Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.12.1998
Aktenzeichen: II R 60/96
Rechtsgebiete: BewG i.d.F. des StÄndG 1992, EStG, HGB


Vorschriften:

BewG i.d.F. des StÄndG 1992 § 95 Abs. 1
BewG i.d.F. des StÄndG 1992 § 109 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1
HGB § 266 Abs. 2
HGB § 268
HGB § 278
BUNDESFINANZHOF

Ab 1. Januar 1993 ist ein in der Steuerbilanz einer GmbH auszuweisender Körperschaftsteuererstattungsanspruch auch dann in der Vermögensaufstellung anzusetzen, wenn er auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruht.

BewG i.d.F. des StÄndG 1992 § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 EStG § 5 Abs. 1 HGB § 266 Abs. 2, § 268, § 278

Urteil vom 16. Dezember 1998 - II R 60/96 -

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1996, 1082)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Am 10. August 1993 wurde der Jahresabschluß 1992 festgestellt und der Beschluß gefaßt, aus dem Bilanzgewinn 1992 einen Betrag in Höhe von 448 010 DM auszuschütten. In der (Handels-)Bilanz zum 31. Dezember 1992 aktivierte die Klägerin einen Körperschaftsteuererstattungsanspruch in Höhe von 23 640 DM, der sich unter Berücksichtigung der ausschüttungsbedingten Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 98 004 DM aus der Verrechnung der Körperschaftsteuer 1992 mit den geleisteten Vorauszahlungen ergab.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1993 mit Bescheid vom 8. April 1994 unter Einbeziehung des Körperschaftsteuererstattungsanspruchs auf 514 000 DM fest.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, die Berücksichtigung des Körperschaftsteuererstattungsanspruchs aufgrund der nach dem 1. Januar 1993 beschlossenen Gewinnausschüttung verstoße gegen das Stichtagsprinzip, blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 1082 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einheitswertbescheid vom 8. April 1994 sowie die Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1994 dahin zu ändern, daß der Einheitswert auf den 1. Januar 1993 auf 416 000 DM festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat zutreffend entschieden, daß bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1993 ein Körperschaftsteuererstattungsanspruch in Höhe von 23 640 DM anzusetzen ist.

1. Nach § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der am Stichtag 1. Januar 1993 maßgebenden Fassung des Art. 13 des Steueränderungsgesetzes 1992 (StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) sind die zu einem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter --mit Ausnahme der Betriebsgrundstücke und der Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften-- bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn --wie die Klägerin-- nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln, "mit den Steuerbilanzwerten anzusetzen". Der im Interesse der Steuervereinfachung und der Entlastung des Betriebsvermögens von ertragsunabhängigen Steuern angeordnete Ansatz der Steuerbilanzwerte dem Grunde und der Höhe nach macht eine eigenständige Ermittlung des Werts der Wirtschaftsgüter für Zwecke der Vermögensaufstellung entbehrlich (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 72). Für den Streitfall kommt es deshalb entscheidend darauf an, ob der Körperschaftsteuererstattungsanspruch in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1992 anzusetzen war; dieser Ansatz wiederum richtet sich gemäß § 5 Abs. 1 EStG nach dem Ansatz in der Handelsbilanz (sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz).

Die Klägerin hat in ihrer am 10. August 1993 für handelsrechtliche und steuerrechtliche Zwecke erstellten (Einheits-)Bilanz einen Körperschaftsteuererstattungsanspruch in Höhe von 23 640 DM aktiviert. Dies steht im Einklang mit § 266 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind "sonstige Vermögensgegenstände", zu denen u.a. Steuererstattungsansprüche gehören, auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen (s. Clemm/Schulz/Bail in BeckŽscher Bilanz-Kommentar, 3. Aufl., § 247 HGB Anm. 124).

Den Körperschaftsteuererstattungsanspruch hat die Klägerin zutreffend dadurch ermittelt, daß sie von der Körperschaftsteuer, die sich infolge der am 10. August 1993 beschlossenen Gewinnausschüttung nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gemindert hatte, die geleisteten Vorauszahlungen abzog. Handelsrechtlich folgt aus § 278 HGB, daß die Steuern vom Einkommen und Ertrag grundsätzlich auf der Grundlage des Beschlusses über die Verwendung des Ergebnisses zu berechnen sind.

2. Der hiernach auf das Ende des Wirtschaftsjahres 1992 berechnete Körperschaftsteuererstattungsanspruch, der sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz anzusetzen ist (s. Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, vor § 27 KStG Anm. 67), ist gemäß § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 BewG ungeachtet dessen in die Vermögensaufstellung zu übernehmen, daß der Gewinnverwendungsbeschluß mit der Folge der Körperschaftsteuerminderung erst nach dem Bewertungsstichtag gefaßt wurde. Denn durch § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 BewG wird das Stichtagsprinzip insofern eingeschränkt, als die Steuerbilanzwerte dem Grunde und der Höhe nach unabhängig davon anzusetzen sind, ob die einzelnen Wirtschaftsgüter bei strenger Beachtung des Stichtagsprinzips anzusetzen wären.

Dem steht auch nicht die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entgegen, wonach eine Minderung der Körperschaftsteuerschuld aufgrund eines nach dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt gefaßten Ausschüttungsbeschlusses nicht zu berücksichtigen war (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 1994 II R 124/91, BFHE 176, 35, BStBl II 1995, 45; vom 19. Juli 1994 II R 74/90, BFHE 175, 302, BStBl II 1994, 946; vom 23. April 1992 II R 40/88, BFHE 168, 365, BStBl II 1992, 790; vom 24. April 1985 II R 231/84, BFHE 143, 375, BStBl II 1985, 361). Denn diese Rechtsprechung beruht auf dem BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des StÄndG 1992, das in § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 für den Bestand und die Bewertung der in die Vermögensaufstellung aufnehmenden Wirtschaftsgüter auf die für die Steuerbilanz maßgebenden Vorschriften verweist. Dies hat bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens entgegen der Auffassung der Klägerin Vorrang vor dem bewertungsrechtlichen Stichtagsprinzip. Ab 1. Januar 1993 ist deshalb ein in der Steuerbilanz einer GmbH gemäß § 278 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG auszuweisender Körperschaftsteuererstattungsanspruch auch dann in der Vermögensaufstellung anzusetzen, wenn er auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruht.

3. Auch soweit die Klägerin unter Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 168, 365, BStBl II 1992, 790 geltend macht, es sei widersprüchlich, die erst nach dem Stichtag entstehende Gewinnausschüttungsverpflichtung nicht vermögensmindernd abzuziehen, jedoch die nur durch die Gewinnausschüttung verursachte Körperschaftsteuerminderung schon zum Bilanzstichtag werterhöhend zu berücksichtigen, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn dieses Ergebnis entspricht der Wertung des Gesetzgebers. Die Vorschrift des § 268 HGB führt nicht dazu, daß eine GmbH die Gewinnausschüttungsverpflichtung in der Steuerbilanz ansetzen darf; Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bezüglich der Verwendung des Jahresergebnisses nach Feststellung der Bilanz sind bei der Bilanzaufstellung nicht zu berücksichtigen und führen nicht zu einer Passivierung in der Schlußbilanz des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs (vgl. Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., vor § 27 KStG Anm. 67 b; Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Bd. I a, 4. Aufl., § 268 HGB Anm. 8 f.). Dies bedeutet, daß gemäß § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 BewG auch in der Vermögensaufstellung eine Verpflichtung der Klägerin zur Gewinnausschüttung zutreffend nicht als Schuldposten angesetzt worden ist.

Ende der Entscheidung

Zurück