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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.06.2003
Aktenzeichen: II R 55/00
Rechtsgebiete: GrEStG 1983, AO 1977, FGO
Vorschriften:
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrEStG 1983 § 1 Abs. 2a | |
AO 1977 § 42 | |
FGO § 118 Abs. 2 |
Gründe:
I. Gesellschafter der X-GbR waren die Geschwister A, B, C und D. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 30. Januar 1996 übertrugen die vier Gesellschafter ihre sämtlichen Anteile an der GbR für eine Gegenleistung von ... DM auf zwei neue Gesellschafter.
Gesellschaftszweck der GbR blieb unverändert die Verwaltung eigenen umfangreichen Grundbesitzes. Dazu unterhielt die Gesellschaft einen eigenen Bürobetrieb. Zu ihrer Betriebsausstattung gehörten Büroräume, Büroeinrichtungen, Wäscherei, Fuhrpark, Rasenmäher, Traktor, Kehrmaschinen und sonstige Gerätschaften sowie ein Heizkraftwerk. Durch die Wäscherei und das Heizkraftwerk wurden auch Leistungen an Dritte erbracht. Die Gesellschaft beschäftigte ca. zehn Arbeitnehmer. Sie erzielte einen Jahresumsatz in Höhe von ca. ... Mio. DM. Ihre Grundstücke umfassten einen Grundbesitz von ca. ... qm.
Mit Bescheid vom 5. August 1996 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gegen die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Rechtsnachfolgerin der X-GbR, Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM fest. Zur Berechnung der Grunderwerbsteuer hatte das FA die Gesamtgegenleistung in Höhe von ... DM im Verhältnis der geschätzten gemeinen Werte der Grundstücke zu dem sonstigen Aktivvermögen aufgeteilt. Danach ging das FA von einer Gegenleistung für die Grundstücke in Höhe von ... DM aus. Das FA stützte den Bescheid auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1983 (GrEStG 1983) i.V.m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977).
Mit der Klage machte die Klägerin geltend, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 nicht erfüllt sei. Es fehle an einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung, da durch den Gesellschafterwechsel eine organisatorische Einheit in Form eines Wohnungsunternehmens übergegangen sei. Damit seien auch sämtliche Beschäftigungsverhältnisse übernommen worden. Es sei der Gesamtbetrieb mit allen Rechten und Pflichten, z.B. Eigentumsrechten an Maschinen, Büro- und Organisationsmitteln, sowie Schulden erworben worden. Die Anteilsübertragung sei ferner dadurch motiviert gewesen, dass die privatrechtliche Ausübung des Vorkaufsrechts durch ein anderes Wohnungsunternehmen hinsichtlich einzelner Grundstücke habe vermieden werden sollen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 sei nicht erfüllt. Die Klägerin sei zwar überwiegend, aber nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig; sie betreibe noch ein Heizkraftwerk und eine Wäscherei, die auch Leistungen an Dritte erbringen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an eine grundbesitzende Personengesellschaft zu stellen sind, bei der ein vollständiger Wechsel im Gesellschafterbestand gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 Grunderwerbsteuer auslösen kann.
1. Für die Zeit vor Einfügung des § 1 Abs. 2a GrEStG 1983 durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Übertragung sämtlicher Anteile an einer nur grundbesitzhaltenden Personengesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 der Grunderwerbsteuer unterliegen kann (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 1980 II R 23/77, BFHE 130, 422, BStBl II 1980, 598; vom 31. Juli 1991 II R 17/88, BFHE 165, 297, BStBl II 1991, 891, sowie vom 6. März 1996 II R 38/93, BFHE 179, 443, BStBl II 1996, 377). Die Frage einer Steuerumgehung stellt sich jedoch in diesen Fällen eines vollständigen Wechsels im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft nur dann, wenn sich deren Gesellschaftszweck im Wesentlichen in der Verwaltung von Grundbesitz erschöpft. Trennen sich die bisherigen Gesellschafter in solchen Fällen von der Gesellschaft, bedeutet dies vor allem oder ausschließlich die Trennung vom Grundbesitz. Diese Auffassung hat insbesondere dann zu gelten, wenn eine Personengesellschaft zwecks Verwaltung eines Einfamilienhauses oder eines Mietwohngrundstücks gegründet worden ist (so BFH in BFHE 130, 422, BStBl II 1980, 598, unter 2. b). Nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, geht die von der Klägerin unterhaltene Organisation nach Größe und Betätigung jedoch über das hinaus, was nach der o.a. Rechtsprechung zu vernachlässigen ist.
2. Das FG hat ausgeführt, das Unternehmen der Klägerin sei eine nach außen hin sichtbare umfangreiche Organisationseinheit, die erkennbar unter Beibehaltung ihres Namens den Gesellschafterwechsel habe überdauern sollen. Bedingt durch seine Größe erfordere das Unternehmen der Klägerin einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb und sei daher nicht vergleichbar mit Gesellschaften, die einige wenige Grundstücke verwalten. Ausschlaggebend sei, dass dieses Unternehmen, das zwar überwiegend, aber nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig sei, daneben noch ein Heizkraftwerk und eine Wäscherei betreibe, die auch Leistungen an Dritte erbrächten. Damit unterhalte die Klägerin einen berufsmäßigen Geschäftsbetrieb.
Soweit die Ausführungen des FG reine Tatsachenfeststellungen enthalten, wird mit der Revision nicht gerügt, der Sachverhalt sei falsch oder unvollständig ermittelt worden. Soweit die wiedergegebenen Ausführungen Schlussfolgerungen tatsächlicher Art enthalten, sind sie nicht durch Denkfehler oder durch eine Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst. Sie binden daher das Revisionsgericht auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich sind (vgl. Urteile des BFH vom 1. April 1971 IV R 195/69, BFHE 102, 85, BStBl II 1971, 522, sowie vom 27. Januar 2000 IV R 33/99, BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227, unter 5.).
Ende der Entscheidung
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