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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: II R 56/04
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Soweit bei einer Verteilung des in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG vorgesehenen Freibetrags "zu gleichen Teilen" die den Erwerbern zustehenden Anteile am Freibetrag jeweils nicht höher sind als die Steuerwerte der auf sie übergegangenen Anteile an dem nach § 13a Abs. 4 ErbStG begünstigten Vermögen, ist dieser Verteilungsmaßstab auch dann allein maßgebend, wenn sich der Freibetragsanteil im Ergebnis nicht auf die Besteuerung einzelner Erwerber auswirkt.
Gründe:

I.

Der im Dezember 1999 verstorbene Vater (V) der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde von seiner Ehefrau (E) als alleinige Vorerbin beerbt. Die Beteiligung des V an einer inländischen GmbH sowie ihm zustehende Darlehensforderungen gingen im Vermächtniswege zu unterschiedlichen Anteilen auf die Kläger, deren vier Geschwister und E über. V, ein deutscher Staatsangehöriger, hatte beim Eintritt des Erbfalls seinen Wohnsitz in der Schweiz. Von den Vermächtnisnehmern hatten seinerzeit nur die beiden Kläger einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte bei der Erbschaftsteuerfestsetzung gegen die Kläger jeweils ein Siebtel des in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der seinerzeit geltenden Fassung vorgesehenen Freibetrags von 500 000 DM, also jeweils 71 429 DM. Das FA nahm dabei an, dass der Freibetrag wegen Fehlens einer von V schriftlich verfügten Aufteilung den sieben Vermächtnisnehmern nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 3 ErbStG zu gleichen Teilen ungeachtet des Umstands zustehe, dass nach seiner mit der Ansicht der Kläger übereinstimmenden Auffassung die übrigen Vermächtnisnehmer mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern (BGBl II 1980, 595, Zustimmungsgesetz vom 16. April 1980, BGBl II 1980, 594) nicht der inländischen Besteuerung unterliegen. Der Einspruch, mit dem die Kläger den Ansatz eines Freibetrags von je 250 000 DM begehrten, blieb erfolglos.

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ergingen die geänderten Erbschaftsteuerbescheide vom 4. und 5. März 2003, mit denen das FA gegen die Kläger aufgrund eines Erwerbs von je 4 610 900 DM (davon Wert der GmbH-Anteile: 2 261 000 DM) Erbschaftsteuer in Höhe von je 620 084 DM = 317 043,91 € festsetzte, sowie die Bescheide vom 13. März 2003, mit denen es den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Diese Änderungsbescheide wurden nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens. Die Kläger widersprachen in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) dem Vorschlag, die angefochtenen Bescheide wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig zu erklären.

Das FG wies die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1545 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, das FA habe den Freibetrag wegen Fehlens einer von V verfügten Aufteilung zu Recht allen Vermächtnisnehmern zu gleichen Anteilen zugeordnet, ohne dass es auf die fehlende inländische Steuerpflicht der übrigen fünf Vermächtnisnehmer ankomme. Die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Erklärung der E über eine Zuweisung des Freibetrags allein an die Kläger sei unbeachtlich.

Die Kläger halten mit der Revision an ihrem Begehren fest und verweisen zur Begründung insbesondere auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Dezember 2004 II R 75/01 (BFHE 208, 42, BStBl II 2005, 295).

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Erbschaftsteuerbescheide vom 4. und 5. März 2003 bei der Steuerfestsetzung jeweils einen Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 250 000 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). FA und FG haben zu Recht angenommen, dass bei der Verteilung des Freibetrags nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 3 (2. Alternative) ErbStG "zu gleichen Teilen" auch die mit dem Erwerb von Anteilen an der GmbH im Inland nicht steuerpflichtigen Vermächtnisnehmer zu berücksichtigen sind. Der Freibetrag steht den Klägern daher je zu einem Siebtel zu.

1. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG bleibt beim Erwerb von Todes wegen der Erwerb von Vermögen i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG insgesamt bis zu einem Wert von 500 000 DM außer Ansatz. Beim Erwerb durch mehrere Erwerber ist für jeden Erwerber ein Teilbetrag von 500 000 DM entsprechend einer vom Erblasser schriftlich verfügten Aufteilung des Freibetrags maßgebend. Hat der Erblasser keine Aufteilung verfügt, steht der Freibetrag, wenn nur Erben Vermögen i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG erwerben, jedem Erben entsprechend seinem Erbteil und sonst den Erwerbern zu gleichen Teilen zu. Die Aufteilungserklärung kann vom Erben des Erblassers nicht nachgeholt werden (BFH-Urteil in BFHE 208, 42, BStBl II 2005, 295).

Führt die nach Maßgabe des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 3 (2. Alternative) ErbStG erfolgende Verteilung des Freibetrags "nach Köpfen" dazu, dass der danach einzelnen Erwerbern zustehende Freibetrag höher ist als der Steuerwert des von ihnen jeweils erworbenen Anteils an dem nach § 13a Abs. 4 ErbStG begünstigten Vermögen, sind zwar die noch unverbrauchten restlichen Freibeträge in einem (oder weiteren) Rechenschritt(en) auf den oder die Erwerber begünstigten Vermögens zu verteilen, die nach der ersten Aufteilung noch Teile ihres Betriebsvermögens zu versteuern hätten (BFH-Urteil in BFHE 208, 42, BStBl II 2005, 295). Bei der Verteilung des Freibetrags "zu gleichen Teilen" kann aber nicht berücksichtigt werden, ob und ggf. in welcher Höhe sich der den einzelnen Erwerbern zustehende anteilige Freibetrag, der den Steuerwert des jeweils auf sie übergegangenen Anteils an dem begünstigten Vermögen nicht übersteigt, bei der Besteuerung im Ergebnis auswirkt oder ob dies nicht der Fall ist, etwa weil ihr Erwerb auch ohne Berücksichtigung des Anteils am Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG die allgemeinen Freibeträge (§§ 16 und 17 ErbStG) nicht übersteigt oder sie mit dem Erwerb nicht der inländischen Besteuerung unterliegen. In solchen Fällen kann von der im Gesetzeswortlaut vorgesehenen Verteilung des Freibetrags "zu gleichen Teilen" schon wegen des eindeutigen Wortlauts des § 13a Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 3 (2. Alternative) ErbStG nicht abgewichen werden. Die hiernach den "Erwerbern" zugewiesene Freibetragsberechtigung knüpft ausschließlich an den zivilrechtlichen Erwerb --und nicht auch zusätzlich an den sich aus dem Freibetrag ergebenden erbschaftsteuerlichen Entlastungseffekt-- an. Mangels Regelungslücke im Gesetz ist demgemäß auch unter Berücksichtigung des von § 13a ErbStG verfolgten Begünstigungszwecks für eine Korrektur der Verteilungsregelung "zu gleichen Teilen" kein Raum.

2. Den Klägern steht danach jeweils nur ein Siebtel des Freibetrags von 500 000 DM zu. Dass die übrigen Vermächtnisnehmer mit dem Erwerb von Anteilen an der GmbH nicht der inländischen Steuerpflicht unterliegen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Steuerwert der auf die anderen Vermächtnisnehmer übergegangenen GmbH-Anteile ist jeweils höher als ein Siebtel des Freibetrags von 500 000 DM. Die Aufteilungserklärung der E ist unwirksam.

Ende der Entscheidung

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