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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.05.2001
Aktenzeichen: II R 54/99
Rechtsgebiete: BGB, FGO, GrEStG 1983, AO 1977


Vorschriften:

BGB § 873
BGB § 925
FGO § 76
GrEStG 1983 § 14 Nr. 1
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 5
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 7
AO 1977 § 367 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 367 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Frühere Eigentümerin eines in X gelegenen Grundstücks war die am 12. Mai 1987 verstorbene Z, deren Erben 1992 beantragt hatten, das in Volkseigentum übergegangene Grundstück gemäß § 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz --VermG--) zurückzuübertragen.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 22. Juli 1992 traten die Erben ihren Anspruch nach dem Vermögensgesetz auf Rückübertragung an die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ab. Durch Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt X vom 11. Januar 1994 wurde das Eigentum an dem betreffenden Grundstück auf die Klägerin übertragen.

Durch Bescheid vom 18. November 1994 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gegen die Klägerin wegen des Erwerbs "durch Vertrag vom 22.07.1992" Grunderwerbsteuer in Höhe von 20 000 DM fest. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) der Grunderwerbsteuer unterliege.

Der Einspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, die Abtretung des Rückübertragungsanspruchs unterliege nicht der Grunderwerbsteuer, blieb ohne Erfolg.

Die anschließende Klage der Klägerin führte zur Aufhebung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides und der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) führt in seinem Urteil aus, es fehle an der Steuerbarkeit des im Steuerbescheid zur Besteuerung herangezogenen Sachverhaltes. Die Abtretung eines Anspruchs nach dem Vermögensgesetz auf Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück unterliege nicht der Grunderwerbsteuer. Da der Steuerbescheid nur den Erwerb mit Vertrag vom 22. Juli 1992 betreffe, dürfe nur dieser Sachverhalt der steuerlichen Prüfung unterzogen werden. Soweit das FA in seiner Einspruchsentscheidung seiner Prüfung auch den Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin aufgrund des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen zugrunde gelegt habe, habe es den Sachverhalt unzulässig erweitert.

Mit seiner (vom FG zugelassenen) Revision rügt das FA Verletzung von § 348 Abs. 1, § 367 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Abgabenordnung (AO 1977), § 44 Abs. 2, § 100 Abs. 1 Satz 1, § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie § 1 Abs. 1 Nr. 3 und § 14 Nr. 1 GrEStG 1983. Für das FA habe sich der der Besteuerung zugrunde liegende Lebenssachverhalt von Anfang an nicht nur auf den Vertrag vom 22. Juli 1992, sondern stets auch auf das Vorliegen eines bestandskräftigen, positiven Rückübertragungsbescheides erstreckt. Das FG habe deshalb verkannt, dass der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 der Steuer unterliege.

Das FA beantragt, das Urteil des Sächsischen FG vom 25. Mai 1999 3 K 10/98 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Revisionsantrag gestellt.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass das FA mit dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid den Erwerb des Restitutionsanspruchs, nicht jedoch den Eigentumserwerb der Klägerin kraft behördlichen Ausspruchs besteuert hat. Es hat darüber hinaus rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Abtretung eines Anspruchs nach dem Vermögensgesetz auf Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt.

a) Nach dem Inhalt des Grunderwerbsteuerbescheides vom 18. November 1994 hat das FA Grunderwerbsteuer (nur) wegen des Erwerbs des Restitutionsanspruchs durch die Klägerin festgesetzt.

Schriftliche Steuerbescheide müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Danach muss der Regelungsinhalt aus dem Verwaltungsakt eindeutig entnommen werden können. Hierzu gehört auch, dass angeführt wird, welcher Sachverhalt besteuert wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. September 1995 II R 80/92, BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903, und vom 22. November 1995 II R 26/92, BFHE 179, 177, BStBl II 1996, 162). Dabei kann der gesamte Inhalt des Verwaltungsaktes, einschließlich seiner Begründung, zur Auslegung herangezogen werden.

Dem im Streitfall angefochtenen Bescheid lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass die "durch Vertrag vom 22.07.1992" seitens der Klägerin erworbene Rechtsposition der Grunderwerbsteuer unterworfen werden sollte. Gegenstand dieses Vertrages und damit des von dem Bescheid erfassten Erwerbs der Klägerin war die Abtretung eines Anspruchs nach dem Vermögensgesetz auf Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück. Dass dieser Vertrag die Voraussetzung dafür geschaffen hat, dass die Klägerin etwa 18 Monate später kraft öffentlich-rechtlichem Hoheitsakt (Rückübertragungsbescheid) auch das Eigentum an dem Grundstück erlangte, rechtfertigt keine Auslegung des Bescheides in dem Sinne, dass dieser den nachfolgenden Eigentumserwerb erfassen sollte. Gegenstand des Erwerbs der Klägerin war der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Zuteilung von (Grundstücks-)Eigentum durch Verwaltungsakt.

Dass durch den Bescheid vom 18. November 1994 (nur) der Erwerb des Restitutionsanspruchs erfasst werden sollte, ergibt sich auch aus der Begründung des Bescheides. Danach sollte der von dem Bescheid erfasste Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG 1983, also wegen des Erwerbs eines Anspruchs auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs, der Grunderwerbsteuer unterliegen. Diese Beurteilung entspricht im Übrigen auch der früheren durch das BFH-Urteil vom 10. Dezember 1997 II R 27/97 (BFHE 185, 63, BStBl II 1998, 159) verworfenen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Dafür, dass das FA den nachfolgenden, nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegenden Übergang des Eigentums durch öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt der Besteuerung unterwerfen wollte, gibt es im Bescheid keinen objektiven Anhaltspunkt.

b) Der Erwerb des Restitutionsanspruchs seitens der Klägerin unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer. Wie der BFH in seiner Entscheidung in BFHE 185, 63, BStBl II 1998, 159 ausgeführt hat, wird die Abtretung eines öffentlich-rechtlichen Rückübertragungsanspruchs von § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bzw. 7 GrEStG 1983 nicht erfasst. Denn nach diesen Vorschriften unterliegt nur die Abtretung rechtsgeschäftlich begründeter Ansprüche, gerichtet auf rechtsgeschäftliche Übertragung des Grundeigentums nach §§ 873, 925 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Grunderwerbsteuer.

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