 443 Fällen die Gesellschafterin C, in 8 989 Fällen der Gesellschafter D und in 8 495 Fällen die Gesellschafterin E als zuletzt Hinzutretende ausschlaggebend seien. Daraus errechneten sich folgende Machtindizes:
Beteiligungshöhe Machtindex % % A-Familiengesellschaft 33,99 44,04
F 15,85 14,54 C 14,37 11,51 D 11,32 7,68 E 11,11 7,24
Nach dieser Tabelle liege der Machtindex nur bei der GbR über der Beteiligungsquote. Da eine Analyse der Rechtsprechung des BFH zu der Frage, welche Beteiligungsquoten zu einem Einfluß auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft führen, erweise, daß der BFH einen derartigen Einfluß regelmäßig nur dann angenommen habe, wenn der Machtindex über der Beteiligungsquote liege (so Bättenhausen in Betriebs-Berater --BB-- 1993, 1259), sei im Streitfall ein Einfluß jener vier Gesellschafter auf die Geschäftsführung der Klägerin zu verneinen.
Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung den Feststellungsbescheid auf den 31. Dezember 1985 vom 30. November 1988 sowie die Einspruchsentscheidung vom 21. August 1991 dergestalt zu ändern, daß der für Anteile ohne Einfluß auf die Geschäftsführung festgestellte niedrigere gemeine Wert auch auf die Beteiligungen zwischen 10 und 25 v.H. anzuwenden ist.
Das FA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II. A. Die Revision des FA ist unbegründet.
Die Bescheide über die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile auf den 31. Dezember 1982, 1983 und 1984 führen eindeutig nicht die GbR, sondern fälschlich deren Gesellschafter als Inhaltsadressaten auf. Sie sind insoweit nicht auslegungsfähig und daher rechtswidrig.
1. Die Angabe des Inhaltsadressaten ist gemäß § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 konstituierender Bestandteil jedes Steuerbescheides (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120). Ist eindeutig ein anderer als Inhaltsadressat bezeichnet als derjenige, gegen den der Bescheid materiell-rechtlich zu richten gewesen wäre, bleibt der Bescheid auch dann rechtswidrig und letzterem gegenüber unwirksam, wenn dieser ihn erhalten und auf sich bezogen hat. Auf die Sicht des Empfängers kommt es insoweit nicht an (so Beschluß des Großen Senats des BFH vom 21. Oktober 1985 GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230 und BFH-Urteile vom 14. Oktober 1992 II R 3/89, BFH/NV 1993, 218, sowie vom 23. Februar 1995 VII R 51/94, BFH/NV 1995, 862, unter 1. b aa). Zwar sind Steuer- oder Feststellungsbescheide auch bezüglich der Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig --§ 157 Abs. 1 Satz 2 verdrängt in Verbindung mit § 119 Abs. 1 AO 1977 nicht die Auslegungsgrundsätze des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die auf Verfügungen der Finanzbehörden entsprechend anwendbar sind (vgl. Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 6. Aufl. 1998, § 119 Anm. 2 c)--; dies setzt aber voraus, daß die Bescheide objektiv (auch für außenstehende Dritte erkennbar) mehrdeutig und daher auslegungsbedürftig sind. Nur bei insoweit mehrdeutigen Bescheiden können Zweifel über den Inhaltsadressaten ggfs. durch Auslegung behoben werden, wobei dann darauf abzustellen ist, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteil in BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, 121, m.w.N.).
2. Eine Mehrdeutigkeit der angefochtenen Bescheide im oben beschriebenen Sinn hat das FG im Streitfall zu Recht verneint. Die Bescheide sind vielmehr eindeutig dahin zu verstehen, daß sie sich u.a. gegen die Gesellschafter der GbR als Inhalts- adressaten richten. Die Tatsache, daß die vier Gesellschafter der GbR, die nur mit Anteilen von 2,58 v.H. bzw. 2,50 v.H. am Stammkapital der Klägerin verzeichnet sind, nicht unter den Anteilsinhabern aufgeführt sind, deren Anteile gemäß den Abschnitten 80, 83 VStR 1983 wegen fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung niedriger zu bewerten sind, ist zwar auffällig. Sollen sich die Bescheide gegen die Gesellschafter der GbR richten, wäre der niedrigere Wert auch für deren Anteile maßgebend. Für einen außenstehenden Dritten ergibt sich daraus jedoch kein ausreichender Grund, an der Bezeichnung der Gesellschafter als Inhaltsadressaten zu zweifeln, sondern allenfalls ein Anlaß zu der Vermutung, daß die Bescheide bezüglich der Gesellschafter ohne Einfluß auf die Geschäftsführung inhaltlich fehlerhaft sind. Auch der Vertretungszusatz bei sämtlichen Gesellschaftern der GbR hat bei voller Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse keinen Sinn. Eine GbR kann zwar durch alle Gesellschafter vertreten werden; aber umgekehrt können nicht alle Gesellschafter durch eine aus ihnen gebildete GbR vertreten werden. Zumindest einem Gesellschafter muß die Vertretung der Gesellschaft obliegen. Ein außenstehender Dritter weiß jedoch nicht, daß es sich um die Gesellschafter der GbR handelt.
3. Entgegen der Ansicht des FA ist die fehlerhafte Bezeichnung der Inhaltsadressaten nicht entsprechend § 182 Abs. 3 AO 1977 heilbar. Dieser Vorschrift liegt kein allgemein gültiges Prinzip zugrunde, wonach sämtliche unrichtige Angaben zu den Feststellungsbeteiligten berichtigt werden können. Die Vorschrift sieht vielmehr nur für den Sonderfall der Rechtsnachfolge eine Berichtigungsmöglichkeit vor. Soweit der BFH im Urteil vom 21. Mai 1992 IV R 47/90 (BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865 unter 3. b) prüft, wie sich die unrichtige Bezeichnung eines Feststellungsbeteiligten auf die zutreffend bezeichneten übrigen Feststellungsbeteiligten auswirkt, geht es um die Frage, ob der Fehler zur Nichtigkeit des Feststellungsbescheides insgesamt führt. Auf die Nichtigkeit kommt es jedoch im Streitfall nicht an. Da die Bescheide angefochten sind, reicht es zur Aufhebung aus, daß sie rechtswidrig sind. Auch das Urteil des Senats vom 1. Juni 1994 II R 66/91 (BFH/NV 1995, 54) besagt nichts anderes. Dort wird ausgeführt, daß der Feststellungsbescheid mit unverändertem Inhalt denjenigen bekanntzugeben ist, denen gegenüber die Bekanntgabe bisher unterblieben ist. Das Urteil eröffnet damit nicht die Möglichkeit, mit der nachgeholten Bekanntgabe den Bescheid als solchen zu berichtigen. Ein unrichtiger Bescheid bleibt unrichtig und damit anfechtbar, wobei die Anfechtung bei Fehlern der vorliegenden Art zur Aufhebung des Bescheides führt.
B. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher ebenfalls zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zu Recht haben FA und FG die Gesellschafter F, C, D und E als solche mit Einfluß auf die Geschäftsführung der Klägerin angesehen.
1. Zur Schätzung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu erfolgen hat, hat die Finanzverwaltung mit dem sog. Stuttgarter Verfahren (Abschn. 77 ff. VStR 1983) ein von der Rechtsprechung als geeignete Schätzungsmethode anerkanntes Verfahren entwickelt (vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1985 II R 184/80, BFHE 144, 268, BStBl II 1985, 608). Bei der Regelbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren haben sich die Gesichtspunkte, die wegen des Beteiligungscharakters von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei einer Bewertung nach Börsenkursen gemäß § 11 Abs. 3 BewG zu einem Paketzuschlag führen würden, bereits ausgewirkt. Für die nach der Regelbewertung bewerteten Anteile ist als typisch unterstellt, daß sie Einfluß auf die Geschäftsführung vermitteln. Deshalb sehen Abschn. 80 Abs. 2, Abschn. 81 Abs. 1 Satz 3 und Abschn. 83 Abs. 1 Satz 6 VStR 1983 für Anteile, die keinen Einfluß auf die Geschäftsführung vermitteln, eine von der Regelbewertung abweichende Wertermittlung vor (so BFH-Urteil vom 28. März 1990 II R 108/85, BFHE 159, 568, BStBl II 1990, 493). Dabei wird unter "Geschäftsführung" einer GmbH die Mitwirkung des Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung (§ 48 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) verstanden. Maßgebend ist, ob der Anteilsbesitz eines Gesellschafters unter Berücksichtigung der Streuung der übrigen Anteile in der Gesellschafterversammlung eine Stimme von einigem Gewicht vermittelt (BFH in BFHE 159, 568, BStBl II 1990, 493).
Zur Beurteilung der Frage, welche Geschäftsanteile Einfluß auf die Geschäftsführung einer GmbH vermitteln, hat die Rechtsprechung Grundsätze aufgestellt. Danach vermitteln Anteile von mehr als 25 v.H. aufgrund ihrer absoluten Größe stets Einfluß auf die Geschäftsführung. Anteilen, mit denen keine Minderheitenrechte i.S. der §§ 50, 61, 66 GmbHG verbunden sind --also Anteilen von weniger als 10 v.H.--, fehlt regelmäßig ein derartiger Einfluß. Ist kein Gesellschafter vorhanden, dessen Geschäftsanteil mehr als 50 v.H. beträgt, hängt es von den Verhältnissen des Einzelfalles ab, ob Beteiligungen zwischen 10 v.H. und 25 v.H. Einfluß auf die Geschäftsführung vermitteln (vgl. BFHE 159, 568, BStBl II 1990, 493, m.w.N.).
2. Die Klägerin will nicht das Stuttgarter Verfahren durch ein anderes Schätzungsverfahren ersetzt wissen. Ihr geht es lediglich darum, im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens für die Beurteilung des Einflusses auf die Geschäftsführung ein bestimmtes mathematisches Verfahren, nämlich die von L.S. Shapley und M. Shubik entwickelte Formel zur Berechnung sog. Machtindizes solcher Personen(-Gruppen), die mit unterschiedlicher Stimmenzahl ausgestattete Mitglieder eines beschließenden Gremiums sind, anzuwenden.
a) Der Gebrauch dieser Formel löst jedoch das Auslegungsproblem, wann im Einzelfall ein Einfluß auf die Geschäftsführung gegeben ist, nicht, sondern verschiebt es lediglich. An die Stelle der Vomhundertsätze, in denen sich die Beteiligungsverhältnisse am Stammkapital ausdrücken, treten andere Meßziffern, die sogleich wieder die Frage aufwerfen, welche Meßziffer (Machtindex) einen Einfluß auf die Geschäftsführung ergeben soll und welche nicht. Die Klägerin löst das nur verschobene Problem einmal dadurch, daß sie auf die Rechtsprechung zurückgreift, wonach Anteile von über 25 v.H. des Stammkapitals stets Einfluß und Anteile unter 10 v.H. sowie bei Vorhandensein eines Mehrheitsgesellschafters Anteile zwischen 10 v.H. und 25 v.H. des Stammkapitals keinen Einfluß auf die Geschäftsführung haben. Zum anderen stellt sie den Grundsatz auf, daß Anteile zwischen 10 v.H. und 25 v.H. des Stammkapitals bei Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters nur dann einen Einfluß auf die Geschäftsführung vermitteln sollen, wenn der Machtindex den Vomhundertsatz, zu dem der jeweilige Gesellschafter am Stammkapital beteiligt ist, übersteigt. Zur Begründung dieses Grundsatzes aber gibt die Formel nichts her. Die Klägerin rechtfertigt sie mit dem empirisch gewonnenen Befund, wonach die Überprüfung dreier BFH-Urteile sowie eines FG-Urteils anhand der Formel ergebe, daß der Machtindex der Anteile zwischen 10 v.H. und 25 v.H. des Stammkapitals, denen in den Urteilen bei Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters Einfluß auf die Geschäftsführung beigemessen werde, den Vomhundertsatz der jeweiligen Beteiligung überschreite. Der Befund trägt jedoch die von der Klägerin vorgenommene Verallgemeinerung nicht.
b) So läßt sich der Entscheidung des BFH in BFHE 159, 568, BStBl II 1990, 493 entnehmen, daß bei einer aus vier, fünf oder zehn Gesellschaftern bestehenden GmbH, bei der sämtliche Gesellschafter zu 25 bzw. zu 20 oder 10 v.H. am Stammkapital beteiligt sind, jeder Geschäftsanteil Einfluß auf die Geschäftsführung vermittelt. Infolgedessen müßte der Grundsatz der Klägerin zumindest so erweitert werden, daß er auch diese Fälle, bei denen der Machtindex dem Vomhundertsatz der Beteiligung am Stammkapital gleicht, erfaßt. Doch auch mit dieser Korrektur vermag sich der Senat dem Grundsatz nicht anzuschließen. Er nimmt der Beurteilung des Einflusses auf die Geschäftsführung, den der einzelne Anteil vermittelt, den Charakter einer wertenden Entscheidung. Dieses wertende Element muß aber erhalten bleiben, um der Regelung des § 47 Abs. 1 und 2 GmbHG gerecht zu werden und unmittelbar an das Recht zur Stimmabgabe anzuknüpfen. Dies zeigt sich auch im Streitfall. Unter der Voraussetzung, daß die Machtindizes der vier Gesellschafter, deren Einfluß auf die Geschäftsführung streitig ist, von der Klägerin zutreffend errechnet worden sind, bleiben sie zwar hinter den Beteiligungsquoten zurück, dennoch sind die Stimmen jedes dieser Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung bei wertender Betrachtung von einigem Gewicht.
Dies ergibt sich daraus, daß anderenfalls nur den Stimmen der GbR in der Gesellschafterversammlung Einfluß zukäme, obwohl die GbR nur zu 33,99 v.H. am Stammkapital beteiligt ist und sich ohne die Stimmen weiterer Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung nicht durchsetzen könnte. Zwar kann ein Anteilsbesitz von 33,99 v.H. im Einzelfall tatsächlich der einzige sein, der Einfluß auf die Geschäftsführung vermittelt; dazu müßten aber alle anderen Gesellschafter Geschäftsanteile von weniger als 10 v.H. des Stammkapitals innehaben (vgl. BFH-Urteil vom 6. Oktober 1978 III R 95/76, BFHE 126, 66, BStBl II 1979, 6, 8). Bei Beteiligungsverhältnissen, wie sie im Streitfall bestehen, scheidet dies jedoch aus.
c) Die vier Gesellschafter der Klägerin mit Anteilen zwischen 10 v.H. und 25 v.H. genießen nicht nur den Minderheitenschutz der §§ 50, 61 und 66 GmbHG, sondern sind auch fähig, zusammen --ggf. gegen die GbR-- eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung zu bilden. Auf der anderen Seite können jeweils zwei von ihnen zusammen der GbR zur Mehrheit verhelfen. Darüber hinaus verstärkt jeder von ihnen bei einem Zusammengehen mit der GbR deren Stimmenanteil so, daß bereits die Stimmen eines oder zweier weiterer Gesellschafter zur Mehrheit verhelfen. Die vier Gesellschafter können somit unterschiedliche Mehrheiten bilden, ohne jeweils mehr als vier der 17 Anteilsinhaber unter einen Hut bringen zu müssen. Unter diesen Umständen kann ihren Beteiligungen nicht abgesprochen werden, Einfluß auf die Geschäftsführung der Klägerin zu vermitteln.
Ende der Entscheidung
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