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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 30.06.1999
Aktenzeichen: II R 40/96
Rechtsgebiete: BewG, EStG, AO 1977


Vorschriften:

BewG § 104 Abs. 1
BewG § 104 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 i.d.F. Art. 2 StEntlG v. 16. August 1980
EStG § 6a Abs. 1
EStG § 6a Abs. 1 Nr. 2
AO 1977 § 182 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG (B-AG), schloß im Dezember 1982 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung zur Neuordnung der Altersversorgung ihrer Arbeitnehmer, die u.a. folgende Regelungen enthielt:

"§ 1 Abs. 1 - Gewährt werden: Altersrenten, vorgezogene Altersrenten, Invalidenrenten, Witwenrenten, Witwerrenten, Waisenrenten und einmalige Unterstützungen in Notfällen.

§ 1 Abs. 2 - Die Versorgungsleistungen werden nach Maßgabe des § 15 von der Firma finanziert und vom Versorgungs-Unterstützungsverein der B-AG, e.V. (U-Verein) erbracht ...

§ 15 - Finanzierung

A Unmittelbare Pensionsverpflichtung der Firma:

1. Die Firma räumt auf folgende Rentenleistungen einen unmittelbaren Rechtsanspruch ein:

- Invalidenrente, soweit sie auf die Zeit bis zur Altersgrenze (63 Männer/60 Frauen) entfallen, - lebenslange Witwen- und Witwerrente sowie Waisenrenten bei Aktiventod, - lebenslange Witwen- und Witwerrenten sowie Waisenrenten bei Tod als Invalidenrentner in der Zeit bis zur Altersgrenze.

2. Die im vorstehenden Absatz 1. eingegangenen Pensionsverpflichtungen der Firma werden jedoch nach Eintritt des Versorgungsfalles aufgehoben und auf den U-Verein übertragen.

B Der U-Verein gewährt:

1. - Altersrenten, - Witwen-, Witwer- und Waisenrenten, soweit sie durch den Tod eines Empfängers von Altersrenten ausgelöst worden.

2. - Nach Maßgabe von § 15 A Abs. 2 nach Eintritt des Versorgungsfalles die jeweiligen Invaliden- bzw. Witwen-, Witwer- und Waisenrenten bei Aktiventod und Tod als Invalidenrentner sowie

3. - einmalige Unterstützungen in besonderen Notfällen gem. § 18.

4. - Die Zahlung der Renten erfolgt nach Maßgabe der vorhandenen Mittel des Vereins. Jeder Leistungsempfänger hat bei Beginn der Zahlungen folgende schriftliche Erklärung abzugeben:

"Es ist mir bekannt, daß alle Leistungen aus der Unterstützungskasse für die Betriebsangehörigen der Firma B-AG freiwillig gewährt werden. Auch durch wiederholte und regelmäßig laufende Leistungen entsteht weder ein Anspruch gegen den Verein noch gegen die Firma. Mit dieser Regelung bin ich einverstanden."

Die Unterstützungskasse hatte lt. Satzung ausschließlich den Zweck, (ehemalige) Betriebsangehörige der Klägerin und deren Mitglieder im Alter und im Notfall zu unterstützen. Ihre Einkünfte bestanden lt. § 8 der Satzung aus Erträgen aus Vereinsvermögen sowie freiwilligen Zuwendungen der Klägerin und Dritter. Sie erwarb keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Zuwendungen der Klägerin. Nach § 11 der Satzung hatten die Leistungsempfänger keinen Rechtsanspruch auf Leistungen irgendwelcher Art und Höhe. Alle Zahlungen sollen freiwillig mit der Möglichkeit des Widerrufs erfolgen.

Die Klägerin bildete für die unter § 15 A Abs. 1 der Vereinbarung genannten Ansprüche Pensionsrückstellungen, die sie nach eigenen Angaben nach der Übertragung der Pensionsverpflichtung jeweils auflöste. In derselben Höhe zog sie die Pensionsverpflichtungen bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens als Schulden ab.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte weder die Rückstellungen noch den Schuldenabzug an, weil eine Inanspruchnahme der Klägerin aufgrund des § 15 A Abs. 2 der Vereinbarung ausgeschlossen sei. Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 696 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 104 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG). § 15 A Abs. 2 der Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat bewirke keinen dinglichen Übergang der Pensionsverpflichtung auf die Unterstützungskasse, sondern bringe lediglich die Absicht zum Ausdruck, eine derartige Übertragung nach Eintritt des Versorgungsfalls vorzunehmen. Eine sofortige Übertragung mit dinglicher Wirkung wäre unzulässig gewesen, da sie die Genehmigung des einzelnen betroffenen Pensionsberechtigten erfordert hätte. Insoweit habe der Betriebsrat den einzelnen Arbeitnehmer nicht vertreten können.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Bescheide über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 bis 1988 vom 28. November 1990, die Einheitswerte unter Berücksichtigung der Pensionsverpflichtungen anderweitig festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin war berechtigt, die Pensionsverpflichtungen abzuziehen.

Gemäß § 104 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BewG i.d.F. des Art. 2 des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) vom 16. August 1980 (BGBl I, 1381, BStBl I 1980, 534) darf eine Pensionsverpflichtung nur abgezogen werden, wenn

- der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat,

- die Pensionszusage abgesehen von vorliegend unbeachtlichen Ausnahmen keinen Vorbehalt enthält, daß die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann und

- die Pensionszusage schriftlich erteilt ist.

Die Abzugsvoraussetzungen entsprechen damit denen des § 6a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des § 19 Nr. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I, 3610, BStBl II 1975, 22). Beide Vorschriften stimmen im Wortlaut überein. Daraus wird abgeleitet, daß eine für die Ertragsteuern bereits getroffene Entscheidung über die Abziehbarkeit einer Pensionsverpflichtung ohne weiteres für das Bewertungsrecht übernommen werden könne (Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 104 BewG Anm. 44; Rössler/ Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 15. Aufl., 1989, § 104 BewG Anm. 3). Dies trifft jedoch nur unter der Voraussetzung zu, daß die für Ertragsteuerzwecke getroffene Entscheidung sachlich richtig ist, da eine Bindung gemäß § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) im Verhältnis zum Bewertungsrecht zumindest für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 nicht besteht.

Mit Urteil vom 19. August 1998 I R 92/95 hat der I. Senat bezüglich der streitigen Pensionsverpflichtungen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 EStG für ertragsteuerliche Zwecke bejaht. Dabei hat er in der Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat vom Dezember 1982 die erforderliche schriftliche Erteilung der Pensionszusagen und in § 15 A Nr. 1 der Vereinbarung das Einräumen eines Rechtsanspruchs auf laufende Pensionsleistungen unmittelbar gegen die Klägerin als Trägerunternehmen gesehen. Er hat sodann die Regelung in § 15 A Nr. 2 i.V.m. B Nr. 2 und 4 der Vereinbarung daraufhin geprüft, ob sie der Annahme eines unmittelbaren Rechtsanspruchs gegen die Klägerin entgegensteht und/oder einen steuerschädlichen Vorbehalt i.S. des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt. Beides ist mit der Begründung verneint worden, die Regelung ändere an der Unmittelbarkeit des Rechtsanspruchs aus § 15 A Nr. 1 der Vereinbarung gegen die Klägerin während der Phase der Anwartschaft nichts. Zudem solle die Übertragung der Pensionsverpflichtung auf die Unterstützungskasse erst nach Eintritt des Versorgungsfalles erfolgen. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung liege nur dann ein schädlicher Vorbehalt vor, wenn die Übertragung der Pensionsverpflichtung vor oder bei Eintritt des Versorgungsfalles stattfinde (Abschn. 41 Abs. 3 Satz 7 und 8 der Einkommensteuer-Richtlinien 1996). Die fortwirkende Verpflichtung der Klägerin, durch zweckgebundene Leistungen an die Unterstützungskasse die Pensionszahlungen sicherzustellen, führe dazu, daß sich der Rentenberechtigte durch die Übertragung der Rentenverpflichtung auf die Unterstützungskasse nicht schlechter stehe als bei unmittelbarer Versorgungsleistung durch die Klägerin (vgl. auch Höfer in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 6 EStG Anm. 40, und Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6a EStG Anm. 185). Dem schließt sich der erkennende Senat im hier zu entscheidenden Fall für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens an.



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